Sitzung vom 17. November 2016

Erlassvorentwurf zur Abänderung verschiedener dienst- und besoldungsrechtlicher Bestimmungen betreffend das Personal des Ministeriums und der paragemeinschaftlichen Einrichtungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft

1. Beschlussfassung :

Die Regierung verabschiedet in zweiter Lesung den Erlassvorentwurf zur Abänderung verschiedener dienst- und besoldungsrechtlicher Bestimmungen betreffend das Personal des Ministeriums und der paragemeinschaftlichen Einrichtungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 § 1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in 30-Tage-Frist zu beantragen.

Der Ministerpräsident wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen :

Der Erlassvorentwurf sieht sowohl neue Bestimmungen zur Laufbahn und Besoldung der Beamten als auch zur Rechtsposition der Vertragsbediensteten vor. Neben einigen technischen Anpassungen werden auch Änderungen in den Bereichen Urlaub, Diplome und Ernennung durch Übernahme vorgenommen.

Durch die im Rahmen der 6. Staatsreform verabschiedeten Gesetze werden gewisse Beschränkungen obsolet, die der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Bezug auf die Einstellung von Vertragsbediensteten im Ministerium und den paragemeinschaftlichen Einrichtungen durch den Königlichen Erlass vom 22. Dezember 2000 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze des Verwaltungs- und Besoldungsstatuts der Staats­bediensteten, die auf das Personal der Dienste der Gemeinschafts- und Regional­regierungen, der Kollegien der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission und der Französischen Gemeinschaftskommission und der von ihnen abhängenden juristischen Personen öffentlichen Rechts anwendbar waren, auferlegt wurden.

Die derzeit von SELOR durchgeführten Auswahlverfahren für Beamte aller Qualifikationen zeugen davon, dass im Ministerium und in den paragemeinschaftlichen Einrichtungen weiterhin das Prinzip der statutarischen Einstellung gilt, aber die Einstellung von Vertragsbediensteten soll flexibilisiert werden. Mit der Lockerung der Bedingungen zur Einstellung von Vertragsbediensteten wird nicht nur die gesetzliche Grundlage für eine in der Deutschsprachigen Gemeinschaft oft unumgängliche Praxis geliefert, sondern es werden auch erfolgversprechendere Voraussetzungen für die Rekrutierung von qualifizierten Kräften mit spezifischem Profil, die der deutschen Sprache mächtig sein müssen, geschaffen (Artikel 1).

In Ausnahmefällen, wenn versiertes Fachwissen, spezifische Berufsfertigkeiten oder langjährige und vielfältige Berufserfahrung gefordert werden, kann solch ausgewiesenen Experten eine höhere Gehaltstabelle zugeordnet werden als diejenige, die mit dem Einstellungsdienstgrad übereinstimmt. Die mit dem zweiten Beförderungsdienstgrad der Laufbahn über­einstimmende Gehaltstabelle ist die höchste, die zugeordnet werden kann (Artikel 53).

Zur Erledigung von nebengeordneten und spezifischen Aufgaben wie Empfang und Telefondienst, Raumpflege und Servicedienst, Hausmeistertätigkeiten, Ausbildungen beim Arbeitsamt, Tätigkeiten, die oftmals von Teilzeitkräften wahrgenommen werden und deren Umfang von der Jahreszeit und den Besucherzahlen (z.B. im Dienst mit getrennter Geschäfts­führung „Gemeinschaftszentren“, zu dem Sport-, Freizeit-, Kultur- und Messezentren gehören), von der Anzahl Weiterbildungsteilnehmer und Praktikanten (z.B. im Arbeitsamt) abhängig  ist,  werden im Interesse des Dienstes ausschließlich Vertragsbedienstete eingestellt, was es der Behörde erlaubt, unter Berücksichtigung von Bedarf und Nachfrage flexibel zu reagieren (Artikel 48).

Mit vorliegendem Erlassentwurf werden parallel zur o.e. Flexibilisierung der Einstellung von Vertragsbediensteten mehrere Bestimmungen eingeführt, die positive Auswirkungen auf die finanzielle Laufbahn der Vertragsbediensteten und auch auf die Beamtenlaufbahn haben, wenn diese Vertragsbediensteten ernannt werden:

  • Schaffung der Voraussetzungen, um den Vertragsbediensteten eine zweite und dritte finanzielle Aufwertung zu gewähren (Artikel 54)

  • für Mitarbeiter, die nach bestandenem Auswahlverfahren ohne zeitliche Unter­brechung von einem vertraglichen Beschäftigungsverhältnis ins Beamtenverhältnis wechseln, wird die Probezeit unter gewissen Bedingungen ganz oder teilweise gestrichen (Artikel 9 und 10). Abwesenheiten, mit Ausnahme des Jahresurlaubs, die über 15 Arbeitstage hinaus gehen, werden der Probezeit nicht angerechnet (Artikel 7)

  • die als Vertragsbediensteter des Ministeriumsoder bestimmter paragemein-schaftlicher Einrichtungen erbrachten Dienstleistungen werden für die Berechnung des administrativen Dienstalters des Beamten berücksichtigt (Artikel 15, 16 und 17).

    Da in der Vergangenheit interne Bewerberaufrufe zur Bekleidung der Funktion des Fachbereichsleiters mehrmals ergebnislos verlaufen sind, wird der Bewerberkreis erweitert. Die Regierung kann nunmehr nach demselben Verfahren interne oder externe Kandidaten als Fachbereichsleiter anwerben (Artikel 5).

    Um die Mitarbeiter, die derzeit die Funktion des Fachbereichsleiters wahrnehmen, in ihrer Rolle zu stärken, aber auch um in Zukunft bei Bedarf ministeriumsinterne und externe Personen mit den erforderlichen Kompetenzen für dieses Amt gewinnen zu können, werden finanzielle Anreize geboten:

  • bei Übernahme der Funktion des Fachbereichsleiters wird dem Betreffenden für die Dauer seiner Bestellung die Gehaltstabelle I/8 als Besoldungsrundlage zugewiesen, bis ihm aufgrund der Entwicklung seiner Laufbahn eine höhere Gehaltstabelle zusteht (Artikel 19 Absatz 1)

  • die monatliche Zulage für Führungs- und Leitungsaufgaben wird auf 616,15 Euro angehoben (Artikel 24)

  • Fachbereichsleitern, die die letzte Entwicklungsstufe ihrer Laufbahn erreicht und ein finanzielles Dienstalter von zehn Jahren als Fachbereichsleiter aufweisen, wird die neu geschaffene Gehaltstabelle I/10ter für die Dauer ihrer Bestellung zugewiesen (Artikel 19 Absatz 2); im Gegenzug wird die Zulage für Führungs- und Leitungsaufgaben gestrichen (Artikel 25)

  • im Sinne einer kohärenten Entwicklung der Gehaltstabellen werden die Tabellen I/11bis und I/11bis-59 leicht angehoben (Artikel 39).

    Zur Gewährleistung einer effizienteren Organisations- und Führungsstruktur innerhalb der Dienste mit getrennter Geschäftsführung „Gemeinschaftszentren“ und „Medien­zentrum“, die rund 80 bzw. 40 Mitarbeiter zählen, können unter den in diesen Diensten angesiedelten Mitarbeitern Teamleiter bestellt werden (Artikel 49), denen für die Dauer der Bestellung eine Teamleiterzulage gewährt wird (Artikel 51).

    Mit der Einführung der neuen Dienstgrade „Leitender Sachbearbeiter“, „Leitender Techniker“, „Leitender Assistent“ und „Leitender Sozialarbeiter“ in der Stufe II bzw. II+ (Artikel 3, 4, 38 und 40), der Festlegung der entsprechenden Beförderungsbedingungen (Artikel 18) und der Einführung der Gehaltstabellen II/6 bzw. II+/5 (Artikel 39) werden die Voraussetzungen für eine letzte Beförderung von langjährigen, verdienstvollen Beamten geschaffen.

    Die Anhebung aller Gehaltstabellen um 1%, die ursprünglich für 2018 vorgesehen war (Artikel 39, 42 und 58) sowie die o.e. finanziellen Aufwertungen zugunsten der Vertrags­bediensteten entsprechen der Umsetzung der im Sektorenabkommen 2015-2016 enthaltenen Absichtserklärung.

    Durch die Umsetzung einer europäischen Richtlinie bezüglich Elternurlaub erhält der Bedienstete einerseits das Recht, nach der Rückkehr aus dem Elternurlaub an seinen früheren Arbeitsplatz zurückzukehren oder eine gleichwertige Arbeit zugewiesen zu bekommen, und andererseits die Möglichkeit, während sechs Monaten angepasste Arbeitszeiten zu beantragen im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Familien- und Berufsleben (Artikel 30 bis 34).

    Da die Übernahme zusätzlicher Kompetenzen durch die Deutschsprachige Gemeinschaft zu immer rascheren Änderungen der Aufgabeninhalte und Arbeitsanforderungen führt, muss die Personalentwicklung im Ministerium verstärkt vorangetrieben werden. Neben anderen Instrumenten ermöglicht es die regelmäßige Bewertung des Mitarbeiters, sein Leistungs­vermögen und seine Entwicklung zu lenken. Vor diesem Hintergrund wurde festgehalten, dass die bei Beförderungen und finanziellen Aufwertungen erforderliche Bewertung höchstens zwei Jahre zurückliegen darf und dass auf die Bewertung „reserviert“ innerhalb eines Jahres eine neue Bewertung folgen muss, die allerdings entweder „positiv“ oder „negativ“ lauten muss (Artikel 12, 13 und 55).

    Folgende Änderungen werden in Sachen Urlaub, Diplom und Ernennung durch Übernahme vorgenommen:

  • Streichung des Urlaubstages bei Blut- oder Plasmaspende: hier schließt sich die Deutsch­sprachige Gemeinschaft der Auffassung der Europäischen Union an, dass die Blut- oder Plasmaspende ein völlig freiwilliger und unentgeltlicher Schritt bleiben soll. Da die Gewährung eines Urlaubstages als eine Form des Entgelts gewertet werden kann, werden die Spender in Zukunft kein Anrecht mehr auf einen freien Tag haben (Artikel 29)

  • Kürzung des Urlaubskapitals der Beamten bei Bezug eines Wartegehaltes (Artikel 27, 1.) und bei krankheitsbedingt abwesenden Vertragsbediensteten, insoweit sie keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben (Artikel 27, 2.)

  • Einfügung eines zusätzlichen Diploms: das nach erfolgreichem Abschluss eines zweijährigen Hochschulstudiums erlangte Diplom als Gefahrenverhütungsberater Stufe I gewährt Zugang zur Stufe II+, wenn der Betreffende auch Inhaber eines Abschlusszeugnisses der Oberstufe des Sekundarunterrichts ist (Artikel 41)

  • Streichung der Bedingung, dass ein Beamter im aktiven Dienst sein muss, um durch Übernahme ernannt zu werden, damit auch ein Beamter einer anderen Behörde, der einen Urlaub aus persönlichen Gründen bei dieser Behörde in Anspruch nimmt, um als Vertragsbediensteter im Ministerium zu arbeiten, durch Übernahme im Ministerium ernannt werden kann (Artikel 11).

Als eher technische Anpassungen sind zu erwähnen:

  • deutlichere Formulierung, dass ein Beamter von Amts wegen in eine Vollzeitstelle ernannt wird (Artikel 2)

  • die Rücktrittsfrist von drei Monaten für Fachbereichs­­leiter (Artikel 5, 2.) und Teamleiter (Artikel 49)

  • mögliche Übertragung der Vollmachten des Generalsekretärs bzw. des stellvertretenden General­sekretärs durch den Direktionsrat an die Leiter der Dienste mit getrennter Geschäftsführung in Sachen Bewertung der Mitarbeiter dieser Dienste (Artikel 14)

  • die Präzisierung der Fälle, in denen Sonderurlaub in Anspruch genommen werden kann (Artikel 28)

  • Präzisierung in Sachen Dienstbefreiung zur Ausführung eines Auftrags (Artikel 36 bis 37)

  • die generelle Verwendung des Begriffs „Elternurlaub“ und der Wortfolge „tatsächliche Dienste“

    3. Finanzielle Auswirkungen :

    Für 2017 belaufen sich die finanziellen Auswirkungen schätzungsweise maximal auf

  • 875.000 Euro für das Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft einschließlich des Dienstes mit getrennter Geschäftsführung Medienzentrum

  • 105.000 Euro für das Arbeitsamt

  • 127.000 Euro für die Dienststelle für Personen mit Behinderung

  • 14.000 Euro für das Institut für Aus- und Weiterbildung im Mittelstand

  • 154.000 für den Dienst mit getrennter Geschäftsführung Gemeinschaftszentren. Dieser Betrag erklärt sich dadurch, dass die erste und insbesondere die zweite finanzielle Aufwertung, die aufgrund der derzeitigen Bestimmungen des Erlasses über die Rechtsposition der Vertragsbediensteten bereits in der Vergangenheit zugunsten der Mitarbeiter der Dienste mit getrennter Geschäftsführung, die die erforderlichen Bedingungen in Sachen Dienstalter erfüllten, möglich waren, nur sporadisch erfolgten, so dass nunmehr zahlreiche Mitarbeiter die Bedingungen in Sachen Dienstalter erfüllen, um in den Genuss der dritten finanziellen Aufwertung zu kommen.

    An dieser Stelle ist anzumerken, dass die optionale finanzielle Aufwertung (zweite Aufwertung) zugunsten der Vertragsbedienstete nicht zwangsläufig erfolgen muss.

    4. Gutachten :

    Folgende Gutachten liegen vor:

  • die positive Stellungnahme des Direktionsrates vom 17. Oktober 2016

  • das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 20. Oktober 2016

  • das Protokoll S7/2016 des Sektorenausschusses XIX der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 10. November 2016

  • das Gutachten der Finanzinspektion vom 10. November 2016.

    5. Rechtsgrundlage :

    Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 87 §3, ersetzt durch das Sondergesetz vom 8. August 1988

    Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 54 Absatz 1, ersetzt durch das Gesetz vom 18. Juli 1990

    Dekret vom 25. Mai 2009 über die Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Artikel 102 §1 Absatz 1