Sitzung vom 15. Dezember 2016

Ratifizierung der Entscheidung des ESF- Auswahlkomitees durch die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft

1. Beschlussfassung:

Die Regierung beschließt die Vergabe von Fördermitteln für ESF-Projekte im Rahmen der Programmphase 2014- 2020 auf Basis der am 13. November 2015 durch das ESF- Auswahlkomitee getroffenen Empfehlungen.

Der Ministerpräsident wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.  Für die konkreten Verhandlungen mit den Projektträgern zur Umsetzung der gefassten Beschlüsse wird das Mandat an die ESF-Verwaltungsbehörde übergeben.

2. Erläuterungen:

a) Zielsetzung des Europäischen Sozialfonds (ESF) allgemein

Der ESF ist Europas wichtigstes Instrument zur Förderung der Beschäftigung – er unterstützt die Menschen beim Zugang zu besseren Arbeitsplätzen und stellt faire Berufsaussichten für die Bürger sicher.  Dabei übernimmt der ESF die Kofinanzierung (max. 50 %) von Programmen zur Entwicklung der Humanressourcen. Auf diese Weise kann er zum einen den Einstieg bzw. die Rückkehr in den Arbeitsmarkt erleichtern und zum anderen jenen Personen, die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, dabei behilflich sein, ihre beruflichen Perspektiven zu verbessern.

b) Zielsetzung des ESF in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG)

Auf Basis des mehrjährigen operationellen Programms der DG für den ESF in der Förderperiode 2014- 2020 im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ unterstützt der ESF in der DG Maßnahmen in 3 thematischen Schwerpunkten:

1. Beschäftigung

2. Soziale Integration

3. Bildung

c) Allgemeine Verfahrensweise für die vorliegenden bzw. kommenden ESF-Anträge im Rahmen des Operationellen Programms 2014 - 2020

Zweimal pro Jahr wird ein Projektaufruf durchgeführt, bei der Trägereinrichtungen in der DG einen Antrag auf Förderung von Maßnahmen einreichen können. Diese Anträge werden durch ein Projektauswahlkomitee begutachtet.  Anschließend wird der Beschlussvorschlag des Auswahlkomitees der Regierung zur Ratifizierung vorgelegt.

Im Falle einer Zusage wird die Auftragsbeschreibung jeweils in einer Konvention zwischen der Regierung und dem Projektträger festgehalten.  Bei wesentlichen Defiziten in der Realisierung der Vorhaben behält die Regierung sich das Recht vor, finanzielle Kürzungen bzw. den vorzeitigen Abbruch zu veranlassen.

Das detaillierte Verfahren wird in einem Verfahrenshandbuch festgehalten.

d) Ergebnis der Beratungen zum Projekt:

Projekt Nr. 17: „Work & Job IV“ der Pro Aktiv VoG

Durchschnittsergebnis der Bewertung:

Angebot u. Nachfrage (25)

18,02

Effizienz (40)

31,11

Finanzrahmen (15)

11,47

Horizontale Prioritäten (15)

9,97

Dokumentation (5)

3,15

TOTAL (100)

73,72

 

Angebot und Nachfrage

Das Projekt richtet sich an Arbeitsuchende mit Vermittlungshemmnissen und bietet eine Qualifizierung in verschiedenen Tätigkeitsfeldern an.  Es besteht ein Bedarf an Maßnahmen für dieses Zielpublikum, sowohl für Männer als auch für Frauen.  Allerdings erreicht der Träger bisher eher Männer.  Zusätzliche Anpassungen im Angebot werden daher empfohlen.  Insgesamt handelt es sich um eine Fortsetzung der bisherigen Maßnahmen.  Positiv daran ist, dass sie sich bewährt haben.  Allerdings lässt der Antrag somit auch innovative Ansätze vermissen, die zeigen, dass man sich einem verändernden Zielpublikum anpasst.  Die Arbeitsmarktnähe wird durch die Praktikumsphasen verstärkt.  Es besteht kein unmittelbar vergleichbares Angebot in der DG, wenngleich Parallelen zum Projekt der CAJ erkennbar sind.  Aus diesem Grund macht die im Antrag vorgesehene Zusammenarbeit mit der CAJ nicht nur Sinn, sondern ist dringend erforderlich.  Einige neue Maßnahmen, die im ursprünglichen Antrag des Vorgängerprojektes vorgesehen waren und aus Kostengründen wieder gestrichen wurden, werden auch im Nachfolgeprojekt nicht umgesetzt.  Es fällt auf, dass die Zielvorgabe für die Vermittlungsquote im Vergleich zum Vorgängerprojekt von 50% auf 35% reduziert wurde.

Effizienz

Das Projekt entspricht der Zielsetzung in der Prioritätsachse 3 im Operationellen ESF-Programm 2014-2020.

Das Projekt ist in 6 Maßnahmen aufgegliedert: Ausbildungen in verschiedenen Ateliers (Garten, Holz, Metall), niedrigschwellige Angebote „polyvalente Handwerksabteilung und „Durch Arbeit qualifizieren“ sowie einer Begleitmaßnahme „zur Förderung der Allgemeinkenntnisse und Vorbereitung zur Lehre“.  Es handelt sich um bewährte Angebote, die bereits im Vorgängerprojekt bestanden.

Die Angebote sind niedrigschwellig und entsprechen dem Zielpublikum.  Dennoch sollte darauf geachtet werden, durch angepasste Angebote verstärkt Frauen anzusprechen und innovativ zu bleiben, wenn sich das Zielpublikum verändert.

Die Zielsetzungen sind überprüfbar bis auf den zweiten projektspezifischen Wirkungsindikator (Zusammenarbeit mit „Werkstatt Cardijn“), der zwar quantifiziert wurde, jedoch in der Praxis in der Form kaum messbar sein wird.  Hier wird erwartet, dass durch eine qualitative Beschreibung der zusätzlichen Maßnahmen, der konkrete Ausbau der Zusammenarbeit dokumentiert wird.  Generell wird diese Zusammenarbeit deutlich befürwortet.  Dagegen ist die Kooperation mit der Raupe nicht deutlich erkennbar: geschieht die Ausbildung in Garten- und Landschaftsbau durch den eigenen Ausbilder oder durch einen Mitarbeiter der Raupe, wo liegt der Mehrwert in der Beteiligung an Ausstellungen?

Im Vergleich zum Vorgängerprojekt sind die Betreuungsstunden angestiegen und das bei zeitgleicher Reduzierung der TN-Zahl.

Die vorhandene räumliche und technische Infrastruktur ist angemessen.  Zur Begleitung sind 5 Personen (5 VZÄ) für die Ausbildung und eine Person (0,74 VZÄ) für die Koordination vorgesehen.  Damit wird der Betreuerschlüssel bei 35 gleichzeitigen Ausbildungsplätzen von 1:7 eingehalten.  Das Personal verfügt über die jeweilige technische Qualifikation.  Es wird allerdings empfohlen, durch Weiterbildungen zusätzliche Kompetenzen insbesondere im Hinblick auf die Begleitung dieses Zielpublikums zu erwerben.

Finanzrahmen

Der Finanzrahmen entspricht dem Projektvorhaben und ist angemessen.  15,55% der Kosten werden durch eigene Einnahmen erwirtschaftet (18,2% ohne TN-Kosten).  Damit wird das Minimum von 15% überschritten.  Die Personalkosten beanspruchen knapp 60% des Gesamtbudgets.

Horizontale Prioritäten

Das Projekt erreicht aktuell eher Männer als Frauen.  Es strebt an, die Frauenquote zu erhöhen, allerdings ist im Antrag nicht ausreichend ersichtlich, durch welche gezielten Maßnahmen dies effizient geschehen soll.  Andererseits sieht das Projekt die Möglichkeit vor, Frauen in untypischen Berufen auszubilden, was positiv ist.

Das Netzwerk setzt auf bewährte Partner, auch hier gibt es keine besonderen Änderungen.  Die Mitglieder des Auswahlkomitees unterstreichen die Bedeutung der Kooperation mit „Werkstatt Cardijn“.

Es gibt Instrumente zur Evaluierung der Teilnehmerfortschritte.  Es wird empfohlen, die Instrumente mit anderen Projekten abzustimmen, damit Übergänge erleichtert werden.  Der Verwaltungsrat überwacht die Umsetzung des Projektes.  Es fehlt der strategische Begleitausschuss als Instrument der Qualitätssicherung.

Innovative Ansätze im Projekt im Vergleich zum Vorgängerprojekt fehlen.  Es handelt sich eher um eine Fortsetzung des Bestehenden.  Dennoch sollte eine gewisse Flexibilität gewährleistet bleiben, um auf Veränderungen im Zielpublikum reagieren zu können.

Dokumentation

Insgesamt ist das Vorhaben ausführlich beschrieben und gut begründet.  Der Träger führt keine Referenzen zu bisherigen Ergebnissen auf.

Beschlussvorschlag

Das Projekt wird für förderfähig befunden.  Die Maßnahmen können in der geplanten Weise umgesetzt werden.  Allerdings wird dem Träger angeraten, in der Umsetzung genau zu beschreiben, wie die Vorhaben konkret umgesetzt wurden: dies gilt z.B. für frauenspezifische Angebote, konkrete Zusammenarbeit mit der CAJ.  Auch wenn keine neuen innovativen Maßnahmen vorgesehen sind, sollte der Träger die bestehenden Angebote dem jeweiligen Zielpublikum anpassen durch differenzierte Methoden.

Projekt Nr. 18: „CAJ – Werkstatt Cardijn 2017“ der Christlichen Arbeiterjugend

Durchschnittsergebnis der Bewertung:

Angebot u. Nachfrage (25)

18,75

Effizienz (40)

31,13

Finanzrahmen (15)

10,69

Horizontale Prioritäten (15)

11,37

Dokumentation (5)

3,14

TOTAL (100)

75,08

Angebot und Nachfrage

Das Projekt richtet sich an Arbeitsuchende mit besonders starken Vermittlungshemmnissen und zielt neben der Teilqualifizierung auf eine soziale Stabilisierung ab.  Der Bedarf an Angeboten in der DG für diese Zielgruppe ist gegeben.

Insgesamt handelt es sich um eine Fortsetzung der bisherigen Maßnahmen.  Positiv daran ist, dass sie sich bewährt haben.  Die Arbeitsmarktnähe kann durch die Praktikumsphasen verstärkt werden.  Hier sollte weiterhin ein Fokus liegen.

Es besteht kein unmittelbar vergleichbares Angebot in der DG, wenngleich Parallelen zum Projekt der pro Aktiv VoG erkennbar sind.  Aus diesem Grund macht die im Antrag vorgesehene Zusammenarbeit mit „pro Aktiv“ nicht nur Sinn, sondern ist dringend erforderlich.  In einigen Maßnahmen wurden die Anzahl der TN herabgesetzt.  Die Betreuungsstunden wurden im neuen Antrag aus Sicht der TN-Betreuung beziffert.  Im Vorgängerprojekt wurden die Betreuungsstunden des Personals angeben, was falsch war.  Durch diese Korrektur fallen die Betreuungsstunden logischerweise höher aus.

Effizienz

Das Projekt entspricht der Zielsetzung in der Prioritätsachse 3 im Operationellen ESF-Programm 2014-2020.

Das Projekt ist in 6 Maßnahmen aufgegliedert: Screening, Berufsorientierung, Ausbildungen in der Holz-, Siebdruck- und der Holzwerkstatt sowie Praktika.

Es handelt sich um bewährte Angebote, die bereits im Vorgängerprojekt bestanden.

Die Angebote sind niedrigschwellig und entsprechen dem Zielpublikum.  Der Träger legt großen Wert auf individuelle Ausbildungspläne je nach Bedarf des/der Teilnehmers/in.  Dies ist positiv, sollte aber immer wieder auf Hinblick auf die Wirksamkeit und die Wirtschaftlichkeit überprüft werden.

Es gibt widersprüchliche Aussagen zur Zielvorgabe: in der Kurzbeschreibung geht man von einer Vermittlungsquote von 50% aus, in den Wirkungsindikatoren von 35%.

Die Zielsetzungen sind überprüfbar bis auf den zweiten projektspezifischen Wirkungsindikator (Zusammenarbeit mit „Work & Job“), der zwar quantifiziert wurde, jedoch in der Praxis in der Form kaum messbar sein wird.  Hier wird erwartet, dass durch eine qualitative Beschreibung der zusätzlichen Maßnahmen, der konkrete Ausbau der Zusammenarbeit dokumentiert wird.  Generell wird diese Zusammenarbeit deutlich befürwortet.

Die vorhandene räumliche und technische Infrastruktur ist angemessen, auch wenn hier im Antrag der Nutzungsgrad nicht angegeben wurde.  Erfahrungsgemäß kann jedoch von 100% ausgegangen werden.  Zur Begleitung sind 4 Personen (3,8 VZÄ) für die Ausbildung und zwei Personen (1,5 VZÄ) für die Koordination / Verwaltung vorgesehen.  Damit wird der Betreuerschlüssel bei 28 gleichzeitigen Ausbildungsplätzen von 1:7 nicht eingehalten und liegt bei 1:7,4.

Finanzrahmen

Der Finanzrahmen entspricht dem Projektvorhaben und ist ausreichend.  7,19% der Kosten werden durch eigene Einnahmen erwirtschaftet (8,0% ohne TN-Kosten).  Damit wird das Minimum von 8% knapp erreicht.  Die Personalkosten beanspruchen 68% des Gesamtbudgets.  Es wird dem Projekt empfohlen, zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen, um die eigenen Einnahmen zu steigern.  Im Vergleich zum Vorgängerprojekt wurden einige Gehälter deutlich angehoben.  Es wird daran erinnert, dass als Referenz für die förderfähigen Personalausgaben die Gehaltsbaremen der zuständigen Paritätischen Kommission gelten.

Horizontale Prioritäten

Das Projekt geht teilweise differenziert auf die Begleitung von Männern und Frauen ein.

Es steht Menschen mit Benachteiligung offen, richtet sich sogar explizit auch an Menschen mit psychosozialen oder kognitiven Störungen.  Nicht für alle Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung sind die Projekträume leicht zugänglich.

Das Netzwerk setzt auf bewährte Partner, auch hier gibt es keine besonderen Änderungen.  Die Mitglieder des Auswahlkomitees unterstreichen die Bedeutung der Kooperation mit „Work & Job“.  Es wird daran erinnert, dass das Netzwerk in die Überprüfung der Entwicklung der TN einbezogen werden kann, es ist jedoch primär die Verantwortung des Projektträgers.

Es gibt Instrumente zur Evaluierung der Teilnehmerfortschritte.  Es wird empfohlen, die Instrumente mit anderen Projekten abzustimmen, damit Übergänge erleichtert werden.

Innovative Ansätze im Projekt im Vergleich zum Vorgängerprojekt fehlen.  Es handelt sich eher um eine Fortsetzung des Bestehenden.  Positiv ist die Idee der E-Mentoren.

Dokumentation

Insgesamt ist das Vorhaben ausführlich beschrieben und gut begründet.  Der Träger führt keine Referenzen zu bisherigen Ergebnissen auf.  Damit es nicht Verwechslung mit dem aktuellen Projekt kommt, wird dem Träger empfohlen, das neue Projekt „CAJ-Werkstatt Cardijn 2017“ zu nennen.

Beschlussvorschlag

Das Projekt wird für förderfähig befunden.  Die Maßnahmen können in der geplanten Weise umgesetzt werden.  Allerdings wird dem Träger angeraten, in der Berichterstattung genau zu beschreiben, wie die Zusammenarbeit mit pro Aktiv konkret umgesetzt wurde.  Auch wenn keine neuen innovativen Maßnahmen vorgesehen sind, sollte der Träger die bestehenden Angebote dem jeweiligen Zielpublikum anpassen durch differenzierte Methoden.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Ratifizierung der Entscheidungen des ESF- Auswahlkomitees betreffen die Haushalte der Deutschsprachigen Gemeinschaft 2016, 2017 und gegebenenfalls 2018, da die Endabrechnung des beantragten ESF-Projektes in 2018 vorgenommen wird.

Die dadurch entstehenden Belastungen des Haushaltspostens OB 20 PR 13 ZW 33.11 „Subventionen im Rahmen der Europäischen Strukturfonds 2014- 2020“ belaufen sich auf maximal 493.315,17 €.

4. Gutachten:

Gutachten sind nicht erforderlich.

5. Rechtsgrundlage:

Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates;

Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Rates;

Operationelles Programms der DG für den ESF in der Förderperiode 2014 - 2020 im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“, Europäischer Sozialfonds 2014-2020, CCI-Nr. 2014BE05SFOP001, Entscheidung C(2014)9436 der EU-Kommission vom 4. Dezember 2014;

Erlass der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 13. November 2014 zur Schaffung  eines Begleitausschusses und eines Auswahlkomitees für den Europäischen Sozialfonds 2014- 2020.