Sitzung vom 17. Mai 2017

Dekretentwurf zur Beschulung von erstankommenden Schülern

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Dekretentwurf zur Beschulung von erstankommenden Schülern.

Der Minister zuständig für Bildung und wissenschaftliche Forschung wird beauftragt, dem Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft den Dekretentwurf vorzulegen.

2. Erläuterungen:

Das Dekret vom 17. Dezember 2001 zur Beschulung von neuankommenden Schülern legt Bedingungen zur Beschulung von erstankommenden Schülern fest, die den aktuellen Gegebenheiten nicht mehr gerecht werden.

Die Anzahl der erstankommenden Schüler ist in den letzten Jahren so erheblich gestiegen, dass zahlreiche Schulen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Anfragen zur Einschreibung dieser Schüler erhalten. Es handelt sich somit nicht mehr um einzelne Schüler, die die Schule gegebenenfalls mit eigenen Ressourcen sowie durch Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht und/oder mit einigen wenigen Zusatzstunden, wie im Dekret von 2001 definiert, fördern kann.

Aus Sicht der Wissenschaft und aus den Konzepten anderer Länder und Regionen ist ebenfalls klar zu ersehen, dass die erstankommenden Schüler, die die Unterrichtssprache nicht beherrschen, ab dem 5. Lebensjahr gezielte, intensive Sprachförderung brauchen, bevor sie in den Regelunterricht integriert werden können.

Die Eingliederung in das 1. und 2. Kindergartenjahr ist noch problemlos auf Basis des Immersionsprinzips möglich, ähnlich wie in den bilingualen Kindergärten in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Im Kindergarten gehören Aktivitäten zur Sprachbildung und -förderung für alle Kinder zum Alltag. Im Rahmen der sprachlichen Aktivitäten im Kindergarten werden diese Kinder wie alle anderen gefördert. Eine spezifische Beschulung in Sprachlernklassen für erstankommende Schüler ist auch aus wissenschaftlicher Sicht für Kinder bis zu fünf Jahren nicht notwendig. Die intensive, gezielte Förderung durch Sprachunterricht sollte erst ab dem 5. Lebensjahr erfolgen.

Die Schulen fordern seit mehreren Jahren die Abänderung des Dekretes von 2001 ein.

Dazu wurden im In- und Ausland Konzepte sondiert und analysiert.

Auch wurden viele der betroffenen Schulen beziehungsweise die Schulleitungen nach ihren Bedürfnissen in diesem Bereich befragt.

2014 wurde das Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität Dortmund mit Sprachstandserhebungen (3. Kindergartenjahr, 3. und 6. Primarschuljahre) sowie mit einer Lehrerbefragung beauftragt. Die gewonnenen Erkenntnisse sind in die Konzeptarbeit eingeflossen.

Im vorliegenden Dekretentwurf wurden auch erfolgreich erprobte Konzepte einiger Sekundarschulen berücksichtigt.

Grundsätzlich sieht dieser Entwurf die Organisation von Sprachlernklassen für erstankommende Schüler ab dem 3. Kindergarten bis zum Ende der Sekundarschule vor.

Aus organisatorischen Gründen können gegebenenfalls an einzelnen Grundschulen keine Sprachlernklassen angeboten werden. Dort sollen dann intensive Sprachlernkurse vor Ort in den Schulen organisiert werden.

Nachteilsausgleich aufgrund mangelnder Kompetenzen in der Unterrichtssprache sowie Notenschutz aufgrund mangelnder Kompetenzen in der Unterrichtssprache und in den Fremdsprachen sollen möglich sein.

Somit soll auf Wunsch des Ministers für Bildung und wissenschaftliche Forschung das Dekret vom 17. Dezember 2001 aufgehoben werden.

Angestrebt wird die Verabschiedung des vorliegenden Dekretentwurfs im Parlament der DG für spätestens Juni 2017. Das Inkrafttreten des Dekrets zur Beschulung von erstankommenden Schülern ist für den 1. September 2017 vorgesehen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen haben sich nicht verändert und entsprechen immer noch denen des in 1. Lesung verabschiedeten Dekretvorentwurfs.

Die finanziellen Auswirkungen wurden auf Grundlage der Schülerzahlen des Schuljahres 2016-2017 geschätzt.

Für den Haushalt der Deutschsprachigen Gemeinschaft ergeben sich folgende Ausgaben:

Zusatzausbildung für Lehrer

Hier werden Ausgaben in Höhe von schätzungsweise 25.000 € für die Organisation einer Zusatzausbildung von mindestens 10 ECTS für die Befähigung zur Unterrichtung von Deutsch als Zweitsprache veranschlagt.
Diese Zusatzausbildung soll über die Haushaltsjahre 2017 und 2018 laufen.
Die Mittel müssen im Haushalt OB 30.11.12.11 für die Haushaltsjahre 2016 und 2017 vorgesehen werden. Für 2017 steht hierzu eine Haushaltsanpassung von schätzungsweise 10.000 € an.

Personalkosten
 

Für die Umsetzung des neuen Konzepts in der Grundschule werden 3 Vollzeitstellen für das Immersionsprinzip im Kindergarten sowie 13 Vollzeitstellen für die Beschulung in den EAS-Klassen in der Primarschule (beide Sprachabteilungen) benötigt.

Augenblicklich werden für das Schuljahr 2016-2017 7 ½ Vollzeitstellen im Grundschulwesen zur Verfügung gestellt.

Die Differenz von 8 ½ Vollzeitstellen stellen rekurrente Mehrkosten in Höhe von circa 382.500 € dar.
 

Für die Umsetzung des neuen Konzepts in der Sekundarschule werden 9 Vollzeitstellen benötigt.
Augenblick werden für das Schuljahr 2016-2017 8 Vollzeitstellen in der Sekundarschule zur Verfügung gestellt.
Die Differenz von 1 Vollzeitstelle stellt rekurrente Mehrkosten in Höhe von circa 45.000 € dar.

Für 2017 werden schätzungsweise Mehrkosten von 142.500 € veranschlagt (Zuweisung OB 30 Programm 00). Ab dem Haushaltsjahr 2018 fallen schätzungsweise rekurrente Mehrkosten in Höhe von 427.500 € an, insofern die Anzahl erstankommender Schüler in der DG relativ konstant bleibt.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Staatsrates vom 3. Mai 2017 sowie das Protokoll der Konzertierungen mit den Schulträgern und Schulleitern des freien subventionierten Unterrichtswesens, des Gemeinschaftsunterrichtswesens und des offiziell subventionierten Unterrichtswesens, die am 10. Oktober, 17. und 23. November 2016 stattgefunden haben, liegen vor.

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 130 der Verfassung

Dekret vom 17. Dezember 2001 zur Beschulung neuankommender Schüler