Sitzung vom 8. Juni 2017

REK II Querschnittsprojekt „Einführung eines Zertifikats der Deutschsprachigen Gemeinschaft zum Jugendarbeiter“: Prinzipbeschluss zur Ausarbeitung eines neuen Bachelorstudiengangs mit sozial-pädagogischer Ausrichtung

1. Beschlussfassung:

Die Regierung heißt den Vorschlag zur Ausarbeitung eines neuen Bachelorstudiengangs mit sozial-pädagogischer Ausrichtung gut.

Die Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus wird mit der Umsetzung dieses Vorschlags beauftragt.

2. Erläuterungen

Im Rahmen der zweiten Umsetzungsphase des Regionalen Entwicklungskonzepts „Ostbelgien leben 2025“ wurde Jugend neben der Inklusion und dem Standortmarketing zur Querschnittsmaterie erklärt. Für die Wirtschaftsregion wird das Projekt „Einführung eines Zertifikats zum Jugendarbeiter“ umgesetzt: „Im Rahmen des REK I ist eine tiefgreifende Reform des Jugendsektors vorgenommen worden, die den Rahmen für eine wissensbasierte Jugendarbeit in der DG geschaffen hat. Zu den wichtigsten Multiplikatoren für die Umsetzung dieser Reform zählen die Jugendarbeiter. Sie stehen im direkten Kontakt mit den Jugendlichen. Dabei zeigt sich, dass es immer schwieriger wird, Menschen für diese abwechslungsreiche und spannende Aufgabe zu gewinnen. Daher soll eine spezifische Ausbildung angeboten werden, um diesen Fachkräftemangel in der DG zu beheben.“

Dieses Projekt ist eingeführt worden, um einem gewissen Fachkräftemangel zu begegnen. Als einer der ersten Arbeitsschritte ist im Frühjahr 2015 eine Arbeitgeberumfrage durchgeführt worden, um zum einen den Fachkräftebedarf beziffern und zum anderen das erforderliche Kompetenzprofil  erheben zu können. Dabei wurden nicht nur Arbeitgeber des Jugendsektors, sondern auch anderer Sektoren wie Sozialeinrichtungen, soziokulturelle Organisationen, Schulen, öffentliche Dienste usw. befragt, in denen mit jungen Menschen gearbeitet wird und die Fachkräfte wie Jugendarbeiter, Erzieher und Sozialassistenten beschäftigen.

Anhand der Resultate der Arbeitgeberumfrage 2015 hat sich gezeigt, dass:

  • in allen Sektoren ein Mangel an qualifiziertem Personal besteht und

  • eine hohe Übereinstimmung in Bezug auf das Kompetenzprofil dieser Fachkräfte vorliegt.

  • die Arbeitgeber übereinstimmend angaben, vorzugsweise Fachkräfte mit einem Bachelorabschluss einstellen zu wollen.

Zudem ist ein Vergleich der bestehenden Studiengänge innerhalb Belgiens und des näheren Auslands angestellt worden. Die Analyse der berufsbegleitenden Bachelorausbildungen in „Soziale Arbeit“ und „éducateur spécialisé“ ergab, dass die Nachqualifizierung für deutschsprachige Interessenten wegen der hohen Anforderungen zur Erfüllung der Aufnahmekriterien in Deutschland (z.B. mehrjährige Berufserfahrung) oder der Sprachbarriere der belgischen Ausbildungen schwierig ist.

Aus den folgenden Gründen wurde nach Rücksprache mit den Fachministern für Bildung und Soziales 2016 für eine Öffnung der potentiellen Ausbildung optiert und der Schwerpunkt des REK-II-Projekts auf die Ausarbeitung einer breiter angelegten und qualitativ hochwertigen Ausbildung für Fachkräfte zum Umgang mit jungen Menschen anvisiert:

  • aufgrund des sektorenübergreifenden Bedarfs an Fachkräften,

  • aufgrund der sektorenübergreifenden Kompetenzanforderungen an diese Fachkräfte,

  • zur Gewährleistung einer ausreichenden Berufsfeldflexibilität,

  • zur Gewährleistung einer ausreichenden Arbeitsplatzmobilität,

  • zur Gewährleistung eines ausreichenden potentiellen Arbeitsmarkts im Verhältnis zum Aufwand zur Ausarbeitung einer solchen Fachausbildung.

2016-2017 ist in Zusammenarbeit mit mehreren europäischen Partnern ein Erasmus+-Projekt zur Ausarbeitung dieser Ausbildung begonnen worden. Im Rahmen dieses Projekts wird das Kompetenzprofil eines Jugendarbeiters mit den entsprechenden Lernergebnissen erstellt. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2018 vorliegen. Bei der Ausarbeitung dieses Kompetenzprofils hat sich gezeigt, dass:

  • dass die Arbeit mit Jugendlichen eine hochwertige Fachausbildung mit entsprechender Fähigkeit zur abstrakten Reflektion bedarf;

  • dass das Anbieten einer solchen Fachausbildung, auch bspw. auf der Stufe 5 des Nationalen Qualifikationsrahmens, einen sehr hohen Arbeitsaufwand impliziert;

  • die Ausbildung von einem professionellen Bildungsträger in der Deutschsprachigen Gemeinschaft angeboten werden muss, wofür nur die Autonome Hochschule in Frage kommt;

  • die spätere Anerkennung dieser Fachausbildung durch Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen gewährleistet sein muss.

Aufgrund dieser Tatsache hat die Fachministerin für Jugend 2017 den Beschluss gefasst, das Kompetenzprofil des Jugendarbeiters zwar noch fertigzustellen, parallel dazu aber mit der Ausarbeitung eines breiter angelegten Bachelorstudiengangs mit sozial-pädagogischer Ausrichtung zu beginnen.

Ein solches Projekt kann nur in Zusammenarbeit mit einem adäquaten Bildungsträger erfolgen. Zudem bedarf es der engen Kooperation mit den betroffenen Sektoren. Die bisherige Rücksprache mit potentiellen Partnern, insbesondere mit der Autonomen Hochschule, hat ergeben, dass das prinzipielle Interesse an einer Zusammenarbeit groß ist. Gleichzeitig hat sich aber auch gezeigt, dass dieser Prozess aufgrund der sektorenübergreifenden Öffnung eine detaillierte Rücksprache und Bedarfserhebung mit allen Partnern voraussetzt. Die wichtigsten Fragen gelten dabei der Finanzierung sowie der inhaltlichen Ausrichtung dieses Bachelors (soziale Arbeit oder Erziehungswissenschaften).

Aufgrund der sektorenübergreifenden Ausrichtung des Bachelorstudiengangs und der implizierten Personalressourcen fasst die Regierung mit der vorliegenden Note den gemeinsamen Prinzipbeschluss zur Ausarbeitung eines neuen Bachelorstudiengangs  in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Wenn das prinzipielle Einverständnis der Regierung zur Ausarbeitung eines solchen Bachelors vorliegt, werden in enger Zusammenarbeit mit der Autonomen Hochschule und den betroffenen Fachbereichen die Ausrichtung, Inhalte und Gestaltung dieses Bachelors ausgearbeitet.

Bis September 2017 soll eine Bedarfsanalyse erstellt werden, die als Grundlage für die Ausrichtung der Ausbildung zum „Sozialarbeiter/-assistenten“ oder „Erzieher“ dienen soll. Dazu soll im Oktober 2017 ein ESF-Antrag eingereicht werden, in dem für die Ausarbeitung dieses Studienganges während anderthalb Jahren, d.h. vom 01.01.2018 bis 30.06.2019, eine Vollzeitäquivalentstelle eingeplant wird. Die Finanzierung über den ESF ist durch den bestehenden Fachkräftemangel begründet. Die Koordination des Projektes soll in einem Fachbereich des Ministeriums angesiedelt sein. Der Bachelorstudiengang könnte nach dem Beispiel des Bachelors in Buchhaltung als duale Ausbildung konzipiert werden.

Zusammengefasst ergeben sich die folgenden Arbeitsschritte:

  1. Bis September 2017: Bedarfserhebung in Zusammenarbeit mit der AHS und allen betroffenen Ressort-Fachbereichen
  2. Bis Oktober 2017: Ausarbeitung eines ESF-Antrags
  3. Bei Bewilligung des ESF-Antrags bis Juni 2019: Ausarbeitung des Bachelorstudiengangs

3. Finanzielle Auswirkungen:

Ausarbeitung des Bachelorstudiengangs: Für die Ausarbeitung der Ausbildung wird eine Vollzeitstelle für anderthalb Jahre benötigt. Die jährlichen Kosten für eine ganzzeitige Lehrerstelle mit 10 Dienstjahren liegen bei 57.600 Euro (Diplomstufe I - Master) bzw. bei 45.300 Euro (Diplomstufe II+ - Bachelor). Diese Kosten sollen für den geplanten Zeitraum der Ausarbeitung über  einen ESF-Antrag (Prioritätsachse 3 – Bildung) gedeckt werden.

Durchführung der Studiengangs: Insofern der ESF-Antrag  genehmigt wird und die Bachelorausbildung fertig gestellt ist, ist auf Grundlage einer ersten groben Schätzung für die Durchführung des Studiengangs jährlich mit ca. 500.000 Euro Kosten zu rechnen, die an der Autonomen Hochschule als Personalkosten (8-10 zusätzliche Lehrer) entstünden. Parallel sollte aber auch im Hinblick auf ein potentielles Einsparungspotential überprüft werden, ob nicht gemeinsame Grundmodule mit den bestehenden pädagogischen Ausbildungen der Autonomen Hochschule durchgeführt werden könnten. Darüber hinaus haben verschiedene Hochschulen, die Bachelorstudiengänge zur sozialen Arbeit und/oder Erziehungswissenschaften anbieten, Kooperationsinteresse signalisiert.

4. Gutachten:

Das Gutachten der Finanzinspektion vom 22. Mai 2017 liegt vor.

5. Rechtsgrundlagen:

  • Artikel 130 der VerfassunG

  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachigen Gemeinschaft

  • Dekret vom 27. Juni 2005 zur Schaffung einer Autonomen Hochschule

  • Dekret vom 6. Dezember 2011 zur Förderung der Jugendarbeit in der Deutschsprachigen Gemeinschaft