Sitzung vom 29. Juni 2017

Dekretvorentwurf zur Abänderung des Dekrets vom 23. Juni 2008 über den Schutz der Denkmäler, Kleindenkmäler, Ensembles und Landschaften sowie über die Ausgrabungen

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Abänderung des Dekrets vom 23. Juni 2008 über den Schutz der Denkmäler, Kleindenkmäler, Ensembles und Landschaften sowie über die Ausgrabungen.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 § 1 Absatz 1 Nr. 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat das Gutachten in 30-Tages-Frist zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Königlichen Landschafts- und Denkmalschutzkommission zu beantragen.

Die Vize-Ministerpräsidentin, Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus, wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Das aktuelle Denkmalschutzdekret ist 2009 in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt wurde der Rechtstext im Rahmen der Programmdekrete vereinzelt angepasst. Mit dem vorliegenden Vorschlag soll das Denkmalschutzdekret nach knapp zehn Jahren der Anwendung in den drei folgenden Punkten relativ umfassend angepasst werden:

  • Einführung neuer Ahndungsinstrumente zur besseren Durchsetzbarkeit des Denkmalschutzes

  • Verstärkter Fokus im Hinblick auf eine vorbeugende Denkmalschutzpolitik

  • Einführung einer Reihe formaler Anpassungen

Neue Ahndungsinstrumente

Bei den meisten Gemeinschaftszuständigkeiten handelt es sich eher um Förder- statt um  primäre Genehmigungsmaterien. Beim Denkmalschutz und der Archäologie handelt es sich um regionale Materien, die 1994 bzw. 2000 von der Wallonischen Region an die Deutschsprachige Gemeinschaft übertragen worden sind. Nach der neunjährigen Anwendung des Dekrets haben sich die aktuellen Grenzen zur Durchsetzung des Dekrets gezeigt. Aus diesem Grund hat die Regierung die Maßnahme „Vollstreckungsmaßnahmen Denkmalschutz“ im Laufenden Arbeitsprogramm 2014-2019 vorgesehen:

„2008 ist das Denkmalschutzdekret im Parlament verabschiedet worden. Bereits 1994 war der Denkmalschutz an die DG übertragen worden. Aufgrund der engen Verwebung mit der Raumordnung hatte sich die DG-Regierung vergeblich um ein Zusammenarbeitsabkommen mit der Wallonischen Region bemüht, so dass die Regierung 2008 letztendlich für die Einführung eines gesonderten Genehmigungsprozesses – zusätzlich zur Baugenehmigung - optiert hatte. Das Denkmalschutzdekret war allerdings in der Optik einer zeitnahen Übertragung der Raumordnung verfasst worden, so dass   der administrative Unterbau des Dekrets bewusst leicht gehalten worden war. Sechs Jahre nach Inkrafttreten des Denkmalschutzdekrets ist festzustellen, dass der Denkmalschutz nicht über die erforderlichen Instrumente verfügt, die zur Umsetzung einer solchen Regelmaterie notwendig sind. Hauptknackpunkt ist die Ahndung von Arbeiten, die ohne Denkmalgenehmigung durchgeführt worden sind. Laut Artikel 13 §4 kann die Regierung den Verursacher „für Arbeiten, die ohne Denkmalgenehmigung oder entgegen der in ihr enthaltenen Vorschriften vorgenommen  wurden, […] zu seinen Lasten nach Aufforderung und Maßgabe der Regierung zur teilweisen oder vollständigen Versetzung in den vorherigen Zustand oder zur Korrektur der vorgenommenen Veränderungen verpflichte[n].“ Kommen die Bauherren diesen Auflagen nicht nach, kann die Staatsanwaltschaft, Bußgelder oder Gefängnisstrafen verhängen. Die Durchsetzung dieser Instrumente – wie etwa das Anstrengen eines Strafprozesses bei  Zuwiderhandlung – implizieren  jedoch  sehr aufwändige, juristische Verfahren, die die personellen und fachlichen Möglichkeiten des Fachbereichs Denkmalschutz übersteigen. Dies läuft daher oftmals darauf hinaus, dass, wenn alle dem Fachbereich zugänglichen Mittel erfolglos angewandt worden sind (Baustellenbegleitungen, schriftliche Anweisung der zuständigen Ministerin an den Verursacher gemäß Artikel 13, § 4), Verstöße gegen den Denkmalschutz nicht weiter geahndet werden. Dies ist eine unhaltbare Situation. Zumal sich angesichts der Überlastung der Strafgerichte die Frage nach der Verhältnismäßigkeit stellt.

Es ist daher Ziel, über die Einführung adäquater Instrumente nachzudenken, die zur glaubwürdigen Durchsetzung einer Regelmaterie erforderlich sind. In der Raumordnung gibt es beispielsweise die Möglichkeit zur Regularisierung. Die Regularisierung ist an die vorherige Zahlung einer Verwaltungsstrafe gekoppelt. Das Denkmalschutzdekret soll juristisch auf die Durchführbarkeit der derzeit vorgesehenen Ahndungsmöglichkeiten überprüft werden und entsprechende zusätzliche Instrumente erarbeitet werden.“

Nach Auswertung der anderen belgischen Rechtstexte werden mit dem vorliegenden Dekret eine Reihe neuer Ahndungsinstrumente eingefügt, die es ermöglichen sollen, der Regierung ein ausreichendes Handlungsrecht zur Durchsetzung des Denkmalschutzdekrets im Interesse der Allgemeinheit und zur Verteidigung des materiellen Kulturerbes in der Deutschsprachigen Gemeinschaft einzuräumen. Es werden eine Reihe allgemeinüblicher rechtlicher Handlungsmöglichkeiten wie administrative Strafen eingeführt. Oberstes Ziel bei der Durchsetzung des Denkmalschutzdekrets soll aber weniger die Bestrafung der Verursacher, sondern der Erhalt des materiellen Kulturerbes sein. Daher wird mit der Konformitätsprüfung, das gewissermaßen das Herzstück der neuen Verstoß- und Kontrollmodalitäten bildet, eine ostbelgienspezifische Neuerung eingeführt. In Ergänzung dazu wird mit der Anpassung von Artikel 13, der die genehmigungspflichtigen Arbeiten regelt, präzisiert, dass eine Reihe von Arbeiten im Schutzbereich nicht mehr einer Denkmalgenehmigung bedürfen. Damit soll der Fokus des Dekrets verstärkt auf die geschützten Güter gelegt werden und eine gewisse Verwaltungsvereinfachung erreicht werden.

Vorbeugender Denkmalschutz

Nach dem Motto „Vorsorge ist besser als Nachsorge“ soll mit dem vorliegenden Dekret ähnlich wie in der Wallonie und Flandern ein stärkerer Fokus auf eine vorbeugende Denkmalschutzpolitik gelegt werden. Die drei folgenden Maßnahmen werden eingeführt:

  • Die Erstellung von Zustandsblättern: Zukünftig wird der für Denkmalschutz zuständige Fachbereich des Ministeriums von allen Denkmälern ein Zustandsblatt erstellen, damit die Eigentümer über den aktuellen Zustand ihres Denkmals und anstehende Arbeiten informiert sind.

  • Zuschüsse für Unterhaltsarbeiten an Denkmälern: Neu ist, dass an Denkmälern zukünftig auch Unterhaltsarbeiten bezuschusst werden können. Damit soll der Anreiz für einen möglichst effizienten Erhalt der Gebäude geschaffen werden.

  • Anpassung von Unterschutzstellungen: Sollten sich die aktuellen Umstände eines Denkmals verändern, sollte der Denkmalschutz darauf adäquat reagieren können. Zudem sollen die aktuellen Unterschutzstellungen einer grundsätzlichen Prüfung v.a. in Bezug auf Repräsentativität, Denkmalwert und Zustand unterzogen werden.

Formale Anpassungen

Mit dem vorliegenden Vorschlag werden eine Reihe formaler Anpassungen vorgenommen. Diese beziehen sich v.a auf die Informationspflicht, da oftmals Ignoranz der Grund für das Unterlassen einer Denkmalgenehmigung ist. Zudem wurde in der Praxis festgestellt, dass die meisten Verstöße gegen das Denkmalschutzdekret auf Unkenntnis oder einer falschen Auffassung als Eigentümer eines Denkmals bzw. eines Gebäudes im Schutzbereich beruhen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Das angepasste Denkmalschutzdekret ist nicht unmittelbar mit zusätzlichen Ausgaben verbunden. Zwar sind neue Zuschüsse für Unterhaltsarbeiten an Denkmälern vorgesehen, aber bereits heute können über das Infrastrukturdekret Bauarbeiten an Denkmälern bezuschusst werden. Durch die Förderung von Unterhaltsarbeiten soll erreicht werden, dass nicht mehr so viele umfassende Arbeiten an den Denkmälern durchgeführt werden müssen, sodass unterm Strich ein nachhaltiger effizienter Erhalt der Denkmäler und langfristig eine Entlastung des öffentlichen Haushalts erreicht wird.

4. Gutachten:

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 20. Juni 2017 liegt vor.

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 23. Juni 2017 liegt vor.

Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 27. Juni 2017 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Dekret vom 23. Juni 2008 über den Schutz der Denkmäler, Kleindenkmäler, Ensembles und Landschaften sowie über die Ausgrabungen