Sitzung vom 20. Juli 2017

Masterplan 2016-2025 für die Kinderbetreuung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft

1. Beschlussfassung:

Die Regierung stimmt dem Masterplan 2016-2025 für die Kinderbetreuung in der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Für viele Menschen ist die Familie der zentrale Punkt ihres Lebens. Umso wichtiger ist es, unseren Familien die bestmöglichen Rahmenbedingungen für ein angenehmes Leben

in freier Entfaltung zu bieten. Im Zukunftsprojekt „Wir bauen auf Familie“ des Regionalen Entwicklungskonzepts hat  die Regierung eine Reihe von Maßnahmen zur künftigen Gestaltung der Familienpolitik vorgesehen. (Erweiterung der Betreuungsplätze für Kleinkinder, Aufwertung der Tätigkeit als Tagesmutter, Erweiterung des Angebotes an Ferienbetreuung, Ausdehnung der niederschwelligen Erziehungs- und Familienberatungsangebote usw.).

Ziel des Masterplans:

Der Masterplan versteht sich als Zukunftsorientierung für eine nachhaltige und bedarfsorientierte Politik in der Kinderbetreuung nach dem im Dekret vom 31. März 2014 über die Kinderbetreuung festgehaltenen Grundsatz, dass jede Familie mit Bedarf an Kinder-betreuung im Rahmen des verfügbaren Angebotes nach Maßgabe des Dekrets und seiner Ausführungsbestimmungen das Recht auf Kinderbetreuung hat.

Bei der Weiterentwicklung der Betreuungsangebote in der Kinderbetreuung muss jedem Kind optimale Möglichkeiten und Chancen zur Entfaltung geboten werden. Die Angebote berücksichtigen den individuellen Rhythmus des Kindes, fördern die geistige und motorische Entwicklung, die Kreativität und Beziehungsfähigkeit sowie die Sozialkompetenz des Kindes. Zudem bieten sie ausreichend Struktur durch Regeln und Kontinuität im Betreuungsablauf.

Eine qualitative Kinderbetreuung geht mit gut ausbildeten Fachkräften in der Betreuung einher.

Kompetentes Personal in Verbindung mit einem guten Personalschlüssel und allgemeinen Richtlinien, die einerseits die Werte einer demokratischen Gesellschaft vertreten und andererseits Raum für Entwicklungen lassen, trägt zu einer qualitativ hochwertigen Betreuung bei.

Aus diesem Grund werden im vorliegenden Masterplan ebenfalls Maßnahmen zur Verbesserung bzw.  zur Optimierung der Arbeitsbedingungen des Betreuungspersonals und der Betreuungsstrukturen vorgesehen.

Partizipation der Akteure:

Vorliegender Masterplan ist unter Einbeziehung der Akteure in der Kinderbetreuung  zustande gekommen.

Zunächst ist das Familienforum vom 27.02.2016 zu erwähnen. Zu diesem Forum wurden alle Bürgerinnen und Bürger über die Presse eingeladen. Zusätzlich wurden alle Akteure in der Kinderbetreuung und im Sozialbereich schriftlich eingeladen. Kindergeld und Kinderbetreuung waren die zentralen Themen dieses Forums. Der öffentlich zugängliche Bericht ist ein bedeutender Input für die Erstellung des Masterplans gewesen.

Neben dem Forum fand am 12.09.2016 eine Abendveranstaltung mit allen Akteuren der Kinderbetreuung statt. An dieser Veranstaltung haben sehr viele Akteure teilgenommen, die auf dem Terrain arbeiten. Eine Reihe der dort ausgearbeiteten Vorschläge wurden in den Masterplan aufgenommen. Der Erstellung des Masterplans geht somit ein bedeutender partizipativer Prozess voraus.

Darüber hinaus finden regelmäßige Treffen mit Regierung und Ministerium und den Tagesmüttern statt, die in dieser Legislaturperiode im Geschäftsführungsvertrag des RZKB als strukturelle Zusammenkunft  eingeführt wurden. Auch bei diesen Treffen sind interessante Bemerkungen gemacht worden, die im vorliegenden Masterplan Berücksichtigung gefunden haben.

Für die Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen werden auch in Zukunft die betroffenen Akteure aktiv mit einbezogen.

Schwerpunkte im Masterplan:

  1. Maßnahmen zur Aufwertung der Tätigkeit als Tagesmutter (konventionierten und selbstständigen Tagesmütter);

  2. Maßnahmen zur Erweiterung der Betreuungsplätze;

  3. Maßnahmen zur Förderung der Inklusion in den Standorten der außerschulischen Betreuung;

  4. Maßnahmen zur sicheren Gestaltung der häuslichen Umgebung der Tagesmütter;

  5. Prozessoptimierung der Zentrums für Kleinkindbetreuung - RZKB;

  6. Innovative Projekte in der Kinderbetreuung.

Langfristiger geschätzter Bedarf an Kinderbetreuung bis zum Jahr 2025:

Ausgehend von der Anzahl der betreuten Kleinkinder (0 bis 2 Jahre), der Bevölkerungsprognose und den registrierten Absagen kann der Bedarf an Kleinkindbetreuung in Ostbelgien bis 2025 geschätzt werden.

Die Summe der Anzahl der betreuten Kleinkinder (862 in 2016) und der registrierten Absagen (65 Familien in 2016, die die Zugangskriterien erfüllten, um in Ostbelgien einen  Betreuungsplatz zu erhalten – Quelle: RZKB) ergibt 927 Kleinkinder, die theoretisch in 2016 einen Betreuungsplatz benötigten. Hätte auch den Familien, die eine Absage erhalten haben, ein Betreuungsplatz bereit gestanden, wäre der Deckungsgrad auf 41,02% geklettert.

Unter Berücksichtigung der Bevölkerungsprognose müssten in Ostbelgien bis zum Jahr 2025 insgesamt 1.007 Kleinkindern ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen.

Doch nicht jedes Kind wird an fünf Tagen pro Woche ganztags betreut. In Ostbelgien wird ein Kinderbetreuungsplatz durchschnittlich von +/- 1,4 Kleinkinder belegt: aktuell verteilen die 862 betreuten Kinder sich auf 610 Kinderbetreuungsplätze.

Ein Betreuungsplatz bei einer Tagesmutter wird durchschnittlich durch 1,2 Kinder und in einer Kinderkrippe durch 1,6 Kinder belegt. Für 1.007 Kleinkinder (+ 145 Kleinkinder) im Jahr 2025 müssten bei einer durchschnittlichen Belegung von 1,4 Kleinkinder/Betreuungsplatz (Tagesmütter und Kinderkrippen) 719 Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stehen.  Dies wären 109 Betreuungsplätze mehr als die tatsächlichen in 2016 verfügbaren Betreuungsplätze.

Werden die im Masterplan vorgesehenen Maßnahmen zur Erweiterung der Betreuungs-kapazitäten umgesetzt, würde der für 2025 errechnete Bedarf größtenteils bereits in 2020 abgedeckt sein. Wenn Betriebe in Ostbelgien betriebsinterne Krippe gründen würden, könnten ebenfalls zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden.

Darüber hinaus sieht der Masterplan eine Reihe von Maßnahmen zur Aufwertung der Tätigkeit als Tagesmutter vor. Da die öffentliche Hand diese Plätze jedoch nicht schaffen kann,  sondern nur die Rahmenbedingungen verbessern kann, besteht die Hoffnung, dass mit denen im Masterplan vorgesehenen Maßnahmen neben den Krippenplätzen auch die Betreuungsplätze bei Tagesmüttern erweitert werden können.

Nachstehend die Übersicht der Erweiterung der Betreuungskapazitäten im Rahmen der im Masterplan vorgesehenen Maßnahmen unter Berücksichtigung der entsprechenden Belegungskapazitäten:

Kinder < 3 Jahre: Betreuungsplätze
in der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Zeitpunkt

Plätze

Koeffizient
der Belegung

Anzahl
 betreute Kinder

 

 

Betreuungsplätze aktuell (konv. Tagesmütter, 2 Krippen+  selbst.  TM)

2016

610

1,4

862

 

 

 

Tagesmütterhaus "Post Minis KG"

September 2017

18

1,6

29

 

 

 

Krippe der drei Gemeinden in Hergenrath

2019

24

1,6

38

 

 

 

Betriebskinderkrippe

Nach 2019

24

1,6

38

 

 

 

Ausbau der Krippe in St. Vith

 

12

1,6

19

 

 

 

Ausbau der Krippe in Eupen

 

12

1,6

19

 

 

 

Ausbau der Krippe in Hergenrath

 

12

1,6

19

 

 

 

Total Kinder und Total Plätze

 

712

 

1.025

 

 

 

Geschätzter Bedarf

 

719

 

1.021

 

 

 

 

 

 

 

 

Zeitplan:

Während einige Projekte schon seit 2015 in der Durchführung sind (Optimierungsanalyse RZKB, Aufbau eines Lastenheftes für ein Onlineportal zur Reservierung von Betreuungsplätzen, Aufwertung der Tätigkeit als Tagesmutter, Aufbau von innovativen Projekten der Kinderbetreuung usw.), sind andere noch in ihrer Vorbereitungs- bzw. Überlegungsphase (Reduzierung der Kredittage der Eltern, Verbesserung des Arbeitsstatuts für konventionierte Tagesmütter usw.).

Unter Punkt 4 des Masterplans besteht eine Übersicht der Maßnahmen die seit 2015 bis zum Frühjahr 2017 bereits umgesetzt wurden.

3.  Finanzielle Auswirkungen:

Die Zustimmung zum Masterplan hat keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen.  Die Umsetzung der jeweiligen Maßnahmen werden der Regierung zum gegebenen Zeitpunkt zur Genehmigung vorgelegt zusammen mit den damit einhergehenden finanziellen Auswirkungen

4. Gutachten:

Der Wirtschafts- und Sozialrates (WSR) hat am 24. Januar 2017 sein  Gutachten zum Entwurf des Masterplans zugestellt. In der vorliegenden Fassung des Masterplans wurde auf eine Reihe von Anmerkungen des WSR eingegangen, die sich insbesondere auf Präzisierungen und auf  Erläuterungen bezogen so z. B. zur Verbesserung des Arbeitsstatuts für Tagesmütter, zum Unterschied zwischen der außerschulischen Betreuung und der Ferienbetreuung, zu den Rahmenbedingung der Betreuung in den Kinderhorten usw. Darüber hinaus hat der WSR am 21. März 2017 zusätzliche Informationen in Bezug auf einige Aussagen im Gutachten erhalten.

5.  Rechtsgrundlage:

Dekret vom 31. März 2014 über die Kinderbetreuung

Erlass der Regierung  vom 22. Mai 2014 über die Dienste und andere Formen der Kinderbetreuung