Sitzung vom 15. Februar 2018

Erster Bericht der Pilotgruppe „Vermittlung und Begleitung wie aus einer Hand“

1. Beschlussfassung:

Die Regierung nimmt den ersten Bericht der Pilotgruppe „Vermittlung und Begleitung wie aus einer Hand“ zur Kenntnis und erkennt die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen den Öffentlichen Sozialhilfezentren, dem Arbeitsamt und der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben bei der Begleitung und Vermittlung von Arbeitsuchenden an. Die Regierung wird die Empfehlungen des Berichtes in zukünftige Reformprozesse einfließen lassen.

Die Vize-Ministerpräsidentin, Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus wird mit der Umsetzung beauftragt.

2. Erläuterungen:

Ein Projekt des Regionales Entwicklungskonzeptes:

Das Projekt „Vermittlung wie aus einer Hand“ ist Teil des Zukunftsprojekt „Beschäftigung steigern - Fachkräfte sichern“ des vierten Bandes des Regionalen Entwicklungskonzeptes.

Im Rahmen der Vorbereitung zum nächsten Regionalen Entwicklungskonzept hat derFachbereich Beschäftigung ein Thesenpapier zur Weiterentwicklung des Projektes eingereicht.

Kontext

Das Arbeitsamt, die Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben (DSL) und die Öffentlichen Sozialhilfezentren (ÖSHZ) haben die Aufgabe, arbeitsuchende Menschen zu begleiten und in Beschäftigung zu vermitteln.

Wie kann die Vermittlung von schwer vermittelbaren Arbeitsuchenden besser gelingen? Wie können ÖSHZ, DSL und Arbeitsamt besser zusammenarbeiten?

Die Pilotgruppe „Vermittlung wie aus einer Hand“, bestehend aus Vermittlern des ÖSHZ-Kelmis, des Arbeitsamtes und der DSL, geht dieser Frage seit Juni 2017 nach.    Die Arbeitsgruppe wird vom Fachbereich Beschäftigung des Ministeriums unterstützt.

Im Dezember 2017 wurde den beteiligten Diensten ein erster Ergebnisbericht dieser Arbeit vorgestellt. Dieser Bericht enthält Empfehlungen für die Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Sozialpolitik.

Erläuterung der strukturellen Verbindungen zwischen den Diensten:

Die Dienste verbindet mehr als die gemeinsame Herausforderung, Arbeitsuchende zu vermitteln. Einige Beispiele:

Gemeinsame „Nutzer“:

Alle Menschen, die Arbeitslosengeld oder Berufseingliederungsgeld (ehemals „Wartegeld“) des LfA-Onem beziehen bzw. beantragt haben, sind verpflichtend beim Arbeitsamt eingetragen. Ihre Suchbemühungen werden vom Arbeitsamt kontrolliert. Darunter sind auch Sozialhilfeempfänger, die ihr Arbeitslosengeld aufstocken oder jugendliche Sozialhilfeempfängerin der „Berufseingliederungszeit“ (ehemals „Wartezeit“).Auch einige Unterstützungssuchende der DSL erhalten Arbeitslosengeld oder Berufseingliederungsgeld.

Sozialhilfeempfänger müssen ihre Bereitschaft zu arbeiten („disposition au travail“) nachweisen. Wer keine „Billigkeitsgründe“ (zum Beispiel Krankheit) vorweisen kann, wird vom ÖSHZ zur Eintragung im Arbeitsamt angehalten.

Die DSL bietet eigene Eingliederungsmaßnahmen an. Wer während dieserMaßnahmen Berufseingliederungsgeld oder Arbeitslosengeld beziehen möchte, benötigt eine „Freistellung“ des Arbeitsamtes. Im Wesentlichen ist die „Freistellung“ die Erlaubnis, an einer „Ausbildungsmaßnahme“ bei Fortzahlung des Arbeitslosengeldes teilnehmen zu dürfen.

„Sozialstatut-unabhängige“ Dienstleistungen und Förderungen:

Die meisten Dienstleistungen des Arbeitsamtes sind für alle Arbeitsuchenden offen, so zum Beispiel das Bewerbungstraining, die Arbeitsvermittlung oderBeratungsleistungen.

Die meisten Integrations- und Ausbildungsangebote nehmen Arbeitsuchende unabhängig vom Ersatzeinkommen“ auf.

Bestimmte vom Verwaltungsrat des Arbeitsamtes „anerkannte“ Ausbildungen und Maßnahmen eröffnen das Recht auf die sogenannte „1-Euro-Prämie“. Voraussetzung: ein Ausbildungsvertrag mit dem Arbeitsamt. Diese Prämie wird auch an Arbeitsuchende ohne Anrecht auf Arbeitslosengeld gezahlt. Der Königliche Erlass vom 11. Juni 2002 zur Sozialhilfe regelt, ob diese Prämie verrechnet wird.

„Aktiva“ ist ein Programm, das die Einstellung von Arbeitsuchenden finanziell fördert. Es richtet sich in erster Linie an Empfänger von Arbeitslosengeld. In den Zugangsbedingungen werden jedoch auch andere Formen von Ersatzeinkommen wie der Sozialhilfe gleichgestellt.

Vermittlungsinstrumente:

Das ÖSHZ und das Arbeitsamt arbeiten jeweils mit einem „Plan“, in dem die Schritte der beruflichen Integrationgemeinsam mit dem Arbeitsuchenden festgehalten werden. Diese „Pläne“ sind in dem jeweiligen rechtlichen Rahmendefiniert.

Alle drei Einrichtungen nutzen unterschiedliche Instrumente zur sozial-beruflichen Bilanzierung. Die Anwendungssituationen unterscheiden sich in den Diensten. Die Dienste nutzen diese Analysen bei der Suche nach passenden „Entwicklungsangeboten“ (Integrationsmaßnahmen, Ausbildungsangebote, Praktika, geförderte Arbeitsplätze in der Sozialökonomie,...) .

Übergänge im Sozialstatut:

Sozialhilfeempfänger, die eine sogenannte „Art60§7“-Maßnahme absolvieren, erarbeiten sich damit das Anrecht auf Arbeitslosengeld. Finden sie nach der Maßnahme keine Arbeit, werden sie zu Arbeitslosengeld-Empfängern im Arbeitsamt und verlassen das ÖSHZ.

Arbeitsuchende können ihr Anrecht auf Arbeitslosengeld verlieren (verschiedene Ursachen). Einige Arbeitsuchende beantragen anschließend Sozialhilfe.

Ist das Haushaltseinkommen jedoch zu hoch, haben sie möglicherweise keinen Anspruch auf Ersatzleistung. Sie können sich dann freiwillig im Arbeitsamt eintragen.

Synthese der Inhalte des ersten Berichtes:

Der erste Bericht spiegelt jene Themen wieder, die den teilnehmenden Vermittlern der drei Dienste besonders am Herzen liegen. Er enthält vier Kapitel:

Vermittlung und Begleitung wie aus einer Hand: Auftrag und Vision

Was bedeutet eigentlich „Vermittlung wie aus einer Hand“? Und wie kann der Weg hin zu einer „Vermittlung wie aus einer Hand“ gelingen?

Die Pilotgruppe hat Vorschläge entwickelt, wie die Zusammenarbeit der Dienste gestärkt werden kann, um langfristig die Dienstleistungen „wie aus einer Hand“ anbieten zu können.

Schwerpunktthema Qualifizierung

Die Qualifizierung von Arbeitsuchenden ist für die Vermittler der drei Dienste ein zentrales Thema. In dem Bericht zeigen die Vermittler über verschiedene Ansätze, wie die Qualifizierungsangebote verbessert werden könnten.

Die Vorschläge behandeln folgende Themen: Lehre über 30, die Partnerschaftskonvention für ÖSHZ-Kunden, Anpassungen der Fördermechanismen, Vorfinanzierungsangebote für finanzschwache Arbeitsuchende, den Ausbau von kurzen Qualifizierungsangeboten, den Ausbau der Angebotspalette insgesamt oder stärkere Begleitung bei individuellen Ausbildungsangeboten im Betrieb.

Schwerpunktthema Integrationsmaßnahmen

Das Arbeitsamt, die ÖSHZ und die DSL können ihren Arbeitsuchenden einen Platz in einer sogenannten „Integrationsmaßnahme“  anbieten.

Wie können die Chancen der Teilnehmer nach dem Projekt verbessert werden? Über diese und weitere Fragen sprach die Pilotgruppe mit den Verantwortlichen von Cardijn und Proaktiv, zwei Trägern von  Integrationsmaßnahmen.

Die Ergebnisse sind in diesem ersten Bericht aufgelistet.

Was uns im Alltag bewegt: drei Sonderthemen.

Die drei in diesem Kapitel behandelten Themen sind:

Die Informationsverwaltung: vom Leid mit den Daten.

Dieser Punkt zeigt auf, wie aufwändig und auch fehleranfällig die Verwaltung der personenbezogenen Daten ist. Eine gemeinsame technische Basis mit  selektiven elektronischen Datenzugängen könnte  hier eine Lösung sein.

Krankheiten in der Vermittlung

Alle drei Dienste arbeiten – in unterschiedlicher Häufigkeit - mit physisch oder psychisch beeinträchtigen Menschen. Die Herausforderungen:

Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss erkannt und benannt werden. Sind Therapien nötig?

Welche Folgen ergeben sich daraus für die beruflichen Integration? Mediziner, Vermittler und ggf. Arbeitgeber oder Ausbildungsträger müssen sich verstehen.

Abklärung der sozialen Sicherheit: Welches Sozialstatut ist geeignet? Welches Ersatzeinkommen ist möglich? Gibt es Verpflichtungen oder Risiken? Die Antwort ist je nach Erwerbsbiographie und Krankheit unterschiedlich.

Welche Angebote der beruflichen Integration kommen in Frage?

Doppeleintragungen und Doppelverpflichtungen:

Manche Arbeitsuchende sind nicht nur beim ÖSHZ und beim Arbeitsamt eingetragen, sondern müssen zusätzlich in beiden Einrichtungen verpflichtend einen „Plan“ zur beruflichen Eingliederung abschließen.

Dies ist zum Beispiel bei jugendlichen Sozialhilfeempfängern in der Berufseingliederungszeit der Fall. Dieser Plan heißt im Arbeitsamt „Aktionsplan“ und im ÖSHZ „individuelles Projekt zur sozialen Eingliederung“ (meist PIIS abgekürzt). Jeder „Plan“ ist an rechtliche Bestimmungen gebunden. Die Pilotgruppe schlägt vor, wie sie mit diesen Situationen praktisch umgehen möchte. 

In jedem Kapitel werden Praxisbeispiele aufgeführt und Empfehlungen gegeben.

Die Pilotgruppe wird Mitte des Jahres 2018 einen Abschlussbericht vorlegen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten:

Es sind keine Gutachten erforderlich.

5. Rechtsgrundlage:

keine