Sitzung vom 15. Februar 2018

Entwurf eines Dekrets über die Familienleistungen

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Entwurf des Dekrets über die Familienleistungen.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen.

2. Erläuterungen:

Vorliegender Dekretentwurf reformiert die Familienleistungen, für die die Deutschsprachige Gemeinschaft im Rahmen der sechsten Staatsreform zuständig geworden ist, und schafft dazu eine neue und einheitliche Rechtsgrundlage.

Der Dekretentwurf setzt das Konzept zur Übernahme der Familienleistungen um, welches die Regierung am 2. September 2016 verabschiedet hat.

Die im Rahmen vorliegenden Dekretentwurfs geregelten Familienleistungen umfassen das Kindergeld sowie die Geburts- und der Adoptionsprämie. Bei dem Kindergeld handelt es sich um regelmäßige Zahlungen. Die Prämien sind einmalige Zahlungen. Diese Leistungen dienen dazu, allen Kindern Entwicklungs- und Entfaltungschancen zu bieten, einen teilweisen Ausgleich der erhöhten Kosten des Haushalts aufgrund der Unterhaltkosten von einem oder mehreren Kindern zu bieten und die Kinderarmut zu bekämpfen.

Wichtigste Unterschiede zum heutigen System sind das Recht des Kindes aufgrund des Wohnortes sowie ein einheitliches Basiskindergeld für alle Kinder, unabhängig vom Alter des Kindes oder der Anzahl Kinder in der Familie. Dementsprechend werden die Alterszuschläge und die unterschiedliche Höhe des Basiskindergeldes je nach Rang des Kindes abgeschafft. Daneben werden ein Jahreszuschlag,  ein Sozialzuschlag, ein Zuschlag für Waisen und  ein Zuschlag für kinderreiche Familien gewährt.

Nachfolgend eine Übersicht der Unterschiede zwischen dem aktuellen und dem zukünftigen Familienleistungssystem.

Aktuelles System

Neues System

Recht aufgrund der berufsständischen Situation der Eltern.

 

Für Kinder, die aufgrund der  berufsständischen  Situation der Eltern kein Recht eröffnen, besteht das System der garantierten Familienleistungen.

Jedes Kind, das im deutschen Sprachgebiet seinen Wohnsitz hat, hat Recht auf Kindergeld.

 

Das System der garantierten Familienleistungen wird aufgehoben.

Bedingungsloses Recht bis zum August des Jahres, in dem das Kind 18 wird .

Jedes Kind hat ein bedingungsloses Recht auf Kindergeld bis einschließlich zu dem Monat, in dem es 18 Jahre alt wird.

Recht als Schulabgänger während 360 Tagen mit eventueller Verlängerung.

Das Recht als Schulabgänger gilt während 12 Monaten nach dem Ende des bedingungslosen Rechtes oder des Rechtes aufgrund der Ausbildung.

Der Basisbetrag ist je nach Rang unterschiedlich.

Der Basisbetrag wird einheitlich. Ein allgemeiner Zuschlag ab dem dritten Kind wird eingeführt.

Kinder ab 6 Jahren erhalten einen Alterszuschlag.

Der Alterszuschlag wird aufgehoben.

Der Jahreszuschlag ist abhängig vom Alter des Kindes und davon, ob es Recht auf einen Sozialzuschlag hat.

Der Jahreszuschlag wird vereinheitlicht.

Arbeitslose, Rentner, Invalide, Langzeitkranke oder Alleinerziehende, die eine Einkommensgrenze nicht überschreiten erhalten einen Sozialzuschlag.

Das Kind, das Recht auf eine erhöhte Beteiligung der Gesundheitspflegeversicherung  hat, hat Recht auf einen Sozialzuschlag

Der Sozialzuschlag ist je nach Rang unterschiedlich und nimmt mit dem Rang ab.

Der Sozialzuschlag wird vereinheitlicht.

Voll- und Halbwaisen erhalten erhöhtes Waisenkindergeld.

Voll- und Halbwaisen erhalten den Basisbetrag. Vollwaisen haben Recht auf einen spezifischen Zuschlag.

Pauschale für leibliche Eltern von Pflegekindern

Leibliche Eltern von Kindern in Pflegefamilien oder in Einrichtungen können bei spezifischem Bedarf individuell im Bereich Jugendhilfe finanziell unterstützt werden.

Ein Drittel des Kindergeldes wird für Kinder, die in einer Einrichtung untergebracht sind, auf ein Sperrkonto des Kindes gezahlt, oder aber  an den vorherigen Kindergeldempfänger.

Diese Möglichkeit besteht für Pflegekinder nicht.

Für Kinder, die im Rahmen der Jugendhilfe oder des Jugendschutzes in einer Pflegefamilie oder einer Einrichtung untergebracht sind, wird im Bereich der Jugendhilfe eine finanzielle Unterstützung zur Förderung ihrer Integration bei Beendigung der Maßnahme gewährt. .

Zwei Drittel des Kindergeldes für Kinder, die in einer Einrichtung untergebracht sind, wird  an die Einrichtung bzw. die Gemeinschaft, die die Einrichtung bezuschusst oder die Kosten für die Unterbringung übernimmt, gezahlt.

Bei Unterbringung des Kindes in einer Einrichtung wird ein Drittel  des Kindergeldes an den Kindergeldempfänger gezahlt. Zwei Drittel werden an die Einrichtung, die die Kosten für die Unterbringung übernimmt, gezahlt.

Prinzipiell ist die Mutter der Empfänger des Kindergeldes.

Das Kindergeld wird an den Elternteil gezahlt, der denselben Wohnsitz wie das Kind hat.

 

Haben beide Elternteile denselben Wohnsitz, erhält die Mutter bzw. bei gleichgeschlechtlichen Eltern der ältere Elternteil das Kindergeld.

Hat keiner der Elternteile denselben Wohnsitz wie das Kind, erhält die Person, die das Kind tatsächlich großzieht das Kindergeld (z.B. Großeltern, Pflegefamilie, …).

Die Geburts- und Adoptionsprämie sind je nach Rang unterschiedlich

Die Prämien werden vereinheitlicht.

Die Familienleistungen werden indexiert

Die Familienleistungen werden an die Schwankungsrate des durchschnittlichen Verbraucherpreisindexes und 25 % des realen Wachstums des Bruttoinlandsprodukts pro Einwohner angepasst.

Die repräsentativen Organisationen der Arbeitgeber, die repräsentativen Organisationen der Arbeitnehmer und die Organisationen, die die Interessen der Familien vertreten sind Teil des Verwaltungsrates der föderalen Agentur für Kindergeld, Famifed.

Es wird eine dekretale Grundlage für den Rat für Familienleistungen geschaffen, der die Regierung in allen Fragen der Familienleistungen berät.  Die repräsentativen Organisationen der Arbeitgeber, die repräsentativen Organisationen der Arbeitnehmer und die Organisationen, die die Interessen der Familien vertreten, sind Mitglied des Rates.

 

 

Das Dekret soll am 1. Januar 2019 in Kraft treten. Zu diesem Zeitpunkt übernimmt die Deutschsprachige Gemeinschaft auch die Verwaltung und Auszahlung der Leistungen.

Für Familien, die vor Januar 2019 bereits Kindergeld erhalten, wird gemäß dem Konzept zur Übernahme der Familienleistungen der Betrag, den sie im Dezember 2018 erhalten haben festgehalten und weitergezahlt, bis es zu einer Änderung der Anzahl berechtigten Kinder kommt oder bis der neue Betrag vorteilhafter ist.

Neben diesen inhaltlichen Bestimmungen umfasst das Dekret eine Reihe von Verfahrensbestimmungen.

Für weitere Erläuterungen wird auf die allgemeine Begründung des Dekretentwurfes verwiesen.

Im Anschluss an die zweite Lesung wurde das Gutachten des Staatsrates angefragt. 

Neben formaljuristischen Änderungen wurden im Anschluss an die zweite Lesung weiterhin folgende Änderungen vorgenommen :

Das Familiengericht wird künftig lediglich für Streitfälle in Bezug auf die Bestimmung des Empfängers der Familienleistungen oder Einsprüche gegen die Auszahlung der Leistung an einen bestimmten Empfänger zuständig. Das Arbeitsgericht hingegen verfügt weiterhin über eine allgemeine Zuständigkeit;

Die Erläuterungen zum territorialen Anwendungsbereich wurden erweitert;

Die Erläuterungen zur Einhaltung des Standstillprinzip, der einen Rückschritt der sozialen Rechte verbietet, wurde erweitert;

Der Betrag des Zuschlages bei Beeinträchtigung wurde in den im Dezember 2018 festgehaltenen Betrag integriert und somit für die Übergangsregelung berücksichtigt;

Das verlängerte Anrecht (Anrecht nach Ende der Ausbildung) wurde korrigiert um das Konzept über die Familienleistungen korrekt umzusetzen; Kinder mit Beeinträchtigung können ab 21 Jahren Anrecht aufföderale Leistungen fürerwachsene Personen mit Beeinträchtigung haben und haben deshalb kein Anrecht auf Kindergeld;

Die Verjährungsfrist für das Einfordern der Leistung durch den Bürgern und für das Zurückfordern von zu Unrecht gezahlten Beträgen durch die Regierung wurden vereinheitlicht;

Gewisse Bestimmungen, die das Antrags- und Bearbeitungsverfahren betreffen wurden abgeändert, um eine effiziente Verwaltung zu ermöglichen;

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Kosten der Leistungen, die im vorliegenden Dekretentwurf vorgesehen sind, wurden geschätzt mit Hilfe von Simulationen der föderalen Agentur für das Kindergeld, FAMIFED.

Im  Dekretentwurf wird für die Familien, auf die das neue System negative finanzielle Auswirkungen hätte, eine Übergangsregelung vorgesehen. Da somit für jeden Empfänger der vorteilhafte Betrag gewählt wird, entstehen Mehrkosten im Vergleich zum heutigen System.

Auf Grundlage von Simulationen von Famifed, konnten für das Jahr 2019, Kosten in Höhe von 36.614.181  Euro errechnet werden.

Bei Beibehaltung des heutigen Systems würden 2019 Kosten in Höhe von 35.283.527 Euro entstehen. Vorliegender Dekretentwurf würde somit, , im Jahr 2019 zu Mehrausgaben im Vergleich zum heutigen System in Höhe von 1.330.654 Euro führen.

Im Konzept zur Übernahme der Familienleistungen hat die Regierung für die verschiedenen Leistungen Beträge festgehalten. Diese sollen jedoch bis zum Inkrafttreten des neuen Systems der Indexentwicklung angepasst werden. Seit der Verabschiedung des Konzeptes wurde der Index einmal, im Mai 2017, überschritten. Diese einmal indexierten und um vollständigen Euro gerundeten Beträge sind die im Dekretentwurf enthaltenen Beträge. Das Planbüro geht im Januar 2018 davon aus, dass 2018 keine weitere Indexüberschreitung stattfindet.

Sollten dennoch weitere Indexierungen stattfinden, sind die Beträge im Dekretentwurf abzuändern.

Leistung

Dekretentwurf (Aktueller Index

seit Mai 2017)

Eine weitere Indexierung

Zwei weitere Indexierungen

Basiskindergeld

154 €

157 €

160 €

Jahreszuschlag

51 €

52 €

53 €

Zuschlag für kinderreiche Familien

133 €

135 €

138 €

Sozialzuschlag

73 €

75 €

76 €

Waisenzuschlag

235 €

239 €

244 €

Geburts- und Adoptionsprämie

1122 €

1144 €

1167 €

Gesamtkosten

36.614.181 €

37.346.465 €

38.093.394 €

Kosten heutiges System

35.283.527 €

35.989.198 €

36.708.982 €

Unterschied zum heutigen System

  1.330.654 €

  1.357.267 €

  1.384.413 €

Diese Finanzsimulationen umfassen nicht die Verwaltungs- und Personalkosten, die mit der eigenständigen Übernahme der Verwaltung und Auszahlung des Kindergeldes entstehen.

4. Gutachten:

Das Gutachten 62.149/1 des Staatsrats vom 8. Dezember 2017 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 5 §1 IV und Artikel 94 §1bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen.

Artikel 4 §2 des Gesetzes vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.