Sitzung vom 15. Februar 2018

Dekretvorentwurf über die Angebote für Senioren und Personen mit Unterstützungsbedarf sowie über die Palliativpflege

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Vorentwurf eines Dekretes über die Angebote für Senioren und Personen mit Unterstützungsbedarf und über die Palliativpflege.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Ausschusses für den Schutz des Privatlebens zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Beirats für Wohn-, Begleit- und Pflegestrukturen für Senioren sowie für die häusliche Hilfe zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für ein selbstbestimmtes Leben zu beantragen.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Im Rahmen der sechsten Staatsreform wurden der Deutschsprachigen Gemeinschaft unter anderem die Zuständigkeiten der Finanzierung und der Normen der Alten- und Pflegewohnheime, der Preiskontrolle für den Sektor der Aufnahmeeinrichtungen für Senioren, sowie der Palliativpflege übertragen.

Durch die Kompetenzübertragung hat die Deutschsprachige Gemeinschaft die Möglichkeit, den gesamten Seniorenbereich von der häuslichen Hilfe über die teilstationären und die stationären Angebote eigenständig zu gestalten. Daraus ist die Notwendigkeit entstanden, ein kohärentes Regelwerk zu schreiben, welches die bestehenden Gesetzestexte vereint und durch neue Angebote und Finanzierungsgrundlagen der demografischen Veränderung gerecht wird. Auch wird dem Lebensende und dem Sterben in Würde eine besondere Bedeutung zuteil.

Zentral im Dekretvorentwurf sind die Bedarfe der Senioren und der Personen mit Unterstützungsbedarf und deren Rechte. Dies wird ein Umdenken der Träger mit sich bringen, die einerseits ihre Angebotspalette erweitern können und anderseits verstärkt in Netzwerken der durch die Regierung definierten Wohnhilfezonen zusammenarbeiten werden müssen. Wenn es auch der Wunsch vieler Senioren ist, so lange wie möglich zuhause zu leben, wird durch die Änderungen des Dekretvorentwurfs wohnortsnah ein ausreichendes Angebot an Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, ob sie nun häuslich oder eben auch teilstationär, stationär oder zur Entlastung der Angehörigen beitragen. Der Senior soll je nach Bedarf, Pflegebedürftigkeit und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft, das bestmögliche Angebot wahrnehmen können.

Die bestehenden Vorgaben der Programmierung und der Genehmigung wurden auf die Vereinbarkeit mit der Dienstleistungsrichtlinie geprüft und entsprechend angepasst. Diesbezüglich wird ein Gutachten eines Expertenbüros beantragt werden, um die Vereinbarkeit der Bestimmungen des vorliegenden Dekretvorentwurfs mit der Dienstleistungsrichtlinie weiter zu überprüfen.

Die Dienste der häuslichen Unterstützung werden, wie bisher, anhand von Pauschalen oder Stundenpaketen finanziert.

Für die Wohn- und Pflegehäuser für Senioren (WPHS), ehemals Alten- und Pflegewohnheime, wird eine ganz neue vereinfachte Finanzierungsgrundlage geschaffen.

Haushaltstechnisch wird der Zuschuss für jeden Standort ausgehend von 2 Pflegekategorien und zwei entsprechenden pauschalen Tagespreisen sowie einem zusätzlichen pauschalen Tagespreis für die Kurzaufenthalte, der Anzahl Plätze für die unterschiedlichen Pflegekategorien und der Belegung errechnet. Hinzu kommen ein personalbezogener Zuschuss und ein Zuschuss für die Mobilitätshilfen. Um den Herausforderungen des demografischen Wandels gerecht zu werden, wurde mit den Wohn- und Pflegehäusern für Senioren (WPHS) der Prozentsatz der Anzahl pflegebedürftiger Bewohner, mittels einer Übergangsfrist von 10 Jahren, in allen Einrichtungen auf 82 % angehoben. 5% der Plätze werden für Kurzaufenthalte zur Verfügung gestellt, die restlichen 13% werden für geringpflegebedürftige Personen vorgesehen.

Die Schaffung von innovativen Angeboten bleibt, wie bisher, über ein Pilotprojekt möglich.

Die kommunalen Gremien für Senioreninteressen und der die Regierung beratende Beirat bleiben bestehen.

Zur Vorbereitung des vorliegenden Dekretvorentwurfs wurden zahlreiche Gespräche mit allen wichtigen Akteuren geführt, insbesondere vor dem Hintergrund der wesentlichen Änderungen für die WPHS, mit Vertretern des Netzwerkes der Altenheimdirektoren (NAH), der Familien- und Seniorenhilfe und dem Palliativpflegeverband. Den Bemerkungen der AG Staatsreform wurde auch Rechnung getragen. 

3. Finanzielle Auswirkungen:

Vorliegendes Dekret hat folgende finanzielle Auswirkungen zur Folge:

Bis zum 31. Dezember 2018 wird im Rahmen der Übergangszeit in Folge der 6. Staatsreform die Finanzierung laut einem komplexen, bestehenden System vorgenommen. Es werden jährlich circa 18,5 Millionen € für die Bezuschussung der Wohn- und Pflegehäuser für Senioren, der Kurzaufenthalte und der Tagespflege durch das LIKIV über den Haushaltposten OB 50 PR 17 ZW 34.32 ausgegeben. Ab Inkrafttreten des vorliegenden Dekretentwurfs beginnt eine Übergangsperiode von 9 Jahren. Den WPHS wurde zugesagt, dass sie ab diesem Datum eine gleichbleibende Bezuschussung erhalten würden. Anhand von Geschäftsführungsverträgen werden die zu erreichenden neuen Vorgaben progressiv eingeführt.

Für die Dienste der häuslichen Hilfe werden auch weiterhin rund 3,1 Millionen € jährlich über den Hausposten OB 50 PR 17 ZW 33.03 ausgegeben.

Pilotprojekte sind in den Haushaltsposten OB 50 PR 17 ZW 33.04 und 43.00 weiterhin jährlich vorgesehen.

Auch für Tätigkeiten im Bereich der Senioren werden weiterhin rund 41.000 € über die Haushaltsposten OB 50 PR 17 ZW 33.02 und 43.01 ausgegeben.

Die Unterstützung von Ausbildungs- und Begleitmaßnahmen für den ehrenamtlichen Einsatz wird mit circa 117.000€ über den Haushaltsposten OB 50 PR 17 ZW 33.01 bezuschusst.

Die Zuschüsse für Mobilitätshilfen an die WPHS werden ebenfalls weiterhin mit circa 65.000€ über die Haushaltsposten OB 50 PR 17 ZW 51.21, 51.22 und 52.20 bezuschusst.

Der Bereich bleibt also vorerst kostenneutral.

Betrachtet man die Gesamtanzahlplätze der Wohn- und Pflegehäuser für Senioren in Ostbelgien, haben wir momentan einen Proporz von 60% pflegebedürftiger Bewohner zu 40% geringpflegebedürftiger Bewohner. Mit dem Erreichen in 9 Jahren eines Anteils von 82% pflegebedürftiger Bewohner in den WPHS, werden die Kosten allerdings zunehmen. Die Tagespauschale für diese Pflegekategorie wird höher liegen als der für geringpflegebedürftige Senioren.

Die Veränderung des Pflegeprofils der Bewohner der Wohn- und Pflegehäuser für Senioren hat auch weitere nicht zum jetzigen Zeitpunkt bezifferbare Konsequenzen: die alternativen Wohnformen und die Angebote der häuslichen Unterstützung müssen entsprechend erweitert werden, um die Verringerung der geringpflegebedürftigen Senioren in den WPHS aufzufangen und die Entwicklungen des demografischen Wandels zu berücksichtigen.

Wir verweisen für diese Ausgaben auf die Ausgabensimulation im Seniorenbereich, die die Consulting Firma BDO im Rahmen der Studie zur Pflegeversicherung im Auftrag der Regierung erstellt hat und die die in diesem Dekretvorentwurf vorgesehene Entwicklung der Angebote und die einhergehende Entwicklung der Kosten berücksichtigt.

4. Gutachten:

Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 5. Februar 2018 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen Artikel 5 §1 römisch I Nummer 3 und Artikel 5 §1 römisch II Nummer 5.

Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4§2.