Sitzung vom 20. März 2018

Übernahme der Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen zum 1. Januar 2019

1. Beschlussfassung:

In Anwendung von Artikel 94 §1bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen beschließt die Regierung die Verwaltung und Auszahlung des Kindergeldes zum 1. Januar 2019 eigenständig zu übernehmen.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Artikel 94 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen sieht folgendes vor:

Art. 94 - [§ 1] - Unbeschadet der Bestimmungen von Artikel 83 §§ 2 und 3 üben die Behörden, die durch die Gesetze und Verordnungen in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaften und der Regionen fallen, mit Befugnissen betraut worden sind, diese Befugnisse weiterhin nach den durch die bestehenden Regeln festgelegten Verfahren aus, solange ihre [Parlamente] oder ihre [Regierungen] diese Regeln nicht abgeändert oder aufgehoben haben.

 1bis - In Abweichung von Paragraph 1 bleiben die mit der Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen betrauten Einrichtungen spätestens bis zum 31. Dezember 2019 gegen vollständige Vergütung mit ihren Befugnissen betraut.

Solange diese Einrichtungen mit ihren Befugnissen betraut bleiben, kann weder eine Gemeinschaft noch die Gemeinsame Gemeinschaftskommission die Änderungen der wesentlichen Elemente dieser Verwaltung und Auszahlung oder der inhaltlichen Regeln, die eine bedeutende Auswirkung auf die Verwaltung oder Auszahlung haben, in Kraft treten lassen.

Zwischen dem Inkrafttreten des vorliegenden Paragraphen und dem Zeitpunkt, zu dem alle Gemeinschaften und die Gemeinsame Gemeinschaftskommission die Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen gemäß Absatz 4 wahrnehmen, können die Gemeinschaften und die Gemeinsame Gemeinschaftskommission gemeinsam durch ein Zusammenarbeitsabkommen nach Absprache mit den in Absatz 1 erwähnten Einrichtungen Änderungen an den wesentlichen Elementen der Modalitäten der Verwaltung und dieser Auszahlung oder an den inhaltlichen Regeln, die eine bedeutende Auswirkung auf die Verwaltung oder Auszahlung der Familienleistungen haben, vornehmen. Diese Änderungen finden Anwendung auf die Gemeinschaften und die Gemeinsame Gemeinschaftskommission, die die Verwaltung und Auszahlung noch nicht selbst wahrnehmen.

Jede Gemeinschaft und die Gemeinsame Gemeinschaftskommission nehmen ab dem 1. Januar 2020 vollständig, selbst oder über Einrichtungen, die sie schaffen oder denen sie Zulassung erteilen, die Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen wahr. Eine Gemeinschaft oder die Gemeinsame Gemeinschaftskommission kann jedoch, jede für ihren Bereich, beschließen, die Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen selbst oder über Einrichtungen, die sie schafft oder denen sie Zulassung erteilt, vorzeitig wahrzunehmen. In diesem Fall notifiziert die Gemeinschaft oder die Gemeinsame Gemeinschaftskommission dem Föderalstaat diesen Beschluss mindestens neun Monate vor der Übernahme. Diese Übernahme erfolgt per 1. Januar, und zwar frühestens am 1. Januar 2016.

Vom 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2015 mussten die Gemeinschaften die aktuelle föderale Behörde „Famifed“ gegen Entgelt mit der Verwaltung und Auszahlung des Kindergeldes beauftragen. Zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 1. Januar 2020 konnte jede Gebietskörperschaft beschließen das Kindergeld eigenständig zu verwalten und auszuzahlen. Demnach konnte ein Austritt zum 1. Januar 2016, 2017, 2018 oder 2019 entschieden werden. Ab dem 1. Januar 2020 muss jede Gebietskörperschaft das Kindergeld eigenständig verwalten und auszahlen.

Der Austritt aus dem aktuellen System sollte aus verwaltungstechnischen Gründen bei Möglichkeit durch alle Gebietskörperschaften gleichzeitig erfolgen, ohne, dass dies eine rechtliche Bedingung für den Ausstieg darstellt.   

Sowohl Flandern als auch die Wallonische Region haben signalisiert, dass sie zum 1. Januar 2019 aussteigen wollen und werden demnach noch in diesem Monat dem Föderalstaat ihren entsprechenden Beschluss zustellen. Das Dekret über das Kindergeld in der Wallonischen Region wurde bereits verabschiedet und tritt am einem durch die Regierung festzulegenden Datum in Kraft. Das Dekret der Flämischen Gemeinschaft wird in Kürze vom Parlament verabschiedet und tritt am 1. Januar 2019 in Kraft.

Der Dekretentwurf über die Familienleistungen für die Deutschsprachige Gemeinschaft sieht das Inkrafttreten der neuen Regelung ebenfalls zum 1. Januar 2019 vor

Seit Beginn diesen Jahres aktualisiert der Fachbereich Familie und Soziales zusammen mit dem Fachbereich Informatik monatlich ein Risikoregister in Verbindung mit der Übernahme zum 1. Januar 2019 (Anlage).

Wie bei vielen anderen Zuständigkeiten, die die Gemeinschaft im Rahmen der 6. Staatsreform übertragen bekommt hat, spielen neben der Ausarbeitung der Regelgebung die Informatikanwendungen eine sehr bedeutende Rolle. Bei den Informatikanwendungen im Bereich des Kindergeldes  handelt es sich zum einen um die Errichtung eines eigenen Verwaltungs- und Auszahlungssystems, die Migration von Daten aus bestehenden Kindergeldakten sowie die Ausarbeitung von Datenflüssen. In den beiden letzten Bereichen hängt der Fortschritt stark von den Partnern insbesondere der Kindergeldkassen und der Datenbank der Sozialen Sicherheit ab. Da die Auswirkungen einer fehlerhaften oder verspäteten Übertragungen hoch sind und wir diesen Teil nur bedingt beeinflussen können, ist die Eintrittswahrscheinlichkeit in dem Risikoregister mit hoch bzw. sehr hoch aufgeführt. Mit diesen Risiken sind die beiden anderen Gemeinschaften in gleicher Weise konfrontiert.

Dass die Vorbereitungen trotz dieser Risiken und der umfassenden und vielschichtigen Herausforderungen dennoch zügig vorangehen ist den Projektleitern im FB Informatik und im FB Familie und Soziales, der konstruktiven Zusammenarbeit zwischen Ministerium und Kabinett sowie der FB lokale Behörden, Finanzen, Kommunikation und Infrastruktur zu verdanken.

3. Finanzielle Auswirkungen

Die finanziellen Auswirkungen sind die, die bereits mit der Verabschiedung des Dekretentwurfes dargelegt wurden und sich wie folgt darstellen:

Auf Grundlage von Simulationen von Famifed und der Anpassung an den Ende 2018 geltenden Index, konnten für das Jahr 2019, Kosten in Höhe von 37.346.465 Euro errechnet werden.

Bei Beibehaltung des heutigen Systems würden 2019 Kosten in Höhe von 35.989.198 Euro entstehen. Vorliegender Dekretentwurf würde somit im Jahr 2019 zu Mehrausgaben im Vergleich zum heutigen System in Höhe von 1.357.267 Euro führen.

Anhand der Schätzungen des benötigten Personal ausschließlich für die Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen können die Personalkosten auf 605.153 EUR pro Jahr geschätzt werden, von einem Dienstalter von 5 Jahren ausgehend. Hinzu kommen die Kosten für Gebäude, die Informatik und die Personalkosten der unterstützende Dienste (Personal, Finanzen, Logistik, Informatik).

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 14. März 2018 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 94 §1bis des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen