Sitzung vom 19. September 2018

Erlass der Regierung zur Abänderung verschiedener Bestimmungen im Psychiatriebereich

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in zweiter und letzter Lesung den Erlass zur Abänderung  verschiedener Bestimmungen im Psychiatriebereich.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Im Rahmen der sechsten Staatsreform übernimmt die Deutschsprachige Gemeinschaft zum 1. Januar 2019 die vollständige Zuständigkeit für die Planungspolitik, Qualitätssicherung und Finanzierung des Begleiteten Wohnens und  des psychiatrischen Pflegewohnheims. Der Psychiatrieverband wurde zum 1. Januar 2015 an die Deutschsprachige Gemeinschaft übertragen. Die Mittel des Begleiteten Wohnens, des psychiatrischen Pflegeheims und des Psychiatrieverbands waren Bestandteil des Budgets vom LIKIV bzw. FÖD Volksgesundheit und werden zum 1. Januar 2019 an die Gemeinschaften übertragen.

In der Deutschsprachigen Gemeinschaft gibt es eine VoG „Begleitetes Wohnen“, ein psychiatrisches Pflegewohnheim und einen Psychiatrieverband.

Das Begleitete Wohnen ist eine Wohneinrichtung für Menschen mit geringem Betreuungsbedarf. Das Angebot richtet sich an erwachsene stabilisierte Personen, mit einer psychischen Erkrankung. Das Begleitete Wohnen verfügt über 18 Plätze.

Zum Begleiteten Wohnen gehört zudem der psychiatrische Begleitdienst, der Erwachsene mit einer psychischen Erkrankung in ihrem Lebensumfeld unterstützt. Der Dienst ist allen Bürgern zugänglich.

Das psychiatrische Pflegewohnheim ist ein Wohnheim für Personen mit stabilisierter psychischer Erkrankung. Diese Personen sind nicht mehr fähig selbständig einen Haushalt zu führen und benötigen ständige Begleitung. Die Absicht ist, ein wohnähnliches Umfeld mit Betreuungs-, Pflege-, Beschäftigungs- und womöglich auch Aktivationsangeboten zu schaffen. Der Fokus liegt auf Begleitung und Tagesstrukturierung sowie auf die Pflege der psychischen Erkrankung. Das psychiatrische Pflegewohnheim verfügt über 30 Plätze.

Der Psychiatrieverband ist eine Konzertierungsplattform der Organisationen im Psychiatriebereich. Der Psychiatrieverband zeigt die Bedürfnisse an psychiatrischen Dienstleistungsangeboten in der Deutschsprachigen Gemeinschaft auf.

Im Rahmen des vorliegenden Erlasses soll für diese Einrichtungen und Dienste eine Grundlage geschaffen werden, um die Übergangsfinanzierung zu regeln. Dadurch kann jeweils ein Jahresvertrag mit der Regierung geschlossen werden.

Parallel dazu wird an einem Konzept zur Vision Psychiatrie gearbeitet, welches seinen Niederschlag in der nächsten Legislaturperiode (2019-2024) in einem neuen Dekret zur psychiatrischen Versorgung finden soll.

Nach Rücksprache mit dem FÖD Volksgesundheit ist in vorliegendem Fall kein Gutachten beim nationalen Krankenhausbeirat anzufragen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Deutschsprachige Gemeinschaft gewährleistet eine Kontinuität der Finanzierung

der Einrichtungen. In diesem Rahmen werden die finanziellen Mittel der letzten Haushaltsjahre, die in der Zuweisung OB 50.16-34.32 „Zuwendung an das LIKIV im Rahmen der Übergangsperiode der 6. Staatsreform“ vorgesehen. Dabei handelt es sich um za. 40.000 EUR für den Psychiatrieverband, za. 550.000 EUR für das Begleitete Wohnen Ostbelgiens und za. 1.300.000 EUR für das psychiatrische Pflegewohnheim. Diese Beträge entsprechen den Durchschnittsausgabewerten der Vorjahre (Angaben LIKIV seit 2014 - Übergangsperiode).

4. Gutachten:

Das Gutachten des Staatsrates Nr. 63.860/1/V vom 21. August 2018 liegt vor.

Neben einigen technischen Bemerkungen, die übernommen wurden wie vorgeschlagen, äußerte der Staatsrat seine Bedenken gegenüber der im Erlassentwurf festgehaltenen Vorgehensweise, die Finanzierung von psychiatrischen Pflegewohnheimen, von Initiativen des begleiteten Wohnens und von Verbänden psychiatrischer Anstalten und Dienste auf dem deutschen Sprachgebiet nur noch per Vertrag und nicht mehr durch allgemeingültige Vorschriften mit Verordnungscharakter, d.h. durch einen Rechtstext, zu regeln.

Zum einen sind nach Ansicht des Staatsrates allgemeine Rechtsregeln transparenter als vertraglich festgelegte Bestimmungen und bieten sicherere Garantien für den Bürger und Dritte. Zum anderen besteht die Gefahr, dass durch den Abschluss eines Vertrags die Anerkennungsvorgaben der Einrichtungen umgangen werden, indem in dem betreffenden Vertrag mehr als nur die bloße Finanzierung festgelegt wird.

Unabhängig von diesen Bemerkungen ist der Staatsrat jedoch der Meinung, dass gegen die angedachte Vorgehensweise der vertraglichen Finanzierung juristisch nichts einzuwenden ist.

Darüber hinaus kann den Bemerkungen entgegnet werden, dass die vertragliche Finanzierung lediglich eine Übergangsmaßnahme darstellt, bis ein entsprechendes allgemeingültiges Dekret verabschiedet wird. Außerdem stellt die vertragliche Finanzierung aus Sicht der Regierung derzeit die geeignetste Lösung dar, um den einzelnen Einrichtungen maßgeschneiderte Lösungen für ihre Bedürfnisse anzubieten. Weiterhin bieten auch die vertraglichen Bestimmungen gewisse Garantien, denn über die Einhaltung der Verträge wachen die belgischen Gerichte. Schließlich sollen sich die Verträge auf die reine Finanzierung begrenzen. Die Anerkennungsnormen bleiben unangetastet und sind unverändert anwendbar.

5. Rechtsgrundlage:

Koordiniertes Gesetz vom 10. Juli 2008 über die Krankenhäuser und andere Pflegeeinrichtungen, Artikel 6, Artikel 95, Artikel 105 §1 und Artikel 170 §5 Absatz 1;

Königlicher Erlass vom 10. Juli 1990, zur Anwendung gewisser Bestimmungen des am 7. August 1987 koordinierten Gesetzes über die Krankenhäuser auf Initiativen des begleiteten Wohnens und auf Verbände zwischen psychiatrischen Anstalten und Diensten, Artikel 1 Absatz 1 Nummer 2.