Sitzung vom 25. Oktober 2018

Dekretvorentwürfe über die Ausübung der Zuständigkeiten der Wallonischen Region in den Bereichen der Raumordnung, Wohnungswesen, Energie und gewisser verbundener Bereiche durch die Deutschsprachige Gemeinschaft

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf über die Ausübung der Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich der Raumordnung und gewisser verbundener Bereiche durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf über die Ausübung der Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich des Wohnungswesens durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich der Energie durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Die Regierung genehmigt das Zusammenarbeitsabkommen zwischen der Wallonischen Region und der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Ausübung der Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich Raumordnung und gewisser verbundener Bereiche durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen der Wallonischen Region und der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Ausübung der Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich Raumordnung und gewisser verbundener Bereiche durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Die Regierung beschließt, das Gutachten des Wirtschafts- und Sozialrats der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu beantragen.

Der Ministerpräsident, die Vize-Ministerpräsidentin, Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus, und der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales sind, jeder in seinem Zuständigkeitsbereich, mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

2.1. Raumordnung

2.1.1. Übertragungsdekret

Artikel 139 der Verfassung sieht Folgendes vor: „Auf Vorschlag ihrer jeweiligen Regierung können das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft und das Parlament der Wallonischen Region in gegenseitigem Einvernehmen und jedes durch Dekret beschließen, dass das Parlament und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft im deutschen Sprachgebiet Befugnisse der Wallonischen Region ganz oder teilweise ausüben.“

Das Dekret hat daher als Ziel, die Zuständigkeiten der Wallonischen Region in Sachen Raumordnung an die Deutschsprachige Gemeinschaft zu übertragen. Die Raumordnungszuständigkeit umfasst laut Artikel 6 §1 I. des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen folgende Aspekte:

„1. der Städtebau und die Raumordnung,

2. die Fluchtlinienpläne der Gemeindewege,

3. der Erwerb, die Erschließung und Ausrüstung von Grundstücken für das Industrie , Handwerks- und Dienstleistungsgewerbe oder anderer Infrastrukturen für die An-siedlung von Investoren, einschließlich der Investitionen für die Ausrüstung von Industriezonen in der Nähe von Häfen und ihrer Bereitstellung für die Benutzer,

4. die Städteerneuerung,

5. die Erneuerung stillgelegter wirtschaftlicher Nutzflächen,

6. die Bodenpolitik.“

Artikel 6 §1 I. Nummer 7 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen wurde nicht in diese Aufzählung übernommen. Tatsächlich betrifft dieser Punkt den Denkmalschutz, der bereits im Jahr 1995 von der Wallonischen Region an die Deutschsprachige Gemeinschaft übertragen wurde.

Da es sich bei der Raumordnung um eine querschnittsorientierte Disziplin handelt, die in andere Handlungsfelder „ausstrahlt“, geht die zu übertragende Angelegenheit über die Raumordnung im eigentlichen Sinne hinaus. Somit werden auch folgende Artikel des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen übertragen:

- Artikel 6 §1 X. Nummer 2bis, der die Angelegenheit rechtliche Regelung der Land-wege umfasst, beschränkt auf die Gemeindewege;

- Artikel 6quater, der die Angelegenheit Enteignung zum Nutzen der Allgemeinheit umfasst.

2.1.2 Zusammenarbeitsabkommen

Im Rahmen der vorangehenden Diskussionen zur Übertragung der Ausübung der Zuständigkeiten der Wallonischen Region im Bereich Raumordnung durch die Deutschsprachige Gemeinschaft sind die Wallonische Regierung und die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft übereingekommen, dass eine solche Übertragung den Abschluss eines Abkommens bezüglich bestimmter Punkte erfordert, insbesondere um die Kohärenz zwischen unterschiedlichen verwaltungspolizeilichen Vorgaben zu garantieren und zur Rechtssicherheit für die Bürger, Unternehmen und Verwaltungen, während der Übergangszeit und in Zukunft, beizutragen.

  • So ist es insbesondere wichtig, die Art und Weise, nach der die anwendbare Gesetzgebung identifiziert wird, zu bestimmen, wenn eine Städtebaugenehmigung oder Städtebaubescheinigung für Handlungen und Arbeiten eingereicht wird, die sich auf ein unbewegliches Gut beziehen, das sich auf der Grenze der beiden Sprachregionen befindet.

  • Es muss bestimmt werden, welche Stellungnahmen auf der einen und auf der anderen Seite eingeholt werden müssen bei der Ausarbeitung von Plänen und Programmen oder von Genehmigungen.

  • Außerdem fällt diesen Regelungen zu, die Möglichkeit zu belassen, eine Global- oder integrierte Genehmigung zu erteilen, wenn Handlungen und Arbeiten die Erteilung einer Städtebau-, Umwelt- und/oder Genehmigung einer Handelsniederlassung bedürfen.

  • Praktisch geht es darum, einen Informationsaustausch zwischen den betroffenen Verwaltungen herzustellen.

  • Schließlich muss eine Übergangsregelung festgelegt werden für die am 1. Januar 2020 noch laufenden Akten.

Diese Elemente sind im besagten Zusammenarbeitsabkommen aufgenommen.

2.2. Wohnungswesen

In ihrer regionalpolitischen Erklärung vom 25. Juli 2017 hat die Wallonische Regierung ihre Bereitschaft angekündigt, im deutschen Sprachgebiet die Übertragung der Ausübung gewisser regionaler Zuständigkeiten anzustoßen, unter anderem im Bereich Wohnungswesen. In ihrer gemeinschaftspolitischen Erklärung vom 16. September 2014 hatte die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft ihrerseits ihren Willen bekundet, die Übertragung der Ausübung der Zuständigkeit Wohnungswesen an die Deutschsprachige Gemeinschaft zu erreichen. In der Tat erlaubt diese Übertragung der Deutschsprachigen Gemeinschaft, ihre Wohnungswesen- und Sozialpolitik besser zu koordinieren und besser zusammenhängende Aktionen in diesem Bereich durchzuführen.

Der Dekretentwurf überträgt die Ausübung der Befugnisse im Bereich Wohnungswesen auf Grundlage des Artikels 139 der Verfassung an die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Der Entwurf umfasst, neben der Übertragung der Ausübung der Zuständigkeit, die Übertragung von Immobilien – in Form von Grundstücken – der "Société wallonne du Logement" (SWL), sowie die Übertragung durch die Wallonische Region der zur Ausübung der Zuständigkeit durch die Deutschsprachige Gemeinschaft notwendigen Haushaltsmittel. Eine Übertragung von Personal ist nicht vorgesehen. Die Übertragenen Haushaltsmittel betreffen das Wohnungswesen im engeren Sinne.

2.3. Energie

Die regionalpolitische Erklärung von Juli 2017 sieht vor, dass die Wallonische Regierung „die Übertragung an die Deutschsprachige Gemeinschaft der Zuständigkeiten in Bezug auf […] die Energie anstoßen wird“.

In ihrer gemeinsamen Regierungssitzung vom 12. Oktober 2017 wurde beschlossen, bilaterale Konzertierungen im Hinblick auf die Vorbereitung einer solchen Übertragung zu beginnen. Hierfür wurde eine „Arbeitsgruppe Energie“ geschaffen, die aus Vertretern der Wallonischen Region und der Deutschsprachigen Gemeinschaft zusammengesetzt war.

Nachdem diese „Arbeitsgruppe Energie“ mehrmals getagt hat und nach der gemeinsamen Regierungssitzung vom 12. Juli 2018, konnte der genaue Übertragungsperimeter der Zuständigkeit festgehalten werden.

Die Richtschnur hierbei war, dass die Energieangelegenheiten, die im Zusammenhang mit dem Wohnungswesen und der Raumordnung stehen, übertragen werden. Anders ausgedrückt: Es wird nicht vorgeschlagen, die Gesamtheit der regionalen Energiekompetenz an die Deutschsprachige Gemeinschaft zu übertragen. Dies schließt keinesfalls mögliche Verhandlungen in der Zukunft aus, die sich auf andere Aspekte der Energiezuständigkeit beziehen würden.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Mit der Übertragung der Zuständigkeit sollen zudem die folgenden Finanzmittel in Form einer jährlichen Dotation zugunsten der Deutschsprachigen Gemeinschaft übertragen werden:

  • Für den Bereich Raumordnung: 806.809 Euro

  • Für den Bereich Wohnungswesen: 4.389.755 Euro

  • Für den Bereich Energie: 915.815 Euro

  • Diverses (Personal, Funktionskosten, …): 673.943,13 Euro

  • Gesamt: 6.786.322,13 Euro

Dieser Betrag unterliegt ab dem Jahr 2021 einer jährlichen Indexierung. Hierfür wird der für das vorangegangene Haushaltsjahr zugewiesene Betrag der Schwankungsrate des durchschnittlichen Verbraucherpreisindexes des betreffenden Haushaltsjahres und 55% des realen Wachstums des Bruttoinlandprodukts des betreffenden Haushaltsjahres angeglichen.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Wirtschafts- und Sozialrats der Deutschsprachigen Gemeinschaft wird beantragt.

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 39 und 139 der Verfassung

Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 92bis

Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 55bis