Sitzung vom 22. November 2018

Entwurf eines Dekretes zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region, der Französischen Gemeinschaftskommission in Brüssel, der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission in Brüssel und der Deutschsprachigen Gemeinschaft über Mobilitätshilfen

1. Beschlussfassung:

Die Regierung genehmigt das Zusammenarbeitsabkommen zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region, der Französischen Gemeinschaftskommission in Brüssel, der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission in Brüssel und der Deutschsprachigen Gemeinschaft über Mobilitätshilfen.

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Entwurf eines Dekretes zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region, der Französischen Gemeinschaftskommission in Brüssel, der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission in Brüssel und der Deutschsprachigen Gemeinschaft über Mobilitätshilfen.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen.

2. Erläuterungen:

Im Zuge der sechsten Staatsreform hat die Deutschsprachige Gemeinschaft zum 1. Juli 2014 die Zuständigkeiten im Bereich der Mobilitätshilfen erhalten. Ein Übergangsprotokoll  mit dem Föderalstaat wurde vereinbart. Dieses sah vor, dass im Zeitraum vom 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2018 das Landesinstitut für Kranken-und Invalidenversicherung (LIKIV) die Bearbeitung der diesbezüglichen Anfragen in dieser Übergangszeit sichert.

In der Regierungssitzung vom 22. Dezember 2016 wurde die Kündigung des Abschnitts aus dem Übergangsprotokoll beschlossen, der die Mobilitätshilfen betrifft. Die Übernahme der neuen Zuständigkeit durch die Deutschsprachige Gemeinschaft erfolgte somit zum 1. Juli 2017. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet der Erlass über die Mobilitätshilfen vom 20. Juni 2017.

Ab dem 1. Januar 2019 übernehmen auch die anderen Teilstaaten die Kompetenz der Mobilitätshilfen.

Das vorliegende Zusammenarbeitsabkommen wurde gemeinsam mit den anderen Gemeinschaften und mit Rücksprache mit der Verwaltung der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben in den letzten Monaten erarbeitet.

Ziel dieses Abkommens ist es, die Zuständigkeit der Finanzierung der Mobilitätshilfen, die von Bürgern in Anspruch genommen werden, zu klären sowie die Übergänge zwischen den Gemeinschaften ab dem 1. Januar 2019 zu definieren. Für den Bürger soll die Dienstleistungskontinuität gesichert werden und für die beteiligten Dienstleister Rechtssicherheit geschaffen werden.

Inhaltlich sind folgende Punkte hervorzuheben:

Der Wohnsitz ist das Kriterium, das festlegt, welcher Teilstaat zuständig ist.

Das Abkommen regelt die Frage der Zuständigkeit der Personen, die ihren Wohnsitz außerhalb Belgiens haben und aufgrund der europäischen Rechtsvorschriften anspruchsberechtigt sind.

Im Falle eines Umzuges werden die Übergangsbestimmungen im Abkommen beschrieben. Bei diesen wird zwischen einem Verleihsystem und einem Ankauf einer Hilfe unterschieden. Wenn ein Hilfsmittel ausgeliehen wird, hat der Nutzer das Recht, dieses noch 3 Monate nach dem offiziellem Wohnsitzwechsel zu nutzen, bis der neue Teilstaat ein Hilfsmittel zur Verfügung stellt. Bei einem Ankauf behält der Nutzer sein Hilfsmittel. Es gelten jedoch bei der Anfrage auf Erneuerung die Fristen des neuen Teilstaates.

Die Zulassung der Bandagisten und Orthopädietechniker ist für alle Teilstaaten gültig. Ein Teilstaat kann jedoch zusätzliche Bedingungen für die Zulassung auferlegen. Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat hierzu in Artikel 9 des Erlasses vom 20. Juni 2017 über die Mobilitätshilfen Konventionen mit diesen Dienstleistern vorgesehen.

Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, gemeinsam eine Liste mit Hilfsmitteln zu führen, sowie Beratungsausschüsse und Konzertierungsgremien ins Leben zu rufen.

Die Teilstaaten verpflichten sich zu einem Informationsaustausch, um das vorliegende Zusammenarbeitsabkommen umzusetzen.

Alle beteiligten Regierungen Belgiens haben das Zusammenarbeitsabkommen im Juli 2018 gutgeheißen.

Für die zweite Lesung wurden folgende Gutachten beantragt:

Gutachten des Verwaltungsrates der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben

Die Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat am 7. September ihr Gutachten zum Dekretvorentwurf abgegeben.

In diesem Gutachten wurde der Inhalt des Dekretes und des Zusammenarbeitsabkommens angesichts der Sicherung der Kontinuität der Dienstleistung sowie der Rechtssicherheit sehr begrüßt. Es wurden auch einige Änderungen vorgeschlagen:

Bezüglich Artikel 2 bemerkte die Dienststelle, dass der Kommentar zu dem Artikel so ausgelegt werden könnte, dass sich der Anwendungsbereich des Zusammenarbeitsabkommens nur auf die durch die 6. Staatsreform übertragenen Mobilitätshilfen beschränkt.

Dem ist allerdings nicht so. Im Kommentar zu Artikel 2 wird dargelegt, dass im Rahmen der 6. Staatsreform zahlreiche Zuständigkeiten übertragen wurden, aber das Zusammenarbeitsabkommen nur die Mobilitätshilfen betrifft. Der weiteren Begründung des Dekretvorentwurfs ist zu entnehmen, dass das Abkommen nicht nur die durch die 6. Staatsreform übertragenen Mobilitätshilfen betrifft, sondern auch solche, für die die Gemeinschaften auch schon vorher zuständig waren.

In Bezug auf die Artikel 6 und 8 bemängelt die Dienststelle, dass sich aus den Artikeln nicht ableiten lässt, in welchen Situationen sie angewendet werden müssen.

Die Artikel und die entsprechenden Kommentare wurden in der Arbeitsgruppe  mit den anderen Teilstaaten formuliert, damit sie auf Situationen in allen Landesteilen Anwendung finden können.  Ausgehenden vom dem Gutachten des Staatsrates dass nun mehr beantragt wird, wird mit den anderen Teilstaaten geprüft, ob eine andere Formulierung der Artikel oder Kommentaren entsprechend der Anfrage der Dienststelle erfolgen wird.

Für die dritte und letzte Lesung wurde das Gutachten des Staatsrates beantragt.

Gutachten des Staatsrates

Der Staatsrat hat sein Gutachten am XX. 2018 abgegeben.

Folgende Punkte hat der Staatsrat angemerkt:

Zuständigkeit

In Artikel 10, dritter Absatz des Zusammenarbeitsabkommens wird darauf eingegangen, dass Bandagisten mit Unternehmenssitz in der zweisprachigen Region Brüssel-Hauptstadt eine Entscheidung treffen müssen, ob sie bei der Flämischen Gemeinschaft oder der gemeinsamen Gemeinschaftskommission in Brüssel zugelassen werden.

Der Staatsrat merkt an, dass Bandagisten, die in Verbänden organisiert sind, keine Wahl haben, da diese Verbände der Französischen Gemeinschaft oder der Flämischen Gemeinschaft zugeordnet sind.

Dieser Absatz im Zusammenarbeitsabkommen und auch die Begründung wurde so angepasst, dass die Bandagisten sich an die Flämische Gemeinschaft, Gemeinsame Gemeinschaftskommission oder an die Französische Gemeinschaftskommission in Brüssel wenden können, an Hand von objektiven Kriterien. 

EU-Recht

Der Staatsrat hat mehrere Bemerkungen gemacht zum Artikel 5 in Bezug auf die Übereinstimmung mit geltendem EU-Recht.

In Artikel 5, §1 des Zusammenarbeitsabkommens ist beschrieben, dass der Wohnsitz der Person bestimmt, welcher Teilstaat  für die Mobilitätshilfe zuständig ist. Der Staatsrat merkt an, die EU-Verordnung 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates vom 29. April 2004 „über die Koordinierung der System der sozialen Sicherheit“, die Mobilitätshilfen in diesem Zusammenarbeitsabkommen betrifft. Wenn das Sozialversicherungssystem eines Mitgliedstaates der EU oder der EWR in Anwendung der Verordnung 883/2004 (6.1.) betroffen ist, findet diese Anwendung und die Regelung des Wohnsitzes in einem Teilstaat entfällt. Der Staatsrat weist daraufhin dass dieser Abschnitt dazu dient die Zuständigkeit der Teilstaaten zu beschreiben und nicht direkt die Rechte der Bürger betrifft, daher muss keine Anpassung des Zusammenarbeitsabkommens vorgenommen werden.

Artikel 5, §2 beschreibt eine Abweichung von der Regelung in §1, die besagt, dass bei Personen, die keinen Wohnsitz in einem Teilstaat Belgiens haben, der Unternehmenssitz des Arbeitgebers ausschlaggebend ist.

Der Staatsrat weist daraufhin, dass die in §§ 1 und 2 genannten Kriterien, eine große Ähnlichkeit mit den Kriterien des Zusammenarbeitsabkommen zu den Familienleistungen vom 6. September 2017 aufweisen. Der Bericht 62.943 zu den Familienleistungen beschreibt, dass es möglich ist, dass der Verfassungsgerichtshof oder der Justizhof zu dem Schluss kommen könnte, dass das System der Familienleistungen sich vom System der Krankenversicherung unterscheiden muss. Zudem muss das  Freizügigkeitsrecht im Rahmen der Verordnung 883/2004 geachtet werden.

Im Bereich der Mobilitätshilfen existieren jedoch nach dem Inkrafttreten der jeweiligen Dekrete vier gleichwertige Systeme in Belgien, sodass keine Benachteiligung von Personen, die vom europäischen Freizügigkeitsrecht Gebrauch gemacht haben, besteht.

Übereinstimmung mit Artikel 63, dritter Abschnitt, des Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 zu den Brüsseler Institutionen

In diesem Artikel 63 des Sondergesetzes wurde beschrieben dass mit dem Begriff „einzige Anlaufstelle“ nicht ein einziger Ort in der zweisprachigen Region Brüssel-Hauptstadt gemeint ist, sondern die gegenseitige Koordinierung der Kompetenzausübung der zuständigen Behörden, so dass die betroffene Person nur an einer Stelle den Antrag stellen muss.

Artikel 5, §1 zweiter Abschnitt bezieht sich auf die Einwohner der zweisprachigen Region Brüssel-Hauptstadt. Somit ist die „einzige Anlaufstelle“ in diesem Abschnitt, so zu verstehen wie in Artikel 63 des Sondergesetzes vom 12. Januar 1989 zu den Brüsseler Institutionen. 

Durch Artikel 5, §1, Abschnitt zwei erhält man den Eindruck, dass Personen in der zweisprachigen Region Brüssel-Hauptstadt, an zwei Stellen einen Antrag stellen müssen, einmal im Rahmen der normalen Erstattung und einmal im Rahmen der Zusatzerstattung. Die einzige Anlaufstelle wäre somit nicht gewährt.

Für alle Mobilitätshilfen können die Anträge in der zweisprachigen Region Brüssel-Hauptstadt sowohl bei der Flämischen Gemeinschaft (Pflegeversicherung) oder der gemeinsamen Gemeinschaftskommission gestellt werden.

Die Erklärungen zu diesem Punkt wurden in die Begründungen mit aufgenommen.

Festlegen von Kriterien

Artikel 11, erster Abschnitt, beschreibt dass die Teilstaaten zusätzliche Kriterien festgelegen können für die Zulassung der Bandagisten. Artikel 10, vierter Abschnitt legt hingegen fest, dass man die Gleichstellung eines Bandagisten aussetzen oder entziehen kann, wenn er die Kriterien nicht erfüllt.

Der Staatstrat merkt an dass die Teilstaaten nur begründete zusätzliche Kriterien festlegen, gleiches gilt auch für die Gleichstellung.

Artikel 11, zweiter Abschnitt beschreibt dass die Teilstaaten sich austauschen zu den zusätzlichen Kriterien. Der Staatsrat teilt mit dass dies ein wesentlicher Bestandteil ist.

Dieser Abschnitt war jedoch nicht so gedacht und wurde deswegen so angepasst, dass es sich um eine Zusage zum Austausch handelt.

Der Staatsrat erklärt, dass die in Artikel 11, Absatz 2 beschriebene Absprache in dem Artikel 14 beschriebenen Konzertierungsgremium stattfindet.

Da dies nicht der Fall ist, wird dies nicht ergänzt.

Notwendige Informationen

In Artikel 15 verpflichten sich die Teilstaaten, sich zu den Inhalten des Zusammenarbeitsabkommens auszutauschen. Der Staatsrat merkt an, was unter „erforderlichen Informationen“ zu verstehen ist, muss definiert werden, dies sollte in einem Durchführungszusammenarbeitsabkommen genauer beschrieben werden. Diese Anmerkung wurde in das Zusammenarbeitsabkommen integriert.

Inkrafttreten

Der Staatsrat merkt an, dass das Zusammenarbeitsabkommen nur in Kraft treten kann, wenn alle Teilstaaten diesem zugestimmt haben und dieses im belgischen Staatsblatt erschienen ist. Wenn das Abkommen erst nach dem 1. Januar 2019 in Kraft tritt, hat es eine rückwirkende Anwendung bis einschließlich zum 1. Januar 2019, da ein konkretes Ziel verfolgt wird.

Die Anmerkungen des Staatsrates und die diesbezüglichen Veränderungen im Abkommen wurden in einer Sitzung mit allen betroffenen Teilstaaten besprochen und gemeinsam abgeändert.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine Mehrkosten während einer Beobachtungsphase von 3 beziehungsweise 6 Jahren.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 13. Juli 2018 liegt vor.

Das Gutachten des Verwaltungsrates der Dienststelle für Selbstbestimmtes Leben vom 7. September 2018 liegt vor.

Das Gutachten des Staatsrates liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 128, 130, 135 und 138 der Verfassung;

Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 §1 II, Nummer 4 sowie Artikel 92bis §§1, 5 und 6;

Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4;