Sitzung vom 29. November 2018

Entwurf eines Erlasses der Regierung zur Ausführung des Dekrets vom 23. April 2018 über die Familienleistungen

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Entwurf eines Erlasses zur Ausführung des Dekrets vom 23. April 2018  über die Familienleistungen.

Der Minister für Familie, Gesundheit und Soziales wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Vorliegender Erlassvorentwurf führt das Dekret vom 23. April 2018 über die Familienleistungen aus und setzt das Konzept zur Übernahme der Familienleistungen vom 2. September 2016 um.

Kommentar zu den Artikeln

Artikel 1 definiert Begriffe des Erlassentwurfs und sorgt für ein einheitliches Verständnis der entsprechenden Bestimmungen.

Artikel 2 verdeutlicht den Bezug der Artikel bezüglich der Ausbildung zu dem Dekret vom 23. April 2018.

Artikel 3 definiert die Zeiträume, für die ein Kind als einer Ausbildung nachgehend gilt. Im Gegensatz zur föderalen Gesetzgebung sieht der Erlassvorentwurf einheitliche Zeiträume vor, unabhängig von der Art der Ausbildung. Kinder gelten als einer Ausbildung nachgehend für die Zeiträume, für die sie für eine Ausbildung eingeschrieben sind

für das gesamte Schuljahr, wenn eine Einschreibung bis zum 30. November erfolgt ist;

zwischen zwei aufeinander folgenden Schuljahren. Dies bedeutet, dass das Kind, das am 31. August eine Ausbildung beendet (und somit laut Art. 25 des Dekrets und den Nummern 1 und 2 dieses Artikel bis Ende August Anrecht auf Kindergeld hat) und am 1. September eine andere Ausbildung beginnt (und somit laut Art. 25 des Dekrets und den Nummern 1 und 2 dieses Artikel ab Anfang Oktober Anrecht auf Kindergeld hat) auch im September Anrecht auf Kindergeld hat;

für den Zeitraum der Sommerferien, wenn es nach diesen keiner Ausbildung mehr folgt.

Kinder gelten für ein weiteres Schuljahr als einer Ausbildung nachgehend, wenn sie sich aus Krankheitsgründen nicht für ein neues Schuljahr einschreiben können.

Artikel 4 legt fest, dass eine Einschreibung als Arbeitssuchender zur Annahme führt, dass die Ausbildung beendet oder abgebrochen wurde. In der heutigen Praxis hat sich gezeigt, dass diese Annahme oft korrekt ist. Durch diesen Artikel wird für diese Praxis eine angemessene rechtliche Grundlage geschaffen.

Diese Annahme ist jedoch widerlegbar anhand einer neuen Bescheinigung der Bildungseinrichtung.

Artikel 5 definiert die Lehre. Dazu wurde die föderale Bestimmung übernommen und um die Industrielehre erweitert. Als Lehre gelten Ausbildungsformen, für die ein Vertrag oder ein Abkommen geschlossen wird. Diese Verträge oder Abkommen müssen durch das Institut für Aus- und Weiterbildung im Mittelstand und in kleinen mittelständischen Unternehmen (IAWM), die Dienststelle für selbstbestimmtes Leben (DSL) oder ihre in- und ausländischen Gegenstücke anerkannt sein.

Die Meisterausbildung, das Meistervolontariat und die Ausbildung zum Betriebsleiter werden der Lehre für den Anspruch auf Kindergeld gleichgestellt.

Artikel 6 definiert den Teilzeitunterricht. Es handelt sich um Teilzeitregelunterricht oder Förderunterricht sowie Unterricht, der die Bedingungen zur Erfüllung der Teilzeitschulpflicht erfüllt. Dieser Unterricht gibt ohne eine Minimumanzahl Unterrichtsstunden Anrecht auf Kindergeld.

Artikel 7 definiert den Schulunterricht. Es handelt sich um alle Unterricht an Bildungseinrichtungen, mit Ausnahme von Kursen der Erwachsenenbildung. Dieser Unterricht gibt Anrecht, wenn das Kind für mindestens 17 Stunden pro Woche eingeschrieben ist.

Artikel 8 definiert den Hochschulunterricht. Dies umfasst Unterricht, der zu einem Bachelor-, Master oder gleichgestelltem Diplom führt. Im Gegensatz zum föderalen System gibt es auch für Unterricht in Belgien keine Mindestanzahl der Credits mehr. Dies galt bisher nur für Hochschulunterricht im Ausland. Um inländischen und ausländischen Unterricht gleich zu behandeln und da in gewissen ausländischen Bildungssystemen die Einschreibung nicht für eine Anzahl von Credits erfolgt, erfordert der Erlass keine Mindestanzahl von Credits mehr. Jedoch gilt nun die Bestimmung, dass der Unterricht zu einem staatlich anerkannten Diplom führen muss.

Praktisch bedeutet dies, dass beispielsweise ein Kind, das im belgischen Unterrichtswesen gewisse Unterrichte nicht bestanden hat und deshalb das Studienjahr nicht bestanden hat und das im Folgejahr nur für die nicht bestandenen Unterrichte eingeschrieben ist, die weniger als 27 Credits ausmachen, in der neuen Gesetzgebung Anrecht auf Kindergeld hat. Dies wäre in der aktuellen Gesetzgebung nicht der Fall gewesen.

Artikel 9 besagt in Abweichung zu Artikel 8, dass der Hochschulunterricht, der nicht zu einem staatlich anerkannten Diplom führt, als Ausbildung gilt, wenn das Kind für mindestens 17 Stunden pro Woche eingeschrieben ist.

Sowohl für Artikel 8 als auch Artikel 9 gilt, dass Doktorstudenten nicht als in Ausbildung gelten.

Die Ausbildungsformen in den Artikeln 5 bis 9 umfassen, im Gegensatz zum föderalen System, nicht mehr das Praktikum zur Ernennung in ein öffentliches Amt. Es handelte sich dabei um nicht vergütete Praktika, die Auflage waren für die Ernennung in das Amt des Gerichtsvollziehers, des Notars, des Landmesser-Gutachters, des Immobiliensachverständigen und des Radioelektronikoffizier.

FAMIFED, die föderale Agentur für das Kindergeld, hat festgestellt, dass es keinen Fall mehr gibt, in dem solche Praktika nicht vergütet werden und dass es deshalb kein Kind gibt, das aufgrund dieser Rechtsgrundlage das Anrecht auf Kindergeld eröffnet. Da diese Situation also als solche nicht mehr besteht, wurde sie nicht in den Erlass übernommen.

Artikel 10 sieht vor, dass ein Kind, das die Ausbildung im Laufe des Schuljahres beendet und die Anzahl Stunden unter die Mindestanzahl reduziert, nicht mehr als einer Ausbildung nachgehend gilt.

Artikel 11 präzisiert, wann ein Kind als erwerbstätig gilt. Laut Artikel 11 des Dekrets führt die Erwerbstätigkeit dazu, dass das Anrecht während der Ausbildung oder aufgrund des verlängerten Rechtes ausgesetzt wird. 

Ein Kind gilt als erwerbstätig, wenn es für insgesamt mindestens 24 Tage in einem Quartal arbeitet. Da die Informationen bezüglich der Arbeitssituationen, also der Datenfluss der multifunktionellen Meldung (DmfA-Datenfluss), jeweils pro Quartal zur Verfügung stehen, wird immer das Quartal als Ganzes betrachtet.

Im Gegensatz zum föderalen System gibt es keine Begrenzung des Einkommens. Im föderalen System liegt diese Grenze bei 541,09 Euro pro Monat bei Lehrlingen.

Artikel 12 legt Ausnahmen zu Artikel 11 fest und definiert, welche Tätigkeiten nicht als Arbeit gelten, d.h. nicht für das Erreichen der 24 Tage berücksichtigt werden.

Einerseits geht es um die Tätigkeiten im Rahmen der Ausbildung. So werden durch den neuen Erlass z.B. die Tätigkeiten im Rahmen der Lehre sowie die dafür erhaltene Entschädigung, nicht dazu führen, dass das Anrecht auf Kindergeld beendet wird.

Andererseits sind die Tätigkeiten im Rahmen eines Studentenvertrages sowie die dafür erhaltenen Entschädigungen ausgenommen. Erlaubt sind alle Tätigkeiten im Rahmen eines Studentenvertrages, unabhängig davon, ob für sie verringerte Sozialbeiträge oder normale Sozialbeiträge gezahlt werden (475 Stunden-Regel).

Auch die Tätigkeiten als mithelfender Ehepartner, als nebenberuflich Selbstständiger und als Student-Selbständiger, für die reduzierte Sozialbeiträge gezahlt werden, sind erlaubt. Schließlich sind auch der freiwillige Dienst für den Kollektivnutzen, Freiwilligenarbeit und der freiwillige Militärdienst erlaubt.

Im Anschluss an die erste Lesung wurden auch Tätigkeiten von freiwilligen Feuerwehrleuten und freiwilligen Krankenwagenfahrern, die keine Feuerwehrleute sind, in die Liste der erlaubten Tätigkeiten aufgenommen.

Artikel 13 definiert, in welchen Fällen das Kind, das Sozialleistungen erhält, als erwerbstätig gilt. Das Kind gilt als erwerbstätig, wenn es eine Leistung in den Bereichen Krankheit, Invalidität, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten, Arbeitslosigkeit und Laufbahnunterbrechung erhält, es sei denn, die Leistung wurde aufgrund einer erlaubten Tätigkeit gezahlt. Leistungen aufgrund einer erlaubten Tätigkeit sind z.B. die Entschädigung bei Arbeitsunfähigkeit (Krankengeld) oder die Entschädigung bei zeitweiliger Arbeitslosigkeit, die Lehrlinge erhalten können.

Der hier benutzte Begriff Laufbahnunterbrechung betrifft sowohl die Beamten als auch die Arbeitnehmer.

Artikel 14 legt fest, dass die Einschätzung der Beeinträchtigung in Anwendung des föderalen Systems erfolgt. Er legt weiterhin fest, welche Punkte zu welcher Zuschlagskategorie führen. Auch dies geschieht wie im föderalen System.

Durch diesen Artikel wird das föderale Verfahren nicht abgeändert. Es bleibt dadurch möglich, dass die Einschätzung weiterhin durch den Föderalstaat, in Zusammenarbeit mit der DSL, durchgeführt werden kann. Dadurch kann weiterhin garantiert werden, dass die gekoppelten Rechte, wie z.B. der vorteilhafte Energiepreis, nicht verloren gehen. Die Zusammenarbeit zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft und dem Föderalstaat muss gemeinsam mit letzterem noch formalisiert werden.

Artikel 15 legt fest, welche Behörden Kinder unterbringen können für die Anwendung von Artikel 28 §2 des Dekrets, d.h. die Bestimmung von zwei Empfänger, die 2/3 bzw. 1/3 des Kindergeldes erhalten.

Artikel 16 definiert, welches Kind als untergebracht gilt.  Es handelt sich um die Kinder, die tatsächlich in der Einrichtung leben, sowie die Kinder, die durch eine Einrichtung beaufsichtigt oder begleitet werden.

Artikel 17 bestimmt, was unter Einrichtung zu verstehen ist. Es handelt sich um juristische Personen, bei denen Kinder untergebracht wurden. Pflegefamilien gelten somit nicht als Einrichtung. Sie erhalten das gesamte Kindergeld und nicht, wie die Einrichtungen, 2/3 des Kindergeldes.

Artikel 18 legt fest, dass anhand aller rechtlichen und faktischen Elemente bewiesen werden kann, wer mehr als die Hälfte der Unterhaltskosten für ein Kind trägt. Dies erlaubt es, einen anderen Empfänger zu bestimmen, wenn das Kind nicht mit mindestens einem Elternteil zusammenlebt.

Artikel 19 legt fest, dass die Adoptierenden auf dem Antragsformular bestimmen, wer die Adoptionsprämie erhält.

Artikel 20 bestimmt, dass die Verwaltung die personenbezogenen Daten verarbeitet. Dadurch wird die entsprechende Bestimmung im Dekret präzisiert.

Artikel 21 legt fest, welche Daten zusätzlich zu den über Datenflüsse verfügbaren Daten durch die Antragsformulare bei dem Antragssteller angefragt werden können.

Artikel 22 legt den Umfang der Datenverarbeitung von Gerichtsurteilen durch das Ministerium fest. Ausgeschlossen davon sind Datenverarbeitungen von strafrechtlichen Verstößen oder strafrechtlichen Verurteilungen, es sei denn die Deutschsprachige Gemeinschaft ist Partei des betreffenden Gerichtsverfahrens.

Artikel 23 bestimmt die Aufbewahrung der Daten. Die Daten werden gelöscht, sobald sie nicht mehr notwendig sind. Sie werden deshalb während fünf Jahren aufbewahrt. Dies entspricht der Verjährungsfrist zur Einforderung von Familienleistungen oder zur Rückforderung von Familienleistungen. Die Frist von fünf Jahren beginnt ab dem Ende  des Monats, in dem der Antrag gestellt wurde, falls nie Recht bestand oder ab dem Ende des Monats, in dem zum letzten Mal Anrecht bestand.

Wenn die Verjährungsfrist unterbrochen wird, durch die Verwaltung oder den Antragsteller, ist ein administratives Verfahren anhängig. In diesem Fall werden die Daten 5 Jahre ab dem Ende dieses Verfahren aufbewahrt.

Artikel 24 legt fest, dass die Verwaltung den Antrag von Amts wegen bearbeitet, wenn sie alle nötigen Informationen verfügt, um einen Beschluss über das Recht auf Familienleistungen zu fassen.

Artikel 25 legt fest, dass die Verwaltung auch auf Antrag das Anrecht untersucht.

Artikel 26 legt fest, dass die Verwaltung den Bürger innerhalb von 2 Wochen und spätestens zum Zeitpunkt der Ausführung eines Beschlusses über diesen Beschluss in Kenntnis setzt.

Artikel 27 legt fest, in welchen Fällen keine Notifizierung erfolgen muss. Dies ist der Fall, wenn der Beschluss günstig ist oder wenn die Verwaltung die provisorischen Auszahlungen einstellt.

Artikel 28 legt fest, dass Beschlüsse zur Rückforderung per Einschreiben notifiziert werden.

Artikel 29 legt fest, welche dienlichen Informationen die Verwaltung dem Bürger erteilt.

Artikel 30 legt fest, dass der Antragsteller alle Informationen, die Einfluss auf die Gewährung oder Auszahlung einer Familienleistung haben könnten, unverzüglich der Verwaltung mitteilen muss.

Artikel 31 bestimmt, wann die Familienleistungen spätestens ausgezahlt werden. Dies geschieht unbeschadet der Bearbeitungsfrist. Eine frühere Auszahlung wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Artikel 32 sieht die Möglichkeit vor, dass Familienleistungen auf eine Debitkarte ausgezahlt werden, die die Verwaltung dem Empfänger übergibt. Dies ersetzt den Zirkularscheck, der bisher für die Auszahlung der Familienleistungen genutzt wurde.

Artikel 33 bestimmt, dass Familienleistungen nur für Personen, die im deutschen Sprachgebiet leben, oder die unter die europäischen Gesetzgebung fallen, provisorisch gezahlt werden. Die provisorische Zahlung ist eine Zahlung bevor festgestellt wurde, ob das Recht tatsächlich besteht. Es besteht also die Möglichkeit, dass die gezahlten Beträge zurückgefordert werden müssen. Deshalb ist ein besonderes Maß an Vorsicht notwendig. Außerdem ist es für Kinder, die im Ausland leben, weniger eindeutig, ob das Recht in Belgien vorrangig ist. Aus diesen Gründen erfolgen keine provisorischen Zahlungen für Kinder, die weder im deutschen Sprachgebiet leben, noch unter die europäische Gesetzgebung fallen, d.h. Personen, die außerhalb der Europäischen Union leben.

Artikel 34 bestimmt, dass bei fehlenden Informationen zur berufsständischen Situation, die für das Bestimmen der Vor- und Nachrangigkeit des Rechts im EU-Kontext notwendig sind, Familienleistungen bis zum Ende des folgenden Quartals gezahlt werden können.

Artikel 35 bestimmt, dass die Verwaltung provisorisch Familienleistungen zahlt, wenn sie eine periodische Bescheinigung angefordert hat. Dies betrifft vor allem die Zahlung zu Beginn des Schuljahres, bevor bestätigt wurde, dass das Kind einer Ausbildung nachgeht.

Provisorische Fortzahlungen erfolgen nur dann, wenn vorher ein Recht bestand. Die föderale Gesetzgebung sah vor, dass auch während der Bearbeitungsphase, d.h. vor dem ersten Feststellen des Rechts provisorisch gezahlt wurde. Dies ist allerdings eine veraltete Bestimmung. Aufgrund der Datenflüsse ist es den Kassen bereits heute möglich, direkt das Anrecht zu untersuchen und dann zu zahlen. Diese Bestimmung wurde deshalb nicht übernommen.

Provisorische Zahlungen bei Umzug in einen anderen Teilstaat werden gemeinsam durch die Teilstaaten in einem Ausführungsabkommen festgelegt.

Artikel 36 bestimmt, dass der Antragsteller anhand eines ärztlichen Attests Anspruch auf die Vorauszahlung der Geburtsprämie erheben kann.

Artikel 37 stellt gewisse Beamte und Bedienstete denen der Europäischen Union gleich. Dies geschieht wie im föderalen System.

Artikel 38 legt fest, wie die Verwaltung den provisorischen Differenzbetrag festlegt, den sie auszahlt.

Artikel 39 legt die Prozedur der außergerichtlichen Rückforderung fest. Dies geschieht wenn möglich durch Einbehaltung zukünftiger Familienleistungen. Ist dies nicht möglich, erfolgt die Rückforderung durch Rückzahlung durch den Empfänger.

Dieser hat die Möglichkeit eine Rückzahlung in Teilzahlungen zu beantragen. In diesen Fällen schlägt die Verwaltung dem Empfänger einen Plan zur Rückzahlung in Teilzahlungen vor.

Die Verwaltung berücksichtigt dabei, wenn der Empfänger mitteilt, den vorgeschlagenen Teilzahlungen nicht nachkommen zu können.

Die Verwaltung sucht ein Gleichgewicht zwischen Eintreibung der zu Unrecht gezahlten Beträgen einerseits und der Machbarkeit der Zahlung der Teilzahlungen für den Empfänger andererseits.

Falls notwendig, kann der Sozialinspektor einbezogen werden, um die soziale Situation des Empfängers näher zu erörtern und ihr Rechnung zu tragen.

Artikel 40 bestimmt, dass die Verwaltung die zu Unrecht ausgezahlten Familienleistungen gerichtlich zurückfordert, wenn sie feststellt, dass sie sie auf außergerichtlichen Weg nicht eintreiben kann. In der Praxis wird dies nach mehreren Mahnungen erfolgen.

Artikel 41 legt Grenzwerte fest. Ab diesen Beträge kann die Regierung auf gewisse Formen der Rückforderung verzichten, da die Kosten für das Eintreiben im Vergleich zum einzutreibenden Betrag zu hoch sind.

Artikel 42 bestimmt den Verzicht auf Rückforderungen aus sozialen Gründen. Sie erfolgt auf Antrag der Empfänger sowie nach Kontrolle des verfügbaren Haushaltseinkommens oder der außergewöhnlich prekären finanziellen Situation anhand jedes dienlichen Dokuments sowie, im Falle der außergewöhnlich prekären finanziellen Situation, aufgrund eines Hausbesuchs.

Der niedrigste und der höchste Grenzbetrag des verfügbaren Einkommens entsprechen Beträgen zur Nichtpfändbarkeit aus dem Gerichtsgesetzbuch. Die anderen Grenzbeträge sind als ein Prozentsatz des niedrigsten Grenzbetrages ausgedrückt.

Für 2018 handelt es sich um folgende Beträge : 

Verfügbares Einkommens unter x €

x% des ersten Betrages

Verzicht zu x %

1.105 €

100%

100%

1.138 €

103%

90%

1.171 €

106%

80%

1.204 €

109%

70%

1.238 €

112%

60%

1.271 €

115%

50%

1.304 €

118%

40%

1.337 €

121%

30%

1.370 €

124%

20%

1.432 €

129,59%

10%

-

-

0%

Das verfügbare Haushaltseinkommen des Empfängers wird dabei um jeweils 68 Euro pro kindergeldberechtigtem Kind reduziert.

Artikel 43 legt fest, dass die Grenzbeträge für die Nichteintreibung von zu unsicheren oder zu kostspieligen Rückforderungen sich wie die Beträge der Familienleistungen entwickeln. Die in Artikel 42 erwähnten Grenzbeträge des Einkommens entwickeln sich aufgrund der Kopplung an das Gerichtsgesetzbuch wie die dort genannten Beträge.

Artikel 44 bis 46 heben föderale Bestimmungen bzw. föderale Erlasse auf, die, wenn nötig, durch den Erlass ersetzt werden.

Artikel 47 sieht vor, dass der Erlass am 1. Januar 2019 in Kraft tritt.

Artikel 48 legt fest, dass der für Familie zuständige Minister mit der Durchführung des vorliegenden Erlasses beauftragt ist.

Bemerkung zum Gutachten des Rats für Familienleistungen

In seinem positiven Gutachten vom 20. Juni 2018 macht der Rat für Familienleistungen die folgenden Anmerkungen:

Der Rat begrüßt, dass die Regierung weiterhin ein Anrecht auf Kindergeld vorsieht, wenn ein Kind sich aufgrund einer Krankheit nicht für eine Ausbildung einschreiben kann.

Der Rat stellt die Frage, ob auch Künstler oder Nutznießer von Sportförderprogrammen unter die Definition der Erwerbstätigkeit in Artikel 11 fallen. 

Auch wenn im allgemeinen Sprachgebrauch vom Statut des Künstlers die Rede ist, besteht rechtlich kein eigenes Statut für Künstler. Künstler arbeiten entweder als Arbeitnehmer oder Selbstständige. Für sie gelten jeweils die in Artikel 11 definierten Regeln und die in Artikel 12 definierten Ausnahmen.

Die Deutschsprachige Gemeinschaft zahlt in Anwendung des Erlasses der Regierung vom 3. September 2015 zur Festlegung der Förderung von C-Kader, B-Kader und A-Kader Athleten in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Sportförderungen an Spitzensportler in Form von Zuschüssen. Diese können weder als gewinnbringende Tätigkeiten noch als Sozialleistungen angesehen werden. Der Erhalt einer Sportförderung hat deshalb keinen Einfluss auf das Recht auf Kindergeld.

Der Rat empfiehlt, dass auch Dienste von freiwilligen Feuerwehrleuten als erlaubte Tätigkeiten gelten. Artikel 12 wurde angepasst, so dass Dienste von freiwilligen Feuerwehrleuten und von freiwilligen Krankenwagenfahrern, die keine Feuerwehrleute sind, erlaubt sind.

Der Rat schlägt vor bzgl. Artikel 28 vor, den Grenzbetrag unter dem Rückforderungen nicht per Einschreiben notifiziert werden, zwecks weiterer Kostendämpfung von 25 auf 50 Euro zu erhöhen. Diesem Vorschlag wird gefolgt.

Bezüglich Art. 40 regt der Rat an, zu prüfen, ob die Rückforderung unstrittiger Forderungen nicht direkt über einen Gerichtsvollzieher abgewickelt werden kann, ohne ein Gericht einzuschalten.

Aufgrund von Artikel 58 des Dekretes sind die Entscheidungen im Bereich Familienleistungen nicht direkt vollstreckbar. Deshalb müssen gerichtliche Schritte eingeleitet werden. Jedoch kann, wenn ein vollstreckbarer Titel vorliegt, dieser auch im EU-Ausland vollstreckt werden (Verordnung 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen). Art. 41 §3 betrifft somit in der Praxis nur Forderungen, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz im Nicht-EU-Ausland hat.

Auf Vorschlag des Rates wurden in Artikel 41 die Grenzbeträge, ab denen die Regierung von gerichtlichen Verfahren bzw. von Zwangsvollstreckung absehen kann, vereinheitlicht.

Der Rat begrüßt, dass die Regierung in gewissen Härtefällen aus sozialen Gründen auf die Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Leistungen verzichten kann, auch wenn der Schuldner ein Einkommen über der definierten Einkommensgrenze hat.

Der Rat stellt die Frage, welchen Mehrwert ein Hausbesuch im Zuge des Verzichts aus sozialen Gründen erbringen soll.

Beim Verzicht aus sozialen Gründen fordert die Regierung Beträge nicht zurück, die der Empfänger zu Unrecht erhalten.

Dies geschieht entweder wenn das Haushaltseinkommen die in Artikel 42 definierten Grenzbeträge nicht übersteigt oder wenn sich der Antragsteller in einer außergewöhnlich prekären finanziellen Situation befindet.

Im Anschluss an die erste Lesung wird der Hausbesuch zur Überprüfung des Haushaltseinkommens nicht mehr vorgesehen.

Der Hausbesuch zur Überprüfung der außergewöhnlich prekären finanziellen Situation wird jedoch beibehalten. Es handelt sich um Ausnahmefälle, in denen aus den Dokumenten hervor geht, dass der Antragsteller über ein Einkommen über den Grenzbeträgen verfügt. Der Hausbesuch erlaubt es in diesen Ausnahmefällen zu prüfen, ob sich der Antragsteller tatsächlich in einer außergewöhnlich prekären finanziellen Situation befindet. Der Hausbesuch hat auch den Zweck der sozialen Begleitung und erlaubt es der Verwaltung dem Antragsteller zu seinem Recht zu verhelfen.

Bemerkung zum Gutachten des Staatsrates

In seinem Gutachten 64.018/1/V vom 29. August 2018 schlägt der Staatsrat vor allem formaljuristische Änderungen vor. Diesen wurde Rechnung getragen.

Der Königlichen Erlasses vom 20. Juli 2006 über die Erhöhung der in den Artikeln 44 und 44bis der koordinierten Gesetze über die Familienbeihilfen für Lohnempfänger erwähnten altersbedingten Zuschläge sollte durch vorliegenden Erlass aufgehoben werden. Da er aufgrund des Programmgesetzes (I) vom 27. Dezember 2006 allerdings Gesetzeskraft hat, kann er nicht per Erlass aufgehoben werden. Er soll nun per Programmdekret aufgehoben werden.

Der Staatsrat merkt auch an, dass das Gutachten der Datenschutzbehörde eingeholt werden muss. Daraufhin wurde dieses am 7. September 2018 beantragt.

Bemerkung zum Gutachten der Datenschutzbehörde

Die Datenschutzbehörde erteilte ihr Gutachten Nummer 121/2018 am 7. November 2018.

In ihrem Gutachten stellte sie fest, dass:

die im Erlass vorgesehene Datenverarbeitung ausreichend abgegrenzt ist;

die Zielsetzung der Datenverarbeitung ausdrücklich und zweckbestimmt ist;

die Datenverarbeitung grundsätzlich legitim und verhältnismäßig ist.

Allerdings äußerte die Behörde zum letzten Punkt einige Vorbehalte:

bezüglich der sensiblen Daten: Die Datenschutzbehörde stellte fest, dass gemäß Artikel 64 Nummer 7 des Dekrets über die Familienleistungen auch sensible Daten (rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, und Daten über das Sexualleben) verarbeitet werden können und dass der Ausführungserlass  diese Kategorie nicht näher präzisiert und keinen Grund angibt, warum diese Daten benötigt werden. Tatsächlich werden im Rahmen der Verwaltung und Auszahlung der Familienleistungen diese Daten nicht benötigt, sodass ihre Verarbeitung im Erlass nicht vorgesehen. Somit kommt das Ministerium der Forderung der Behörde nach, diese Daten nicht zu verarbeiten.

bezüglich der gerichtlichen Daten: Auch hier bemängelt die Behörde, dass der Erlass keinen Aufschluss darüber gibt, welche gerichtlichen Daten verarbeitet werden, noch warum dies nötig ist. Außerdem bedürfe die Verarbeitung strafrechtlicher Daten einer besonderen Rechtsgrundlage. Auf Basis dieser Bemerkung wurde ein Artikel in den Erlass eingepflegt, der verdeutlicht, dass das Ministerium nur die Gerichtsurteile verarbeitet, die einen Einfluss auf das Anrecht, die Höhe und den Empfänger der Familienleistungen haben können und deshalb für die Verwaltung der Familienleistungen nötig sind. Darüber hinaus präzisiert der Erlass, dass das Ministerium keine strafrechtlichen Gerichtsurteile verarbeitet, es sei denn die Deutschsprachige Gemeinschaft ist Partei des Verfahrens. Dies ist beispielsweise in Betrugsfällen oder Urkundenfälschung der Fall, wobei es sich um Vergehen handelt, die durch Kapitel 6 Abschnitt 2 des Dekrets strafrechtlich verfolgt werden.

Unter diesen Voraussetzungen ist der Erlass im Einklang mit dem Gutachten der Datenschutzbehörde.

Andere Änderungen im Anschluss an die zweite Lesung

Die Prozedur der außergerichtlichen Rückforderung gemäß Art. 39  wurde dahingehend abgeändert, dass bei Rückzahlung einer Schuld, wenn also keine Einbehaltung möglich ist, die Frist zur Rückzahlung 30 statt 60 Tage beträgt. Somit wird enger verfolgt, ob die Zahlung erfolgt.

Auch wird das Ministerium die Details des Rückzahlungsplan vorschlagen. Der Bürger meldet sich und bittet um Ratenzahlungen. Daraufhin schlägt die Verwaltung vor, in welcher Regelmäßigkeit welche Teilzahlung erfolgen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen dieses Erlassvorentwurfes wurden gemeinsam mit den Auswirkungen des Dekrets vom 23. April 2018 über die Familienleistungen ermittelt. Für diese beiden Texte, die zusammen zu lesen sind, konnten, für das Jahr 2019, die mit Hilfe von Simulationen von FAMIFED Kosten in Höhe von 37.346.465 Euro geschätzt werden.

Bei Beibehaltung des föderalen Systems wären 2019 schätzungsweise Kosten in Höhe von 35.989.198 Euro entstanden. Das Dekret und der vorliegende Erlassvorentwurf führen somit im Jahr 2019 zu Mehrausgaben im Vergleich zum föderalen System in Höhe von 1.357.267 Euro.

Diese Finanzsimulationen umfassen nicht die Verwaltungs- und Personalkosten, die mit der eigenständigen Übernahme der Verwaltung und Auszahlung des Kindergeldes entstehen.

4. Gutachten:

Das Gutachten 64.018/1/V des Staatsrates vom 29. August 2018 liegt vor.

Das Gutachten der Datenschutzbehörde Nummer 121/2018 vom 7. November 2018 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

Dekret vom 23. April 2018 über die Familienleistungen