Sitzung vom 14. Februar 2019

Dekretentwurf zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der gemeinsamen Gemeinschaftskommission Brüssel-Hauptstadt über die Einstufung der in den belgischen Kinosälen gezeigten Filme

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in zweiter und letzter Lesung den Dekretentwurf zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der gemeinsamen Gemeinschaftskommission Brüssel-Hauptstadt über die Einstufung der in den belgischen Kinosälen gezeigten Filme.

Die Vize-Ministerpräsidentin, Ministerin für Kultur, Beschäftigung und Tourismus wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen.    

2. Erläuterungen:

Auf intergemeinschaftlicher Ebene hat man sich auf eine einheitliche Vorgehensweise bezüglich der Einstufung von in belgischen Kinosälen gezeigten Filmen geeinigt. Es wird ein Klassifikationssystem nach dem Vorbild des niederländischen Systems „Kijkwijzer" eingeführt.

"Kijkwijzer" ist das niederländische System zur Klassifizierung von audiovisuellen Inhalten, das auf der Grundlage eines Online-Fragebogens (Kodierform) arbeitet. Die Einstufung stützt sich auf 6 Inhalte, die für Minderjährige ungeeignet sein können: Gewalt, Angst, Sex, Diskriminierung, harte Drogen und Missbrauch von weichen Drogen und/oder Alkohol, grobe verbale Sprache.

Das Codierungsformular enthält Fragen zu diesen 6 Kriterien und Fragen zum Inhalt der Produktion.

Kodierer- die bei einem Filmverleiher (oder einem Produzenten) arbeiten – füllen nach einer entsprechenden Ausbildung, das Online-Einkodierungs-Formular aus. Die Eingabe führt automatisch zu folgenden Ergebnissen:

- einer Klassifizierung nach Alter (alle Altersgruppen, 6+, 9+, 12+, 15+18+)

- gegebenenfalls Informationen über die Unangemessenheit von Inhalten für Minderjährige (Gewalt, Angst, Geschlecht, Diskriminierung, harte Drogen und Missbrauch von weichen Drogen und/oder Alkohol, grobe verbale Sprache).

Das Niederländische Institut für die Klassifizierung audiovisueller Medien (NICAM), ein gemeinnütziger Verein, koordiniert den niederländischen "Kijkwijzer". Eine Lizenz für das Klassifikationssystem "Kijkwijzer" wird bereits von Island, der Türkei und Slowenien verwendet. Die Gemeinschaften und die Hauptstadt-Brüssel wollen dieses System mit einigen Anpassungen am Einkodierungsformular (Hinzufügen eines Alters, Fragen ...) übernehmen.

Die zuständigen belgischen Behörden werden daher auch eine Lizenz "Kijkwijzer" für die Einstufung von Filmen verwenden, die in belgischen Kinos ausgestrahlt werden.

Jede Altersklassifizierung und Inhaltseinstufung ergibt ein bestimmtes Piktogramm. Der Filmverleiher und der Betreiber sind verpflichtet, diese Piktogramme deutlich sichtbar zu kommunizieren. Ziel ist es, den Dialog zwischen Eltern, den Begleitern und den Minderjährigen zu unterstützen, um die Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen zu stärken.

Es ist kein einschränkendes System, das Minderjährigen den Zugang zu Kinos verwehrt.

Für die Deutschsprachige Gemeinschaft wird unter Kapitel XI, Artikel 15 eine angepasste Ausnahmeregelung vorgesehen, da 95% der veröffentlichten Filme entweder deutsche Filme oder in die deutsche Sprache übersetzte Filme sind. Das deutsche Klassifizierungssystem gilt für deutsche oder in die deutsche Sprache übersetzte Filme, während das Kijkwijzer-Klassifikationssystem für alle Filme gilt, die in einer anderen Sprache als Deutsch produziert oder synchronisiert werden und von einem belgischen Händler vertrieben werden.

Staatsratgutachten vom 5. Februar 2019

Der Staatsrat gab am 5. Februar 2019 unter der Nummer 64.800/VR eine Empfehlung ab. Neben einigen formellen Anmerkungen, denen zumeist Rechnung getragen wurde, formulierte der Staatsrat gewisse inhaltliche Bemerkungen, auf die wie folgt eingegangen wurde.

Artikel 16 Absatz 1 wurde gemäß den Empfehlungen des Staatsrates angepasst. Die Bezeichnung "eine zuständige Behörde" wurde durch „eine Partei" ersetzt, da die Befugnis zur Erweiterung des Klassifizierungssystems nicht an die Minister zur Filmprüfung übertragen werden kann. Die Ausweitung des Klassifizierungssystems auf lineare und nicht-lineare Rundfunkveranstalter oder andere Medien kann nur akzeptiert werden, sofern diese eine Angelegenheit betrifft, die in die Zuständigkeit der Gemeinschaften fällt.

Unter den Punkten 3.3.1. bis einschließlich 3.3.3. erklärt der Staatsrat, dass die Einbeziehung des Sekretariats für die Klassifizierung von Filmen durch die Flämische Gemeinschaft eine Befugnisübertragung impliziert und dass die anderen Parteien des Zusammenarbeitsabkommens nicht in die vom Sekretariat festgelegten Verordnungen tangiert werden (Artikel 4, § 1). Dieser Anmerkung wurde Rechnung getragen. Obwohl das Sekretariat für die Klassifizierung von Filmen in der Flämischen Gemeinschaft angesiedelt ist, bedeutet dies tatsächlich keineswegs, dass die anderen Parteien nicht an der Festlegung der vom Sekretariat erlassenen Vorschriften beteiligt sind. Bei der Ansiedlung des Sekretariats in der Flämischen Gemeinschaft handelt es sich lediglich um die materielle Unterbringung des letzteren.

In Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Staatsrates wurde Artikel 7 Absatz 2 des Zusammenarbeitsabkommens so angepasst, dass die Aufgaben des Sekretariats für die Klassifizierung von Filmen gänzlich aufgezählt werden.

Auf Vorschlag des Staatsrates wurden die Kategorien zur Ernennung der Mitglieder des Beschwerdeausschusses breiter gefasst. Das Hauptaugenmerk liegt darauf, dass die Ausschussmitglieder Personen sind, deren oberste Priorität das Wohl der Kinder ist.

In Artikel 14 Absatz 1 des Zusammenarbeitsabkommens wird nach Berücksichtigung der Anmerkungen des Staatsrates festgelegt, dass die zukünftigen Beiträge auf der Grundlage der am 1. Januar des betreffenden Jahres bekannten amtlichen Zahlen ermittelt werden.

In Artikel 15 des Zusammenarbeitsabkommens wurde die Territorialitätsfrage verdeutlicht. So wurde die folgende Klarstellung eingefügt: "Diese Bestimmung gilt nur für Filme, die in einem Kino im Gebiet der deutschsprachigen Gemeinschaft gezeigt werden". Im selben Artikel wird die Bezeichnung "deutsche Filme" außerdem durch die vorgeschlagene Präzision "Filme, deren Hauptsprache Deutsch ist" ersetzt.

Um der Problematik der Doppelklassifizierung entgegenzuwirken wird eine Übergangszeit von 6 Monaten nach Inkrafttreten des Zusammenarbeitsabkommens vereinbart.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Finanzierung wird im Kapitel X, Artikel 14 geregelt. Der Beitrag jeder Partei zur Finanzierung der Einstufung der Filme wird anhand von zwei Kriterien festgelegt. Fünfzig Prozent der Gesamtkosten für die Einstufung von Filmen werden nach der Einwohnerzahl und fünfzig Prozent nach der Anzahl Kinosäle festgelegt. Zum Start des Abkommens werden die Beiträge nach den offiziellen, bei Unterzeichnung dieses Abkommens bekannten Zahlen festgelegt. Die künftigen Beiträge werden nach den offiziellen, am Datum des Zahljahres bekannten Zahlen festgelegt.

- auf der Grundlage der Anzahl der Kinos (Zahlen 2015) macht das für die Deutschsprachige Gemeinschaft 0,63% aus (3 Säle)

- auf der Grundlage der Einwohnerzahl am 1. Januar 2016 macht das für die Deutschsprachige Gemeinschaft 0,68% aus (76.645 Personen).

Man hat sich beim Verteilerschlüssel für die Deutschsprachige Gemeinschaft auf 0,64% der Kosten geeinigt.

Nach Berechnungen der Kollegen aus der Flämischen Gemeinschaft, die dieses Projekt mit dem niederländischen Institut für die Klassifizierung audiovisueller Medien (NICAM) federführend leiten,  werden im ersten Jahr der Einführung des Systems Gesamtkosten von 270.668€ anfallen. In den folgenden Jahren werden diese Kosten mit rund 82.495 € veranschlagt. Für die Deutschsprachige Gemeinschaft wird damit voraussichtlich folgende Kostenbeteiligung vorgesehen werden müssen:

Kostenverteilung nach Gemeinschaft/Institution

Behördliche Institution

Verteilerschlüssel

Kostenschätzung

26. Juli 2018

Gesamtkosten

100%

270.668 EUR

Flämische Gemeinschaft

52,77%

142.832 EUR

Französische Gemeinschaft

34,51%

93.408 EUR

Brüssel - Hauptstadt

12,08%

32.697 EUR

Deutschsprachige Gemeinschaft

0,64%

1.732 EUR

Für die Deutschsprachige Gemeinschaft fallen also im ersten Jahr Kosten in Höhe von 1.732 Euro an.

In den Folgejahren würden sich die Gesamtkosten auf 82.495 Euro belaufen.

Kostenverteilung nach Gemeinschaft/Institution

Behördliche Institution

Verteilerschlüssel

Kostenschätzung

26. Juli 2018

Gesamtkosten

100%

82.495 EUR

Flämische Gemeinschaft

52,77%

43.533 EUR

Französische Gemeinschaft

34,51%

28.469 EUR

Brüssel - Hauptstadt

12,08%

9.965 EUR

Deutschsprachige Gemeinschaft

0,64%

528 EUR

 

Für die Deutschsprachige Gemeinschaft fallen also in den Folgejahren Kosten in Höhe von 528 Euro an.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 28. September 2018 liegt vor.

Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 26. September  2018 liegt vor.
Das Gutachten des Staatsrates vom 5. Februar 2019 liegt vor.   
 

5. Rechtsgrundlage:

Artikel 130 der Verfassung.

Das Gesetz vom 1. September 1920, das Minderjährigen unter 16 Jahren den Zutritt zu Kinosälen untersagt.

Das Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 § 1 V, eingefügt durch das Sondergesetz vom 6. Januar 2014 über die Sechste Staatsreform, und Artikel 92bis § 1, eingefügt durch das Sondergesetz vom 8. August 1980 und abgeändert durch das Sondergesetz vom 16. Juli 1993.

Das Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4, abgeändert durch das Gesetz vom 20. März 2007, und Artikel 55bis, eingefügt durch das Gesetz vom 18. Juli 1990 und aufgehoben durch das Gesetz vom 5. Mai 1993.

Das Zusammenarbeitsabkommen vom 27. Dezember 1990 zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft, der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission Brüssel-Hauptstadt über die Einrichtung, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der zwischengemeinschaftlichen Filmprüfungsstelle.

Das Zusammenarbeitsabkommen vom 3. Oktober 2001 zur Abänderung des Zusammenarbeitsabkommens vom 27. Dezember 1990 zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft, der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission Brüssel-Hauptstadt über die Einrichtung, die Zusammensetzung und die Arbeitsweise der zwischengemeinschaftlichen Filmprüfungsstelle.