Sitzung vom 12. Dezember 2019

Ratifizierung der Entscheidung des ESF-Auswahlkomitees durch die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft

1. Beschlussfassung:

Die Regierung beschließt die Vergabe von Fördermitteln für ESF-Projekte im Rahmen der Programmphase 2014- 2020 auf Basis der am 3. Dezember 2019 durch das ESF- Auswahlkomitee getroffenen Empfehlungen.

Der Ministerpräsident wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt. Für die konkreten Verhandlungen mit den Projektträgern zur Umsetzung der gefassten Beschlüsse wird das Mandat an die ESF-Verwaltungsbehörde übergeben.

2. Erläuterungen:

a) Zielsetzung des Europäischen Sozialfonds (ESF) allgemein

Der ESF ist Europas wichtigstes Instrument zur Förderung der Beschäftigung – er unterstützt die Menschen beim Zugang zu besseren Arbeitsplätzen und stellt faire Berufsaussichten für die Bürger sicher. Dabei übernimmt der ESF die Kofinanzierung (max. 50 %) von Programmen zur Entwicklung der Humanressourcen. Auf diese Weise kann er zum einen den Einstieg bzw. die Rückkehr in den Arbeitsmarkt erleichtern und zum anderen jenen Personen, die bereits in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, dabei behilflich sein, ihre beruflichen Perspektiven zu verbessern.

b) Zielsetzung des ESF in der Deutschsprachigen Gemeinschaft

Auf Basis des mehrjährigen operationellen Programms der Deutschsprachigen Gemeinschaft für den ESF in der Förderperiode 2014- 2020 im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ unterstützt der ESF in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Maßnahmen in 3 thematischen Schwerpunkten:

1. Beschäftigung

2. Soziale Integration

3. Bildung

c) Allgemeine Verfahrensweise für die vorliegenden bzw. kommenden ESF-Anträge im Rahmen des Operationellen Programms 2014 - 2020

Jährlich werden zwei Projektaufrufe durch die ESF-Verwaltungsbehörde durchgeführt. Unabhängig davon können Trägereinrichtungen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft im Rahmen der Programmphase 2014-2020 fortwährend Anträge auf Förderung von Maßnahmen einreichen. Zweimal pro Jahr tritt das ESF-Auswahlkomitee zusammen, um die Anträge zu begutachten. Anschließend wird der Beschlussvorschlag des Auswahlkomitees der Regierung zur Ratifizierung vorgelegt. Das Auswahlkomitee besteht aus Vertretern der Regierung, der zuständigen Fachbereiche des Ministeriums, des Wirtschafts- und Sozialrates, der Verwaltungsbehörde sowie einem externen Experten aus dem In- oder Ausland.

Im Falle einer Zusage wird die Auftragsbeschreibung jeweils in einer Konvention zwischen der Regierung und dem Projektträger festgehalten. Bei wesentlichen Defiziten in der Realisierung der Vorhaben behält die Regierung sich das Recht vor, finanzielle Kürzungen bzw. den vorzeitigen Abbruch zu veranlassen.

Das detaillierte Verfahren wird in einem Verfahrenshandbuch festgehalten.

d) Ergebnis der Beratungen zum Projekt:

Projekt Nr. 31: „QUBUS Ostbelgien – Ort der Ideen – Out of the box – Into the market“ der WFG Ostbelgien VoG

Das Projekt hat zum Ziel, Teilnehmer bei der Gründung eines Unternehmens, der Entwicklung neuer Produkte/Dienstleistungen und/oder der Beschreitung neuer Märkte zu begleiten und behilflich zu sein. Dieses Ziel wird durch drei Maßnahmen durchgeführt: Maßgeschneiderte Betreuung und Beratung (Maßnahme 1), individuelle und maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote (Maßnahme 2) sowie Vermarktung und Werbung des Projektes/des neuen Angebots in Ostbelgien (Maßnahme 3).

Durchschnittsergebnis der Bewertung des Auswahlkomitees:

 

Angebot u. Nachfrage (25)

19,55

Effizienz (40)

32,42

Finanzrahmen (15)

11,17

Horizontale Prioritäten (15)

10,97

Dokumentation (5)

3,60

TOTAL (100)

77,71

 

Angebot und Nachfrage

Angebot und Nachfrage sind im Antrag beschrieben. Der Bedarf für die Förderung von Unternehmensgründungen ist nachvollziehbar dargestellt. Der Träger bestätigt anhand einer statistischen Auswertung, dass Unternehmensgründungen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft gering sind und vergleicht dies mit anderen Regionen des Landes. Alle weiteren Argumente, die den Bedarf des Projektes darstellen, werden jedoch kaum mit Statistiken belegt. Der Träger erläutert beispielsweise, dass das Angebot des Inkubators (eine Art Wirkungsstätte für Gründungsideen) für den Arbeitsmarkt in der Deutschsprachigen Gemeinschaf relevant sei, da Unternehmensgründungen langfristig Arbeitsplätze schaffen können. Dieses Argument ist nicht falsch, wird jedoch mit keinerlei Erfahrungsberichten oder Statistiken untermauert. Der Bedarf des Angebotes zeige sich, laut Träger, außerdem durch die Anfragen, die bei der WFG eingehen. Eine statistische Grundlage, zur Untermauerung dieser Aussage, wird jedoch auch hier nicht genannt.

Der Träger beschreibt „Starter“ und „Entrepreneurs“ als Zielpublikum des Projektes. Die dargelegten Erläuterungen machen die Auswahl des Zielpublikums nachvollziehbar. Es wird jedoch nicht näher dargelegt, in welchen Sektoren das Projekt den Bedarf von Unternehmensgründungen sieht bzw. fördern möchte. 

Die Ergänzung / Differenz des Inkubators zu ähnlichen Angeboten ist dargelegt und nachvollziehbar. Es wird erklärt, dass der Inkubator eine positive Ergänzung zu in- und ausländischen Angeboten darstellt, bei denen die Klienten oftmals vor geografischen bzw. sprachlichen Schwierigkeiten stehen. Da jedoch bereits ähnliche Angebote in näherer Umgebung vorliegen (bspw. IHK Aachen, Hub qeske in Kerkrade/Vaals/Maastricht, etc.), ist eine Zusammenarbeit ausdrücklich zu empfehlen. Die Abgrenzung des Inkubators zur bestehenden Dienstleistung „XISTENCE“ des Trägers ist im Antrag nicht beschrieben.

Effizienz

Das globale Ziel der Schaffung von Unternehmensgründungen steht im Einklang mit den Schwerpunkten des operationellen Programmes des ESF in der Deutschsprachigen Gemeinschaft. Durch die individuelle Beratung bzw. die Weiterbildungsangebote wird insbesondere die berufliche Bildung von Beschäftigten gefördert, was ein Ziel der Prioritätsachse 3 (Bildung) ist. Es ist jedoch zu betonen, dass im Rahmen des ESF insbesondere die berufliche Förderung / Betreuung von Einzelpersonen im Mittelpunkt stehen sollte und weniger die Förderung einer Infrastruktur.

Die drei vorgeschlagenen Maßnahmen, die das Angebot des Inkubators darstellen, sind aufeinander abgestimmt. Die Betreuung und Beratung (Maßnahme 1) sowie die Vermarktung/Werbung (Maßnahme 3) bilden eine Grundlage für die anschließenden individuellen Weiterbildungsangebote (Maßnahme 2).

Laut Träger bietet der Inkubator maßgeschneiderte Beratungen bzw. Weiterbildungen an und kann somit auf unterschiedliche Bedarfe/Anfragen der „Starter“ und „Entrepreneurs“ (dem Zielpublikum) eingehen. Da das Zielpublikum jedoch sehr allgemein und nicht (sektor)spezifisch formuliert ist, könnte es gleichzeitig auch eine Herausforderung für den Projektleiter sein, ohne vorhandener sektorspezifischer Expertise auf die konkreten Anfragen des jeweiligen Publikums einzugehen.

Die dargelegten Durchführungsindikatoren (Teilnehmerzahlen) und Ergebnisindikatoren (Unternehmensgründungen / Finanzierungszusagen) sind geeignet und messbar. Die vorgeschlagenen Maßnahmen lassen das Erreichen einer Unternehmensgründung/ Finanzierung (der Zielsetzung) auch realistisch erscheinen. Einige Mitglieder des Auswahlkomitees erachten die Indikatoren jedoch als zu niedrig und somit als nicht ambitiös. Da das Projekt Weiterbildungsangebote (Maßnahme 2) auch für Gruppen anbietet, gehe man davon aus, dass mehr als zehn Personen pro Jahr erreicht werden könnten. Gleiches gilt für die Anzahl Teilnehmer bei öffentlichen Events (Maßnahme 3). Auch hier könnte der Projektträger bei zwei Veranstaltungen pro Jahr mehr als 30 Teilnehmer anvisieren. Außerdem sind die Ziele der Unternehmensgründungen/ Finanzierungen (Wirkungsindikator) ebenfalls nicht ambitioniert gestaltet, da sich die Zielsetzungswerte vom ersten (2020) zum zweiten (2021) Durchführungsjahr nicht steigern. Somit ist bei einer steigenden Bekanntheit des Projekts nach einem bzw. im zweiten Jahr und entsprechend größeren Erfahrungswerten auch von einer erfolgreicheren Teilnehmerakquise auszugehen.

Die Tätigkeitsbeschreibung des Projektleiters und der Projektassistenz/Sekretariat (des Personals) ist angemessen. Auch die Qualifikation des Projektleiters (Projektmanagement, Veranstaltungskoordination, Coaching-Fähigkeiten, Networking Skills, etc.) scheint passend zu sein. Da das Zielpublikum sehr allgemein definiert ist, kann der Bedarf der Klienten u.a. sehr unterschiedliche Expertisen fordern, die vom Projektleiter nicht alle abgedeckt werden können. Somit sollte das Projekt externe Expertise (durch Referenten oder Zusammenarbeit anderer Einrichtungen) auch gewährleisten können.

Die räumliche und technische Ausstattung des Quartum-Zentrums scheint ausreichend (Coworking-Space mit 10 Arbeitsplätzen, Büro, Versammlungsraum, etc.).

Finanzrahmen

Der Finanzrahmen ist angemessen. Jedoch wird vermutet, dass der Projektträger langfristig vor finanziellen Schwierigkeiten stehen wird. Die Pauschale der Funktionskosten (30% der Personalkosten) wird es nicht ermöglichen, die Kosten für externe Referenten für die individuellen Weiterbildungen (Maßnahme 2) sowie für die Infrastruktur (den Coworking Space) abzudecken.

Horizontale Prioritäten

Der Träger beschreibt die horizontalen Prioritäten im Antrag. Die Zielsetzungen der Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung sowie der Gleichstellung von Männern und Frauen sind jedoch insofern unzureichend als der Träger beschreibt, dass niemand ausgeschlossen wird, gleichzeitig jedoch nicht erklärt, inwiefern Maßnahmen geplant sind, um ein Publikum gezielt anzusprechen. Die Maßnahmen zur Zusammenarbeit mit anderen Partnern, für das Qualitätsmanagement, für die Nachhaltigkeit sowie für die Nachbetreuung von Teilnehmern sind hingegen ausreichend beschrieben. Der Träger erhofft sich, dass durch eine indirekte Schaffung von Arbeitsplätzen eine Brückenfunktion zum Arbeitsmarkt erreicht wird. Es werden jedoch auch hier keine Maßnahmen beschrieben, um dieses Ziel proaktiv zu verfolgen.

Dokumentation

Die Antragsunterlagen bauen logisch aufeinander auf. Insbesondere das Dokument der Zusatzerläuterungen hat das Verständnis des Antrags erleichtert.

Beschlussvorschlag

Das Projekt wird für förderfähig befunden.

Allerdings wird dem Träger angeraten, die Durchführungsindikatoren (Teilnehmerzahlen) sowie die Wirkungsindikatoren (Unternehmensgründungen / Finanzierungen) ambitionierter zu gestalten.

  • Dies bedeutet zum einen, die Zielwerte der Teilnehmer (Durchführungsindikatoren) sowie der Unternehmensgründungen/Finanzierungen (Wirkungsindikator) des zweiten Durchführungsjahres 2021 höher zu setzen, als die des ersten Durchführungsjahres 2020.
  • Zum anderen, wird empfohlen, die Teilnehmerzahlen (Durchführungsindikator) der individuellen Weiterbildungen (Maßnahme 2) sowie der Events (Maßnahme 3) höher anzusetzen. Gruppenangebote sowie Veranstaltungen können unter Umständen mehr Teilnehmer generieren, als anvisiert (siehe Punkt: Effizienz).

3. Finanzielle Auswirkungen:

Die Ratifizierung der Entscheidungen des ESF-Auswahlkomitees betreffen die Haushalte der Deutschsprachigen Gemeinschaft 2020, 2021 und gegebenenfalls 2022, da die Endabrechnung des beantragten ESF-Projektes in 2022 vorgenommen wird.

Die Gesamtkosten des Projektes belaufen sich auf maximal 283.608,00 €, die durch die Deutschsprachige Gemeinschaft über diverse Haushaltsposten getragen wird. Es wird keine Additionalität (Einnahme) durch das Projekt festgestellt. 

Mittelrealisierung/-bindung für den ESF-Anteil bei vollständiger Berücksichtigung des Antrags:

 

 

A

B

C

D = (A+B) - C

Prioritätsachse

Bisher realisierte ESF- Mittel

(2015-2018)

Gebundene

ESF-Mittel

(2019-2020)

Zur Verfügung stehende ESF-

Mittel im OP

(2015-2021)

Handlungsmarge

(2020-2021)

1. Beschäftigung

1.492.179,42 €

1.000.569,74 €

3.300.000,00 €

807.250,84 €

2. Soziale Integration

2.868.109,67 €

1.768.507,03 €

5.500.000,00 €

863.383,30 €

3. Bildung

842.761,61 €

480.494,32 €

1.760.000,00 €

436.744,07 €

Total ohne Technische Hilfe

5.203.050,70 €

3.249.571,09 €

10.560.000,00 €

2.107.378,21 €

 

4. Gutachten:

Gutachten sind nicht erforderlich.

5. Rechtsgrundlage:

  • Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates;
  • Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Rates;
  • Operationelles Programms der DG für den ESF in der Förderperiode 2014 - 2020 im Rahmen des Ziels „Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“, Europäischer Sozialfonds 2014-2020, CCI-Nr. 2014BE05SFOP001, Entscheidung C(2014)9436 der EU-Kommission vom 4. Dezember 2014;
  • Erlass der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 13. November 2014 zur Schaffung eines Begleitausschusses und eines Auswahlkomitees für den Europäischen Sozialfonds 2014- 2020;