Sitzung vom 14. Mai 2020

Erlass der Regierung zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Krise im Beschäftigungsbereich

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster und letzter Lesung den Erlass zur Abfederung der Auswirkungen der Corona-Krise im Beschäftigungsbereich.

Das Gutachten des Staatsrates wird in Anwendung von Artikel 3 §1 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 bedingt durch die Dringlichkeit nicht angefragt. Die Dringlichkeit ist dadurch begründet, dass die Föderalregierung seit dem 13. März 2020 auf Anraten des Nationalen Sicherheitsrates im Kontext der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise außerordentliche Maßnahmen ergriffen hat; dass diese Maßnahmen weitreichende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben haben, die nach wie vor flächendeckend spürbar sind, darunter auch in den Einrichtungen, Organisationen und Unternehmen auf dem deutschen Sprachgebiet; dass die Krise und ihre Folgen ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die gesamtwirtschaftliche Situation haben; dass die Aktivitäten der besagten Organisationen, Einrichtungen und Unternehmen aufgrund der Krise und ihrer Folgen derzeit weitgehend brach liegen; dass dies womöglich schon kurzfristig eine Steigerung der Arbeitslosigkeit innerhalb der besagten Organisationen, Einrichtungen und Unternehmen zur Folge haben könnte; dass es dringend notwendig scheint, die sich möglicherweise daraus ergebende Arbeitslosigkeit so schnell es geht einzudämmen; dass die aufgrund dieses Erlasses ergriffenen Maßnahmen als das für die Erreichung dieser Zielsetzung angemessenste Mittel zu sein scheinen;

In der Erwägung, dass darüber hinaus die Krise die Regelungen für Beschäftigung, Berufsausbildung, sozial-berufliche Integration und die Sozialwirtschaft sowie die Ziele, die mit diesen Regelungen erreicht werden sollen, gefährden könnte; dass die direkten oder indirekten Folgen der Krise ein rasches Management und eine schnelle Reaktion auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft erfordern; dass der Grundsatz der Kontinuität der öffentlichen Dienste zu gewährleisten ist und es daher notwendig ist, die Organisation der öffentlichen Dienste anzupassen, die für die Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, sozial-berufliche Integration und Sozialwirtschaft zuständig sind, wobei insbesondere die Achtung der Rechte ihrer Begünstigten zu gewährleisten ist, sodass die Verabschiedung des vorliegenden Erlasses aus vorstehenden Gründen keinen Aufschub mehr duldet.

Die Ministerin für Kultur und Sport, Beschäftigung und Medien wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Die Bestimmungen des vorliegenden Erlasses dienen einzig und allein dazu, die Auswirkungen der Corona-Krise in beschäftigungspolitischer Hinsicht abzufedern.

Erhöhte Subvention auch bei nicht anerkannten Arbeitgebern (Kapitel 1)

Den ÖSHZ auf dem deutschen Sprachgebiet wird die erhöhte Subvention im Rahmen der durch Artikel 60§7 des Grundlagengesetzes vom 8. Juli 1976 über die öffentlichen Sozialhilfezentren vorgesehenen Maßnahme weiterhin gewährt, wenn die gemäß dieser Bestimmung beschäftigte Person aufgrund der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden föderalen Maßnahmen zur Eindämmung  nicht mehr in einer anerkannten sozialwirtschaftlichen Initiative beschäftigt werden kann und stattdessen einem nicht anerkannten Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird. Das Ziel ist die Beibehaltung der sozialen Eingliederung in Form einer Beschäftigung zugunsten des Arbeitnehmers.

Diese Zurverfügungstellung an nicht anerkannte sozialwirtschaftliche Initiativen mit Anrecht auf erhöhte Subvention sind zulässig für die Periode vom 1. März 2020 bis 31. Mai 2020.

Es besteht jedoch die Möglichkeit, diesen Zeitraum zweimal um dieselbe Dauer zu verlängern.

Verlängerung der Frist für den Tätigkeitsbericht der Leiharbeitsvermittler (Kapitel 2)

Es ist angesichts der gegenwärtigen Krise angebracht, die Verpflichtung zur Vorlage des Tätigkeitsberichts bis zum 30. September zu verlängern, sodass die Berichte nicht schon am 30. Juni eingereicht werden müssen.

Auch hier besteht die Möglichkeit, den Aufschub zweimal zu verlängern.

Erhöhung der AktiF- und AktiF PLUS-Zuschüsse (Kapitel 3)

Durch das Krisendekret II vom 27. April 2020 wurde die Regierung ermächtigt, die AktiF- und AktiF PLUS-Zuschüsse zu erhöhen. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 werden nun alle AktiF- und AktiF PLUS-Zuschüsse um 100 % erhöht.

Die allgemeinen Zuschüsse (für Arbeitgeber im kommerziellen Privatsektor) werden verdoppelt sowohl für Arbeitnehmer, die zum 1. Juli 2020 bereits im Rahmen eines AktiF-Vertrages gefördert werden, als auch für alle Neueinstellungen ab diesem Zeitpunkt. Diese Maßnahme dient zum einen zur Vermeidung von Entlassungen am Ende der zeitweiligen Corona-Arbeitslosigkeit und zum anderen zur Förderung der Beschäftigung von Personen, die infolge der Corona-Pandemie ihren Arbeitsplatz definitiv verloren haben.

Bei den projektgebundenen Zuschüssen (VoG) und bei den Zuschüssen im Rahmen von Konventionsstellen (lokale Behörden) hingegen gilt die Verdopplung der Zuschüsse lediglich im Falle von Neueinstellungen ab dem 1. Juli 2020.

Das Krisendekret II ermöglicht eine einmalige Verlängerung um weitere sechs Monate.

Verlängerung der allgemeinen Zuschüsse um sechs Monate (Kapitel 3)

Der AktiF- oder der AktiF PLUS-Zuschuss wird nach Ablauf der Förderdauer während weiteren sechs Monaten ausgezahlt, insofern die Person zwischen dem 13. März 2020 und dem 30. September 2020 beim Arbeitgeber beschäftigt war/ist. Es handelt sich bei der Verlängerung um die Höhe des AktiF-Zuschusses ab dem zweiten Jahr und um die Höhe des AktiF PLUS-Zuschusses des dritten Jahres. Dies bedeutet, dass bei angewandter Degressivität der niedrigere Zuschuss verlängert bzw. während sechs Monaten weitergezahlt wird.

Auch hier ermöglicht das Krisendekret II eine einmalige Verlängerung um sechs Monate.

Sonderzuwendung für lokale Behörden (Kapitel 4)

Den lokalen Behörden wird eine zweckgebundene Sonderzuwendung gewährt, um den möglichen durch die Corona-Krise bedingten Bedarf an zusätzlichen bezuschussten AktiF-Arbeitskräften zu bedienen, einerseits indem ein evtl. kurzfristiger Bedarf an Personal rückwirkend ab dem 13. März 2020 über die AktiF-Förderung finanziert werden kann. Diese Möglichkeit wird den lokalen Behörden eingeräumt, die bereits jetzt das ihr zur Verfügung stehende Budget beinahe oder vollständig in Anspruch nehmen. (Corona spezifische Phase I).

Andererseits dient dieses Budget zur Finanzierung der neu eingestellten AktiF-Arbeitnehmer ab dem 1. Juli 2020, für die die Regierung einen doppelten AktiF- oder AktiF PLUS-Zuschuss gewährt. (nicht Corona spezifisch Phase II).

Krisenprämie bei Unterbrechung oder Abbruch der individuellen Berufsausbildung im Unternehmen aufgrund der COVID-19-Pandemie (Kapitel 5)

Artikel 5 ist anwendbar auf die Teilnehmer einer individuellen Berufsausbildung im Unternehmen des Arbeitsamtes, die aufgrund der COVID-19-Pandemie und den in diesem Zusammenhang getroffenen Entscheidungen des Nationalen Sicherheitsrates ihrer Tätigkeit vorübergehend nicht nachgehen können oder deren Berufsausbildung vorzeitig abgebrochen wurde.

Die Personen, die sich in einer dieser beiden Situationen befinden, können eine Krisenprämie erhalten, die der Differenz zwischen 70 Prozent des steuerbaren Lohns und den jeweiligen Lohnersatzeinkünften entspricht. Durch diese Krisenprämie wird garantiert, dass die betroffenen Personen während der COVID-19-Pandemie 70 % ihrer gewöhnlichen Einkünfte erhalten (in Analogie zur Vorgehensweise des Landesamtes für Arbeitsbeschaffung bei der zeitweiligen Arbeitslosigkeit wegen höherer Gewalt).

Die Krisenprämie kann gezahlt werden, wenn die Person keine Lohnersatzeinkünfte des öffentlichen Sozialhilfezentrums bezieht, auf die sie vor der Unterbrechung oder des vorzeitigen Abbruchs der individuellen Berufsausbildung noch kein Anrecht hatte.

Um das Anrecht auf die Krisenprämie zu eröffnen, reichen die betroffenen Personen einen Antrag beim Arbeitsamt ein. Wenn der Antrag zulässig ist, wird die Prämie monatlich durch das Arbeitsamt ausgezahlt. Die Maßnahme ist auf den 30. Juni 2020 begrenzt, kann jedoch durch den Minister verlängert werden.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Erhöhte Subvention auch bei nicht anerkannten Arbeitgebern (Kapitel 1)

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Verlängerung der Frist für den Tätigkeitsbericht der Leiharbeitsvermittler (Kapitel 2)

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

Erhöhung der AktiF- und AktiF PLUS-Zuschüsse (Kapitel 3)

Die Verdopplung der Zuschüsse betrifft alle Neueinstellungen ab dem 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 im gesamten AktiF-Bereich (allgemeine Förderung, projektgebundene Förderung, Konventionsstellen). Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht absehbar, wie sich das (Neu-)Einstellungsverhalten in Folge der Corona-Krise bei den privatrechtlichen Arbeitgebern (VoG und gewerbliche Arbeitgeber) und den öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern (primär lokale Behörden) entwickeln wird. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die zu erwartende konjunkturelle Entwicklung dazu führen wird, dass die Arbeitgeber – trotz der Verdoppelung der Zuschüsse – ein defensives Einstellungsverhalten an den Tag legen werden.  Bei den sogenannten allgemeinen Zuschüssen (zeitliche befristete AktiF-Förderung im vornehmlich kommerziellen Bereich) werden auch die Zuschüsse für die AktiF-Arbeitnehmer verdoppelt, die am 1. Juli 2020 im Rahmen eines AktiF-Vertrages gefördert werden (Bestand). Gemäß Simulation (siehe Anlage 20.212) wird diese Aufstockung aufgrund des aktuellen Personalstandes Mehrkosten in Höhe von 561.000 € zur Folge haben. Bei dieser Berechnung wird jedoch nicht dem Umstand Rechnung getragen, dass im ersten Halbjahr Mitarbeiter in zeitweilige Arbeitslosigkeit versetzt wurden. Für diese Perioden entsteht kein Anspruch auf einen AktiF-Zuschuss, da das LfA/ONEM in dieser Zeit den Lohnausfall kompensiert.  Ferner ist davon auszugehen, dass im Bereich der Zielgruppenermäßigung für ältere Arbeitnehmer im laufenden Haushaltsjahr ebenfalls weniger Mittel abgerufen werden, da während dem Zeitraum, während dem das LfA/ONEM die Unterstützung für zeitweilige Arbeitslosigkeit zahlt, das LASS keine personenbezogene Zielgruppenermäßigung zu Lasten des Haushaltes der Deutschsprachigen Gemeinschaft gewährt. In den Zuweisungen OB30, PR 23, ZW 33.02 und ZW 43.01 wurden zudem im Rahmen der ersten Haushaltsanpassung die Mittel um 300.000 € respektive 200.000 € erhöht.

Verlängerung der Zuschüsse um sechs Monate (Kapitel 3)

Die Verlängerung der Förderdauer im Bereich der allgemeinen Stellen um 6 Monate wird erst Auswirkungen in den nächsten Haushaltsjahren haben. Ausgehend von der aktuellen Personalsituation können diese wie folgt beziffert werden: 2021: 72.000 €; 2022: 153.000 €; 2023: 78.000 €.

Sonderzuwendung lokale Behörden (Kapitel 4)

Die lokalen Behörden verfügen über ein nach objektiven Kriterien berechnetes Sonderbudget für die Einstellung von AktiF-Personal. Dieses Budget wird jedes Mal angepasst, wenn auch die personenbezogenen Zuschüsse indexiert werden (Artikel 40 des Erlasses vom 28. September 2018). Aufgrund der Tatsache, dass die Zuschüsse für Neueinstellungen ab dem 1. Juli 2020 verdoppelt werden, muss folgerichtig auch das den lokalen Behörden zur Verfügung stehende Budget erhöht werden.    Dieses Budget soll provisorisch im 4. Quartal 2020 festgelegt werden, d.h. wenn man sieht, wie sich das Einstellungsverhalten im 3. Quartal 2020 entwickelt hat. Ferner besteht die Möglichkeit – wie oben erwähnt – für die Periode vom 13. März 2020 bis zum 30. Juni 2020 ein Corona bedingtes Zusatzbudget zu beantragen. Hier wird es sich primär um die Förderung von AktiF-Mitarbeitern handeln, deren vertragliche Arbeitszeiten krisenbedingt ausgeweitet werden. Dieses Budget muss beantragt und begründet werden. Da es sich nur um lokale Behörden handeln wird, die in dem Bereich einen erhöhten Bedarf haben (bspw. Wohn- und Pflegezentren für Senioren), wird sich der effektive Bedarf in einem überschaubaren Bereich bewegen.                          

Prämie für IBU-Praktikanten, deren Ausbildung aufgrund der „Corona-Krise“ unterbrochen bzw. abgebrochen wurde (Kapitel 5)

Die finanziellen Auswirkungen der Krisenprämie bei Unterbrechung oder Abbruch der individuellen Berufsausbildung im Unternehmen aufgrund der COVID-19-Pandemie hängen von folgenden Faktoren ab.

  1. Anzahl der Abbrüche und die verbleibende Vertragsdauer vor Auslaufen der Maßnahme;
  2. Anzahl und Dauer der Unterbrechungen (entschuldigte Abwesenheiten);
  3. Höhe des steuerbaren Einkommens und der Lohnersatzeinkünfte der betroffenen Personen;
  4. Beantragung von möglichen Lohnersatzeinkünften der betroffenen Personen beim Öffentlichen Sozialhilfezentrum (in diesem Fall wird die Prämie nicht gewährt);
  5. Befristung der Maßnahme (der vorliegende Erlass sieht den 30. Juni 2020 vor; der Minister kann die Maßnahme drei Mal um jeweils einen Monat verlängern).

Bisher sind aufgrund der COVID-19-Pandemie 2 Abbrüche und 30 Unterbrechungen (entschuldigte Abwesenheiten) von individuellen Berufsausbildungen im Unternehmen zu verzeichnen. Bei 11 Teilnehmern läuft die Berufsausbildung wie geplant weiter. Ausgehend von den Angaben zu diesen insgesamt 43 Personen können die finanziellen Auswirkungen folgendermaßen geschätzt werden.

Schätzung

30.06.2020

31.07.2020

31.08.2020

30.09.2020

Krisenprämie IBU bei Auslaufen der Maßnahme am:

70.938 €

94.119 €

116.974 €

139.992 €

Mögliche Zusatzkosten bei Auslaufen der Maßnahme am*:

16.833 €

25.250 €

33.667 €

42.083 €

Maximale Kosten bei Auslaufen der Maßnahme am:

87.771 €

119.369 €

150.640 €

182.075 €

* mögliche Zusatzkosten, die anfallen würden, wenn die Ausbildungen, die momentan noch weiterlaufen, unterbrochen würden (entschuldigte Abwesenheit).

4. Gutachten:

  • Verpflichtende Gutachten wurden aufgrund von Artikel 5 des Krisendekrets 2020 vom 6. April 2020 nicht eingeholt.
  • Das Gutachten des Staatsrats wurde aufgrund der Dringlichkeit nicht eingeholt.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 4. Mai 2020 liegt vor.
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 6. Mai 2020 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Gesetz vom 2. April 1965 bezüglich der Übernahme der von den öffentlichen Sozialhilfezentren gewährten Hilfeleistungen, Artikel 5 §4bis Absatz 4;
  • Grundlagengesetz vom 8. Juli 1976 über die öffentlichen Sozialhilfezentren, Artikel 60 §7;
  • Dekrets vom 17. Januar 2000 zur Schaffung eines Arbeitsamtes in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Artikel 2 §2 Absatz 1;
  • Gesetz vom 26. Mai 2002 über das Recht auf soziale Eingliederung, Artikel 36 §2 Absatz 2;
  • Dekret vom 11. Mai 2009 über die Zulassung der Leiharbeitsvermittler und die Überwachung der privaten Arbeitsvermittler, Artikel 12 §1 Nummer 7 und §3 Absatz 1;
  • Dekret vom 28. Mai 2018 zur AktiF- und AktiF PLUS-Beschäftigungsförderung, Artikel 43.2 bis 43.5.