Sitzung vom 2. Juli 2020

Vorentwurf eines Dekrets zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen dem Föderalstaat, der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region, der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission über die gemeinsame Verarbeitung von Daten durch Sciensano und die von den zuständigen regionalen Behörden oder von den zuständigen Agenturen beauftragten Kontaktzentren, Gesundheitsinspektionen und mobilen Teams im Rahmen einer Kontaktuntersuchung bei (vermutlich) mit dem Coronavirus COVID-19 infizierten Personen auf der Grundlage einer Datenbank bei Sciensano

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Vorentwurf eines Dekrets zur Billigung des Zusammenarbeitsabkommens zwischen dem Föderalstaat, der Flämischen Gemeinschaft, der Wallonischen Region, der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission über die gemeinsame Verarbeitung von Daten durch Sciensano und die von den zuständigen regionalen Behörden oder von den zuständigen Agenturen beauftragten Kontaktzentren, Gesundheitsinspektionen und mobilen Teams im Rahmen einer Kontaktuntersuchung bei (vermutlich) mit dem Coronavirus COVID-19 infizierten Personen auf der Grundlage einer Datenbank bei Sciensano.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 3 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer Frist von fünf Arbeitstagen zu beantragen, ggf. im Rahmen einer gemeinschaftlichen Beantragung dieses Gutachtens mit den anderen am Zusammenarbeitsabkommen beteiligten Parteien. Die Dringlichkeit ist wie folgt begründet:

  • dieser Vorentwurf betrifft eine außergewöhnliche Krisensituation, nämlich die Folgen der derzeit in Belgien herrschenden COVID-19-Pandemie, die besondere und schwerwiegende Probleme im Bereich der Volksgesundheit aufwirft;
  • es ist für die Volksgesundheit und zur Vermeidung eines Wiederaufflammens der COVID-19-Pandemie unerlässlich, dass eine gemeinsame Verarbeitung von Daten durch Sciensano und die von den zuständigen regionalen Behörden oder den zuständigen Agenturen beauftragten Kontaktzentren, Gesundheitsinspektionen und mobilen Teams im Hinblick auf eine Kontaktuntersuchung von (vermutlich) mit dem Coronavirus COVID-19 infizierten Personen auf der Grundlage einer Datenbank bei Sciensano erfolgen kann;
  • in ihrer Stellungnahme 67.425/3 zu einem Gesetzesvorschlag "zur Schaffung einer Datenbank bei Sciensano im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus COVID-19" (Parlamentsdok., Kammer 2019-2020, Nr. 55-1249/001) vertrat die Gesetzgebungsabteilung die Auffassung, dass der Gegenstand des vorerwähnten Gesetzesvorschlags, der auch Gegenstand des aktuellen Entwurfs ist, sowohl die Kompetenzen des Föderalstaats und der Gemeinschaften betrifft und dass der vorgeschlagene Rechtstext nur verabschiedet werden kann, wenn er in ein Zusammenarbeitsabkommen übertragen wird, das der Zustimmung der Parlamente bedarf;
  • aufgrund der Dringlichkeit der Angelegenheit sieht der Königliche Sondervollmachtenerlass Nummer 44 vom 26. Juni 2020 eine vorläufige Regelung dieser Angelegenheit vor, bis eine dauerhaftere und rechtlich sichere Lösung in Form eines Zusammenarbeitsabkommens gefunden ist;
  • der Königliche Erlass Nummer 44 wird am 15. Oktober 2020 außer Kraft treten;
  • für das ordnungsgemäße Funktionieren, die Kontinuität und das Vertrauen der Bürger in das System der Kontaktermittlung ist es wichtig, dass so schnell wie möglich die erforderliche Rechtssicherheit hinsichtlich der beabsichtigten Datenverarbeitung geschaffen wird;
  • Es ist daher wichtig, dass dieses Zusammenarbeitsabkommen so bald wie möglich und gleichzeitig mit den verschiedenen Billigungsdekreten bzw. dem Billigungsgesetz im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht wird.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 26 §1 Absatz 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 2017 zur Schaffung der Datenschutzbehörde das Gutachten in einer Frist von 15 Tagen zu beantragen, ggf. im Rahmen einer gemeinschaftlichen Beantragung dieses Gutachtens mit den anderen am Zusammenarbeitsabkommen beteiligten Parteien. Die Dringlichkeit ist durch die hiervor erwähnten Elemente begründet.

Der Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Im Kontext der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise wurde das belgische Institut für öffentliche Gesundheit Sciensano durch den Königlichen Erlass Nr. 18 vom 4. Mai 2020 „zur Schaffung einer Datenbank bei Sciensano im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus COVID-19“ damit beauftragt, Gesundheitsdaten von Patienten bei verschiedenen Dienstleistern oder Einrichtungen des Gesundheitswesens zu sammeln und in einer Datenbank zu verarbeiten. Darüber hinaus werden auch persönliche Daten von Personen erfasst, mit denen der Patient in Kontakt gekommen ist. Durch dieses contact tracing sollen eventuelle Infektionsketten zurückverfolgt werden können. Dies soll durch die anschließende gezielte Vermittlung von Informationen und Empfehlungen dazu dienen, eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern.

Die Gemeinschaften und Regionen wurden in diesem Zusammenhang damit beauftragt, sogenannte Kontaktzentren (oder Call-Center) einzurichten, die damit betraut werden, Infektionsketten mit dem Coronavirus COVID-19 zu durchbrechen.

Um ihre Aufträge wahrnehmen zu können, ist es jedoch auch erforderlich, dass die Kontaktzentren personenbezogene Daten verarbeiten kann. In diesem Rahmen werden in großem Maße mitunter sensible personenbezogene Daten verarbeitet.

In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass der vorerwähnte Königliche Erlass Nr. 18 Kritik der Datenschutzbehörde nach sich gezogen hat (Gutachten Nr. 36/2020 vom 29. April 2020). Ein zu diesem Königlichen Erlass wortgleicher Gesetzvorschlag (Gesetzvorschlag zur Schaffung einer Datenbank bei Sciensano im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus COVID-19, Parlamentsdok., Kammer, 2019-2020, 1249/001) wurde dem Staatsrat vorgelegt. In seinen Gutachten 67.425/3, 67.426/3 und 67.427/3 zu diesem Gesetzesvorschlag und seinen Abänderungsvorschlägen, schloss der Staatsrat darauf, dass der Föderalstaat nicht allein dafür zuständig ist, eine zentrale Datenbank für die Rückverfolgung von Infektionsketten einzurichten.

Aus diesen Gründen wird derzeit zwischen dem Föderalstaat und den zuständigen Teilstaaten das vorliegende Zusammenarbeitsabkommen ausgearbeitet, das sowohl in zuständigkeitsrechtlicher als auch in datenschutztechnischer Hinsicht allen Gutachten und Anforderungen Genüge tun soll.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass dieses Abkommen im Detail vorsieht, zu welchen Zwecken Daten verarbeitet werden (Artikel 1 und 3), dass die Daten in verschiedenen Datenbanken verarbeitet werden, damit nicht alle an der Rückverfolgung der Infektionsketten beteiligten Mitarbeiter und Dienste zu allen Daten Zugang haben (Artikel 2, 7, 8 und 9), wessen Daten genau verarbeitet werden (Artikel 4), welche Daten genau verarbeitet werden (Artikel 6-9), welche Befugnisse der Informationssicherheitsausschuss hat (Artikel 11 und 12), welche Sicherheitsmaßnahmen zu treffen sind (Artikel 13), welches der Rahmen für eine offizielle, belgienweite Tracing App ist (Artikel 14), welches die Aufbewahrungsdauer einzelner Daten ist (Artikel 15), welche die Rechte der Betroffenen sind (Artikel 16), wie Streitigkeiten bezüglich des Abkommens geregelt werden (Artikel 17), wie die Anwendung des Abkommens kontrolliert wird (Artikel 18) und wann das Abkommen in Kraft tritt (Artikel 19).

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen zum aktuellen Zeitpunkt keine zusätzlichen Personalkosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Tatsächlich wird das Kontaktzentrum mit den bestehenden Ressourcen der Deutschsprachigen Gemeinschaft aufgebaut und in Betrieb genommen.

Die Beteiligung der Deutschsprachigen Gemeinschaft an der gemeinsam mit den anderen zuständigen Behörden angekauften Software für das Call-Center liegt bei 0,62%. Bei einer Laufdauer von 7 Monaten bedeutet dies ein finanzieller Aufwand von ca. 32.000 Euro. Hierfür stehen ausreichend Mittel im Ausgabenhaushalt (OB 20 PR 00 Zw. 12.11) zur Verfügung.

Je nach Entwicklung der gesundheitlichen Lage wird es jedoch vonnöten sein, neues Personal einzustellen bzw. den Betrieb des Kontaktzentrums weiterzuführen. Daher ist der genaue Umfang der Gesamtkosten derzeit nicht absehbar.

Für das Legen des Rechtsrahmens einer Tracing-App entstehen keine Kosten. Erst bei tatsächlicher Schaffung (d.h. durch ausführende Zusammenarbeitsabkommen) können Kosten anfallen.

4. Gutachten:

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 19. Juni 2020 liegt vor.
  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 24. Juni 2020 liegt vor.
  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 29. Juni 2020 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Artikel 5 §1 I Nummer 8 und Artikel 92bis §1 des Sondergesetzes vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen.
  • Artikel 4 §2 und 55bis des Gesetzes vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft.