Sitzung vom 16. Juli 2020

Erlass der Regierung zur Abänderung des Erlasses der Regierung vom 19. April 1995 zur Festlegung des Anerkennungs und Schliessungsverfahrens für Krankenhäuser und Krankenhausdienste

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Erlass zur Abänderung des Erlasses der Regierung vom 19. April 1995 zur Festlegung des Anerkennungs- und Schliessungsverfahrens für Krankenhäuser und Krankenhausdienste.

Der Vize-Ministerpäsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung vorliegenden Beschlusses beauftragt.

Erläuterungen:

Die Reform des Krankenhauswesens war eine der Prioritäten der letzten   Föderalregierung. Um die klinische Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten, werden ab dem 1.1.2020 landesweit 25 lokoregionale klinische Krankenhausnetzwerke geschaffen. Diese Netzwerke verfügen über eine eigene juristische Rechtspersönlichkeit sowie ein eigenes Verwaltungsorgan und werden von dem/den zuständigen Teilstaat(en) anerkannt.

Bei den Angeboten der Krankenhäuser (Abteilungen, Funktionen, Pflegeprogramme, schwere medizinische Geräte, etc.) wird fortan zwischen allgemeinen lokoregionalen, spezialisierten lokoregionalen und überregionalen Pflegeaufträgen unterschieden:

  • Lokoregionale Pflegeaufträge müssen in jedem lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerk angeboten werden;
  • Spezialisierte lokoregionale Pflegeaufträge dürfen nicht in jedem Krankenhaus des Netzwerkes angeboten werden;
  • Überregionale Pflegeaufträge werden in sogenannten Referenzkrankenhäusern angeboten und dürfen nicht in jedem lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerk angeboten werden. Für jeden überregionalen Pflegeauftrag, den ein Krankenhausnetzwerk nicht selbst anbietet, muss es mit mindestens einem und maximum drei Referenzkrankenhäusern formale Abkommen schließen.

Ziel dieser Reform ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern zu fördern und spezialisierte sowie hochspezialisierte Angebote zu zentralisieren, da diese eine sehr kostspielige Infrastruktur benötigen und hohe Funktionskosten verursachen. Durch die dabei entstehenden Skaleneffekte können Ressourcen eingespart werden und die Patienten in diesen hochspezialisierten Einheiten aufgrund höherer Fallzahlen und der fachlichen Expertise effizienter behandelt werden. 

Die einzelnen Krankenhäuser behalten ihre eigene Identität (Anerkennungsnummer, juristische Rechtspersönlichkeit, etc.) sowie ihren Gestaltungsfreiraum und finanzielle Verantwortung.

Die Krankenhausreform respektiert das Recht des Patienten in Bezug auf die freie Wahl des Leistungserbringers sowie die therapeutische Freiheit der Mediziner.

Vorliegender Erlass regelt die Anerkennung im Rahmen der klinischen Vernetzung zwischen Krankenhäusern. Folgende Anerkennungen können von dem/den zuständigen Teilstaat(en) ausgesprochen werden:

  • Anerkennung als lokoregionales klinisches Krankenhausnetzwerk
  • Anerkennung als Krankenhaus mit lokoregionalem Pflegeauftrag innerhalb des lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerks
  • Anerkennung als Krankenhaus mit überregionalem Pflegeauftrag innerhalb des lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerks
  • Anerkennung als Referenzkrankenhaus innerhalb des lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerks
  • Anerkennung für überregionale Zusammenarbeit zwischen lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerken

Da derzeit noch keine Normen für die Anerkennung von Krankenhäusern mit lokoregionalem Pflegeauftrag und mit überregionalem Pflegeauftrag, von Referenzkrankenhäusern und für überregionale Zusammenarbeit zwischen lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerken verabschiedet wurden, wurden diese Aspekte wieder aus dem Erlassentwurf entfernt. Nach Verabschiedung der entsprechenden Grundgesetzgebung (d.h. die Basisnormen) durch den Föderalstaat wird der Erlass erneut angepasst.

Der Krankenhausbeirat der Deutschsprachigen Gemeinschaft hat auf Anfrage und im Rahmen seiner Sitzung vom 11. September 2019 ein Gutachten zu vorliegendem Vorentwurf erstellt (s. Punkt 4 hierunter).

Zwischenzeitlich wurde ein Zusammenarbeitsprotokoll mit der Wallonischen Region, der Französischen Gemeinschaft und der Gemeinsamen Gemeinschaftskommission (COCOM), ausgearbeitet, das als Grundlage für die Anerkennung von gemeinschaftsübergreifenden Krankenhausnetzwerken dienen wird und vorerst nur die Anerkennung der Netzwerke regelt. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dieses ebenfalls vervollständigt, um das gemeinsame Anerkennungsverfahren für die weiter oben erwähnten Anerkennungen zu regeln.

Des Weiteren wurden folgende Bedingungen bezüglich der Verteilung des medizinischen Angebots innerhalb des Netzwerkes in den Erlassentwurf integriert:

  • Das Krankenhausnetzwerk muss dem Antrag auf Anerkennung eine Auflistung der Krankenhausdienste, -funktionen und Pflegeprogramme der am lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerk beteiligten Krankenhäuser, aufgeschlüsselt nach Verteilung dieser Dienste, -funktionen und Pflegeprogramme pro Krankenhausstandort, beilegen.
  • Die Anerkennung des Krankenhausnetzwerkes unterliegt der Bedingung, dass die Verteilung des medizinischen Angebots zwischen den am lokoregionalen klinischen Krankenhausnetzwerk beteiligten Krankenhäusern durch den Antragsteller pro Krankenhausstandort festgelegt worden ist.
  • Das anerkannte Krankenhausnetzwerk, welches die Verteilung des medizinischen Angebots anpassen möchte, muss eine Genehmigung vom Minister erhalten.    

Im Nachgang an das Gutachten des Staatsrats (s. Punkt 4 hierunter) wurde der Entwurf nochmals überarbeitet, um einige Elemente aus diesem Protokoll in den Erlass zu übertragen.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten:

a) Gutachten des Krankenhausbeirats

Das Gutachten des Krankenhausbeirates der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 11. September 2019 liegt vor.

In seinem Gutachten empfahl er, die Anerkennung des lokoregionalen Krankenhausnetzwerks zeitlich zu befristen.

Der Fachbereich Gesundheit und Senioren empfiehlt eine unbefristete Anerkennung des Krankenhausnetzwerkes, da es sich dabei um eine abgesprochene Prozedur zwischen allen Teilstaaten Belgiens handelt, welche zudem im oben erwähnten Zusammenarbeitsprotokoll festgehalten wurde. Darüber hinaus kann selbst im Fall einer unbefristeten Anerkennung diese wieder entzogen werden, wenn die Anerkennungsnormen nicht erfüllt sind.

b) Gutachten des Rechnungshofs

Das Gutachten des Rechnungshofes vom 10. September 2019 liegt vor.

In diesem Gutachten konnte der Rechnungshof keine langfristigen Auswirkungen auf den Haushalt des Föderalstaates und der sozialen Sicherheit erkennen.

c) Gutachten des Finanzinspektors

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 20. Februar 2020 liegt vor.

d) Gutachten des Staatsrats

Das Gutachten Nr. 67.110/3 des Staatsrats vom 15. April 2020 liegt vor.

Der Staatsrat stellte fest, dass die allgemeine Durchführungszuständigkeit in Verbindung mit den Artikeln 14/2 § 2 Absatz 2, 69, 72 und 745 des Krankenhausgesetzes eine ausreichende Grundlage für den entworfenen Erlass bildet. Zugleich empfahl er aber, langfristig eine angemessene dekretale Grundlage für die Deutschsprachige Gemeinschaft zu verabschieden.

In seinen allgemeinen Bemerkungen wies er darauf hin, dass die Bestimmungen des vorerwähnten Zusammenarbeitsprotokolls Auswirkungen auf die Bürger haben können und deshalb rechtsverbindlich in den jeweiligen verfügenden Texten der Teilstaaten festgehalten werden sollen. Aus diesem Grund wurden einige Bestimmungen aus dem Abkommen in den Erlass übertragen.

Hinsichtlich der Bemerkungen des Staatsrats zur Befragung des Beirats wurde verdeutlicht, dass die Überschreitung der Begutachtungsfrist durch den Beirat zur Folge hat, dass sein Gutachten als günstig erachtet wird. Zudem wird darauf verzichtet, noch eine weitere Beschwerdemöglichkeit einzuräumen, falls der Minister von einem günstigen Gutachten des Beirats abweichen sollte. Die Beschwerdemöglichkeit beim Staatsrat scheint hier ausreichend zu sein.

Die terminologischen Empfehlungen für die Artikel 10.1 und 10.7 wurden übernommen.

Was das rückwirkende Inkrafttreten betrifft, wird dieses damit gerechtfertigt, dass gemäß der föderalen Krankenhausgesetzgebung die lokoregionalen Krankenhausnetzwerke zum 1. Januar 2020 anerkannt sein müssen. Für das gute Funktionieren dieser Netzwerke, zur Erfüllung ihrer Aufgaben zugunsten der Bürger und folglich zur Gewährleistung und Kontinuität des öffentlichen Dienstes ist es notwendig, die entworfenen Bestimmungen rückwirkend in Kraft treten zu lassen. Ergänzend sei hier erwähnt, dass durch das rückwirkende Inkrafttreten die Rechte Dritter nicht berührt werden.

5. Rechtsgrundlage:

Koordiniertes Gesetz vom 10. Juli 2008 über die Krankenhäuser und andere Pflegeeinrichtungen