Sitzung vom 12. November 2020

Anwendung für die Verwaltung der elektronischen Überwachung und die Materiallieferung in Bezug auf die elektronische Überwachung

1. Beschlussfassung:

Die Regierung genehmigt die begründete Entscheidung der Flämischen Gemeinschaft, um den noch offenen Angebotsaufruf ohne Auftragnehmer abzuschließen.

Die Regierung genehmigt die Zusatzvereinbarung Nr. 8 über eine weitere Verlängerung des laufenden öffentlichen Auftrags für die Zurverfügungstellung einer Anwendung für die Verwaltung der elektronischen Überwachung und die Materiallieferung in Bezug auf die elektronische Überwachung.

Die Regierung gibt Herrn Norbert Heukemes, Generalsekretär des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft, Delegation zur Ausübung aller Entscheidungsaufgaben bezüglich der Ausführung des Auftrags, einschließlich der Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung Nr. 8.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen ist mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Begründetet Entscheidung der Nichtvergabe des noch offenen Angebotsaufrufs

Im Juli 2016 genehmigte die Regierung den Vorschlag, zum zweiten Mal einen offenen Angebotsaufruf für die Zurverfügungstellung einer Anwendung für die Verwaltung der elektronischen Überwachung und die Materiallieferung in Bezug auf die elektronische Überwachung in die Wege zu leiten.

Es handelte sich um einen gemeinsamen Auftrag der drei Gemeinschaften. Die Flämische Gemeinschaft agierte als öffentlicher Auftraggeber.

Dieser Angebotsaufruf musste ohne Auftragnehmer abgeschlossen werden.

In Folge dessen wurde vorgeschlagen mit den drei vorherigen Firmen ein neues Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung zu starten. Dies entsprechend der Bestimmungen des Artikel 26, §1, 1°, e des Gesetzes vom 15. Juni 2006 über öffentliche Aufträge (alte Gesetzgebung).

Die Flämische Gemeinschaft setzte somit den Vertrag am 27. Juni 2017 in einem Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung wieder in Kraft.

Am Eröffnungstag, den 27. Juli 2017, reichten diese drei potenziellen Firmen ihre Angebote erneut ein:

  • 3M – seit 2017: Attenti Electronic Monitoring Ltd (Israël);

  • SUPERCOM Ltd. (Israël);

  • und eine Arbeitsgemeinschaft zwischen G4S Secure Monitoring SA (Belgien), G4S Secure Solutions SA (Belgien) und G4S Monitoring Technologies Ltd. (Großbritannien).

Wie bereits bei den beiden vorangegangenen und erfolglosen Prozeduren festgestellt wurde, erwies sich die Arbeit der Angebotsanalyse als sehr umständlich und komplex.                                            

Ein multidisziplinäres Team, das sich aus Mitarbeitern der drei Gemeinschaften zusammensetzte, analysierte die administrative und technische Ordnungsmäßigkeit der Angebote. Ein externer Berater führte Tests an dem vorgeschlagenen Material durch und erstellte einen Bericht, in dem die technische Konformität des Materials bewertet wurde.

Auf der Grundlage dieses Bewertungsberichts wurde von der Flämischen Gemeinschaft in Zusammenarbeit mit den beiden anderen Gemeinschaften ein erster Entwurf für eine begründete Vergabeentscheidung erstellt. Angesichts des hohen Berufungsrisikos, das dieser Vertrag mit sich bringt, wurde dieser erste Entwurf einer mit Gründen versehenen Vergabeentscheidung, einschließlich des Bewertungsberichts des Beraters, einer von der Flämischen Gemeinschaft beauftragten Anwaltskanzlei Lydian zur Stellungnahme vorgelegt, die auf Unstimmigkeiten in den beiden Dokumenten hinwies. Es erschien daher vorsichtiger und sogar notwendig, diesen ersten Entwurf einer mit Gründen versehenen Vergabeentscheidung aufzugeben und mit den drei Anbietern in Verhandlungen zu treten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, verbesserte Angebote einzureichen.

Mit Schreiben vom 29. November 2018 wurden die drei Anbieter aufgefordert, ein verbessertes Angebot einzureichen, was sie bis zum Ablauf der Frist am 3. Januar 2019 taten.

Diese verbesserten Angebote wurden erneut von dem multidisziplinären Team analysiert, das diesmal auch das Material testete, ohne einen externen Berater hinzuzuziehen.

Die Tests fanden in zwei Phasen statt, Ende Februar 2019 und Ende Mai 2019. Diese Tests wurden unter der Aufsicht eines von der Flämischen Gemeinschaft beauftragten Gerichtsvollziehers durchgeführt.

Am Ende dieser langen Analysearbeiten mussten die Angebote von 3M und G4S wegen erheblicher Unregelmäßigkeiten abgelehnt werden. Nur das SUPERCOM-Angebot blieb übrig und es wurde somit vorgeschlagen, den Auftrag an SUPERCOM zu vergeben.

Die Finanzinspektion der Flämischen Gemeinschaft reichte jedoch am 26. Mai 2020 ein negatives Gutachten zu diesem Vergabebeschluss ein:

- die Rechtmäßigkeit des angewandten Verfahrens wurde in Frage gestellt, da das Sonderlastenheft zu Beginn des Verfahrens erheblich geändert wurde;

- Argumente wurden hervorgerufen, die die formelle Rechtmäßigkeit des Angebots des potenziellen erfolgreichen Anbieters, auf der Grundlage eines Gutachtens der Anwaltskanzlei Eubelius, anfechten könnte. Diese Anwaltskanzlei wurde von der Flämischen Gemeinschaft konsultiert;

- die Gleichbehandlung der Anbieter sei bei den Materialtests nicht berücksichtigt worden;

- der Datenschutz sei nicht ausreichend gewährleistet, da die Datenschutzgrundverordnung nach Ausarbeitung des Sonderlastenheftes erschienen ist.

Zusätzlich zum negativen Gutachten empfiehlt die Finanzinspektion die Wiederaufnahme des Verfahrens auf einer solideren Grundlage (aktualisiertes Sonderlastenheft) und in diesem Zusammenhang die Einrichtung einer effizienteren Verwaltungsstruktur für den öffentlichen Auftrag in Bezug auf technische Fähigkeiten, Verwaltung der Zuständigkeiten und Prioritäten.

Angesichts des negativen Gutachtens der Finanzinspektion und der negativen Stellungnahmen der auf öffentlichen Auftragsvergaben spezialisierten Anwaltskanzleien, sowie angesichts des großen Risikos einer erfolgreichen Berufung der zwei anderen Anbieter vor dem Staatsrat, haben die Gemeinschaften keine andere Wahl, als eine begründete Entscheidung zu treffen, den Auftrag nicht zu vergeben.

Der von der Flämischen Gemeinschaft ausgearbeitete Nichtvergabebeschluss befindet sich im Anhang.

Sobald dieses Dokument von den drei Gemeinschaften genehmigt und von der Flämischen Gemeinschaft als öffentlicher Auftraggeber unterzeichnet worden ist, werden die drei Anbieter über diese begründete Nichtvergabeentscheidung informiert.

Eine Berufung vor dem Staatsrat gegen diese Entscheidung ist nicht unmöglich, aber das Risiko dürfte dadurch verringert werden, dass die drei Anbieter gleichzeitig darüber informiert werden, dass in den kommenden Monaten ein neuer öffentlicher Angebotsaufruf veröffentlicht wird.

Die drei Gemeinschaften diskutieren zurzeit über die Wahl des Verfahrens des öffentlichen Auftrags (Verhandlungsverfahren oder wettbewerblicher Dialog). Die Auswahl des Verfahrens und das neue ausgearbeitete Sonderlastenheft werden den Finanzinspektoren und den Regierungen der drei Gemeinschaften zum Gutachten und zur Genehmigung in naher Zukunft vorgelegt. Darüber hinaus wird es notwendig sein, ein neues Vereinbarungsprotokoll zwischen den drei Gemeinschaften zu schließen, um einen Rahmen für die Vergabe und Ausführung dieses neuen öffentlichen Auftrags zu schaffen.

Zusatzvereinbarung Nr. 8

Aufgrund der absoluten Notwendigkeit die Kontinuität der Dienstleistungen der elektronischen Überwachung in der Strafausführungskette zu gewährleisten, wurde der noch bestehende Vertrag mit der Firma Attenti Electronic Monitoring Ltd (ehemals 3M Electronic Monitoring) mehrmals verlängert. Die derzeitige Verlängerung (siebte Verlängerung) endet am 31. Dezember 2020.

Angesichts nun der oben erwähnten Entscheidung, den Auftrag nicht zu vergeben, muss der jetzige Vertrag erneut, zum achten Mal, verlängert werden.

Die von der Flämischen Gemeinschaft ausgearbeitete Zusatzvereinbarung Nr. 8 ist im Anhang beigefügt.

Diese Zusatzvereinbarung enthält unter anderem vier wichtige Bestimmungen:

- Artikel 1 nimmt eine Reihe von technischen Anpassungen am gegenwärtigen Vertrag vor, die unumgänglich geworden sind. Ursprünglich wurde dieser Auftrag im Jahr 2010 vergeben. Die Veralterung des Systems (Hardware und Software) und der einzelnen Überwachungsgeräte führt zu immer mehr technischen Zwischenfällen, und das Risiko eines globalen Systemausfalls ist nicht auszuschließen.

- Im Artikel 2 werden die Datenschutzbestimmungen aktualisiert und verstärkt, da diese nicht mehr mit der geltenden Gesetzgebung übereinstimmen. Der Vertrag wurde vor dem Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung aufgesetzt.

Da bei der Durchführung dieser Zusatzvereinbarung eine Verarbeitung personenbezogener Daten durch einen Auftragnehmer anfällt, werden die Vertragsparteien zusätzlich vor Ende Dezember 2020 eine Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung gemäß Art. 28 der Datenschutzgrundverordnung abschließen.

- Artikel 4 der Zusatzvereinbarung verlängert den gegenwärtigen Vertrag um eine feste Laufzeit von 24 Monaten ab dem 1. Januar 2021, mit der optionalen Möglichkeit, diesen Zeitraum, um maximal zwölf weitere Monate zu verlängern.

Das Verfahren zur Vergabe des neuen Auftrags wird aus Erfahrung wegen seiner Komplexität langwierig sein.

- Artikel 5 präzisiert, dass die Anpassungen in Artikel 1 (technische Anpassungen) und in Artikel 2 (Datenschutz) von der Firma Attenti kostenlos durchgeführt werden.

Schlussfolgernd soll diese Zusatzvereinbarung Nr. 8 den gegenwärtigen Vertrag unter besseren Bedingungen sicherstellen, bis ein neuer Vertrag vergeben und funktionsfähig ist.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Solange der neue Auftrag nicht vergeben ist, wird die Deutschsprachige Gemeinschaft im Rahmen des Vereinbarungsprotokolls vom 16. Dezember 2015 zwischen der Französischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft über die Justizhäuser und das Zentrum für elektronische Überwachung die Dienstleistung in Form von Pauschalbeträgen pro Strafgefangenen auszahlen. Konkret bedeutet dies, dass die Kosten, die im Rahmen des Vertrags mit der noch jetzigen Firma entstehen, im Pauschalbetrag für die Beanspruchung der Dienste der Französischen Gemeinschaft für die Durchführung und die Weiterverfolgung der elektronischen Überwachung in Höhe von 16 Euro/Person/Tag berechnet werden.

Diese Kosten sind im Haushalt 2020 und 2021, OB 50, Programm 18, Zuweisung 12.11 vorgesehen.

Wie oben erwähnt, wird die Firma Attenti Electronic Monitoring Ltd für den laufenden Vertrag die erforderlichen Anpassungen kostenlos vornehmen und alle anderen finanziellen Bedingungen bleiben unverändert.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors ist angefragt.

5. Rechtsgrundlage:

  • Königlicher Erlass vom 26. September 1996 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Ausführung von öffentlichen Aufträgen und öffentlichen Baukonzessionen.

  • Gesetz vom 15. Juni 2006 über öffentliche Aufträge und bestimmte Bau‑, Liefer‑ und Dienstleistungsaufträge.

  • Gesetz vom 17. Juni 2013 über die Begründung, die Unterrichtung und die Rechtsmittel im Bereich der öffentlichen Aufträge und bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge.

  • Königlicher Erlass vom 15. Juli 2011 über die Vergabe öffentlicher Aufträge in den klassischen Bereichen.

  • Königlicher Erlass vom 14. Januar 2013 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Ausführung öffentlicher Aufträge und öffentlicher Baukonzessionen.

  • Zusammenarbeitsabkommen vom 10. Dezember 2014 zwischen der Flämischen Gemeinschaft, der Französischen Gemeinschaft und der Deutschsprachigen Gemeinschaft über die Verwaltung der elektronischen Überwachung.

  • Vereinbarungsprotokoll vom 27. Juni 2017 bezüglich eines Rahmenabkommens für die Zurverfügungstellung einer Anwendung für die Verwaltung der elektronischen Überwachung und die Materiallieferung in Bezug auf die elektronische Überwachung.