Schwierige Jugendliche

Jan (17): Heute hatte ich in der Schule eine Mathearbeit zu schreiben. Ich hab‘ zwar dafür gelernt, aber letztendlich versteh ich gar keine von diesen Formeln, geschweige denn, dass ich sie mir merken kann. Ich glaube, die Arbeit habe ich komplett versemmelt. Nach dem Test habe ich mit meiner Freundin ausgetauscht, ihr ging es ganz ähnlich und unsere Stimmung war mies. Um dem Fass die Krone aufzusetzen, kam dann auch noch diese blöde Streberin vorbei und lachte darüber, wie einfach der Test war. Da fühlt man sich gleich doppelt so doof.

Als ich dann nach Hause gekommen bin, gab es direkt den nächsten Anschiss. Meine Mutter beschwerte sich darüber, dass ich mein Zimmer nicht aufgeräumt habe und noch dazu nach dem Frühstück nicht die Spülmaschine eingeräumt habe. Dazu hatte ich aber keine Zeit mehr, weil ich den Bus nehmen musste. Ich wollte ihr das erklären, ich hatte ja auch vorgehabt, das zu machen, sobald ich aus der Schule zurückkam, aber da meine Mutter direkt gemotzt hat, hab‘ ich dazu auch keine Lust mehr.

Zwei plus zwei ist vier. Schluss, aus. Mit diesem Spruch versucht meine Mutter zu „beweisen“, dass ich nicht weiß, was ich sage und was ich will. Ja und? Ich bin doch kein Roboter. Die Lehrer gehen mir schon genug auf den Wecker mit all ihren Methoden, die man befolgen muss.

Ich bin dann in mein Zimmer gerannt und hab die Türe geknallt. Wenn es nur darum geht, mich anzumotzen, kann meine Mutter mir auch gestohlen bleiben. Normal mit mir reden, tun sie und mein Vater sowieso nie! Ganz anders als bei meinem Bruder, wenn man ihnen glauben kann, scheint der ein richtiges Wunderkind zu sein. Dabei ist der noch schlechter in Mathe als ich, aber das stört irgendwie keinen.

Frau H. (52): Ich lebe mit meinem Mann und unseren zwei Söhnen in einem kleinen Ort. Man kann sagen, dass es bei uns eigentlich ganz gut läuft, aber in den letzten Wochen ging es drunter und drüber. Auf der Arbeit gibt es Stress, die Waschmaschine ist kaputt gegangen und auch unsere Söhne scheinen jetzt voll in der Pubertät angekommen zu sein!

Jan scheint mit den Gedanken immer woanders zu sein. Anstatt für seine Mathearbeit zu lernen, sehe ich, dass er nur aus dem Fenster starrt und Sachen auf seine Blätter kritzelt. Er schafft es nicht mal, sich für eine halbe Stunde zu konzentrieren, dabei ist er eigentlich so schlau.

Auch kleinste Aufgaben im Haushalt vergisst er immer wieder. Nachdem ich seine Wäsche gemacht, sein Zimmer geräumt und staubgesaugt habe, hatte ich ihn nur gebeten, die Spülmaschine einzuräumen. Heute Mittag bin ich dann aber von der Arbeit gekommen und alles stand noch herum, nicht mal den Aufschnitt hat er in den Kühlschrank geräumt. Als Jan dann nach Hause kam, war seine Laune mies, weil er kein gutes Gefühl für seinen Mathetest hatte.

Ich habe ihn dann trotzdem auf die Spülmaschine angesprochen. Schlechter Tag hin oder her, Ordnung muss sein! Jan hat dann direkt angefangen zu schreien und mir vorgeworfen, dass ich seinen Bruder immer bevorzuge. Ich habe dabei den Eindruck, dass ich beiden klare Ansagen mache, ich möchte sie damit nur auf ihr Leben vorbereiten.

Zuhause ist doch kein Hotel! Jan tut so, als ob alles ihm gehörte. Alles ist selbstverständlich. Kein Dankeschön, kein Lächeln. Ich weiß, dass er im Augenblick seinen Weg finden muss und mit den Gedanken anderswo ist, aber das musst du erstmal aushalten!

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