Sitzung vom 14. Mai 2020

Dekretvorentwurf über die Rückverfolgung von Infektionsketten im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Dekretvorentwurf über die Rückverfolgung von Infektionsketten im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 3 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer Frist von fünf Arbeitstagen zu beantragen. Die Dringlichkeit ist wie folgt begründet:

  • Einerseits hat die Föderalregierung am 4. Mai 2020 im Kontext der schrittweisen Lockerung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise einen Königlichen Erlass zur Schaffung einer Datenbank bei Sciensano im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus verabschiedet. Dieser Königliche Erlass hat den Grundstein für die Rückverfolgung von Infektionsketten in diesem Zusammenhang gelegt, um ein Wiederaufflammen der Epidemie angesichts der Lockerungen der Eingrenzungsmaßnahmen durch dieses „Contact Tracing“ zu verhindern. Dieser Königlichen Erlass schafft die für die Rückverfolgung von Infektionsketten nötige Datenbank und legt die in der Datenbank enthaltenen personenbezogenen Daten, die für die Bereitstellung der Datenbank verantwortlichen Personen oder Institutionen, die Zwecke der Datenverarbeitung, die zugangsberechtigten Personen und die Dauer der Datenverarbeitung fest. Der Königliche Erlass sieht schließlich vor, dass die Rück-verfolgung der Infektionsketten durch Kontaktzentren erfolgt. Die Teilstaaten sind dafür zuständig sind, im Rahmen ihrer Befugnisse im Bereich der Präventivmedizin, die Organisation und Arbeitsweise ihrer Kontaktzentren zu regeln. In Ermangelung der unmittelbaren Einrichtung und Regelung der Arbeitsweise eines solchen Kontaktzentrums auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft kann der erwähnte Königliche Erlass nicht zur sofortigen Umsetzung gebracht werden. Mit Inkrafttreten der Lockerungsmaßnahmen der Föderalregierung besteht jedoch ein ernsthaftes Risiko des Wiederaufflammens der Epidemie, falls auffangende Maßnahmen wie das „Contact Tracing“ nicht unverzüglich angewendet werden können.
  • Andererseits hat die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft am 7. Mai 2020 in Dringlichkeit einen Erlass zur Einrichtung eines mit der Rückverfolgung von Infektionsketten im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise beauftragten Kontaktzentrums verabschiedet. Vor dem Hintergrund der Verarbeitung sensibler personenbezogener Daten ist es im Sinne des Legalitätsprinzips und der Rechtssicherheit jedoch unabdingbar, für diesen Erlass so schnell wie möglich eine zusätzliche, spezifische Rechtsgrundlage zu schaffen. Erst durch diesen Dekretvorentwurf wird eine Basis geschaffen, die in jeder Hinsicht und zweifelsfrei diesen beiden Rechtsgrundsätzen gerecht werden und die die Arbeit des Kontaktzentrums der Deutschsprachigen Gemeinschaft in einem umfassend rechtssicheren Rahmen ermöglichen soll. In Ermangelung der unverzüglichen Schaffung eines solchen Rahmens besteht das Risiko einer Beeinträchtigung der Tätigkeiten des Kontaktzentrums und somit des kurzfristigen Wiederaufflammens der Epidemie.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Der Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Im Kontext der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise wurde das belgische Institut für öffentliche Gesundheit Sciensano durch den Königlichen Erlass Nr. 18 vom 4. Mai 2020 „zur Schaffung einer Datenbank bei Sciensano im Rahmen der Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus COVID-19“ damit beauftragt, Gesundheitsdaten von Patienten bei verschiedenen Dienstleistern oder Einrichtungen des Gesundheitswesens zu sammeln und in einer Datenbank zu verarbeiten. Darüber hinaus werden auch persönliche Daten von Personen erfasst, mit denen der Patient in Kontakt gekommen ist. Durch dieses contact tracing sollen eventuelle Infektionsketten zurückverfolgt werden können. Dies soll durch die anschließende gezielte Vermittlung von Informationen und Empfehlungen dazu dienen, eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern.

Die Gemeinschaften und Regionen wurde in diesem Zusammenhang damit beauftragt, sogenannte Kontaktzentren (oder Call-Center) einzurichten. Diese erhalten die folgenden Aufträge:

1. Kontaktaufnahme mit den Personen, die sich einem medizinischen Test unterzogen haben, durch den eine Infektion mit dem Coronavirus nachgewiesen wurde, und mit den Personen, bei denen ein Arzt eine Infektion mit dem Coronavirus vermutet, mit dem Ziel, die Personen ausfindig zu machen, mit denen erstere sowohl in den 14 Tagen vor der Untersuchung durch den Arzt oder der Durchführung des Tests als auch in den darauffolgenden Tagen in Kontakt gekommen sind;

2. Kontaktaufnahme mit dem Referenzarzt oder dem Verwaltungsverantwortlichen von Personengemeinschaften, die schutzbedürftige oder gefährdete Personen beherbergen und die im Laufe desselben Zeitraums mit einer mit dem Coronavirus infizierten oder vermutlich infizierten Person in Kontakt gekommen sind;

3. individuelle Kontaktaufnahme mit den Personen, mit denen die mit dem Coronavirus infizierte oder vermutlich infizierte Person im Laufe desselben Zeitraums in Kontakt gekommen ist, um ihnen auf der Grundlage der von ihnen gelieferten Informationen geeignete Empfehlungen zu übermitteln;

4. Eintragung der personenbezogenen Daten von Personen, die mit einer mit dem Coronavirus infizierten oder vermutlich infizierten Person in Kontakt gekommen sind, in die Datenbank.

Auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft wurde das Kontaktzentrum in Dringlichkeit eingerichtet durch den Erlass der Regierung vom 7. Mai 2020 „zur Einrichtung eines mit der Rückverfolgung von Infektionsketten im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise beauftragten Kontaktzentrums“. Dieser Erlass findet seine Rechtsgrundlage im Dekret vom 1. Juni 2004 zur Gesundheitsförderung und zur medizinischen Prävention und ist seit dem Tag seiner Verabschiedung in Kraft.

Da allerdings im Rahmen der genannten Aufträge in großem Maße mitunter sensible personenbezogene Daten verarbeitet werden (müssen), erweist es sich insbesondere unter Beachtung des Artikels 22 der Verfassung und der europäischen Datenschutz-Grundverordnung als erforderlich, zu diesem Zweck die genannte Rechtsgrundlage auszubauen und einen spezifischen juristischen Rahmen zu schaffen. Daher soll in das genannte Dekret vom 1. Juni 2004 ein besonderes Kapitel eingefügt werden, das sich mit der Rückverfolgung von Infektionsketten im Rahmen der Bekämpfung der Coronavirus (COVID-19) Gesundheitskrise im Besonderen befasst.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen zum aktuellen Zeitpunkt keine zusätzlichen Personalkosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft. Tatsächlich wird das Kontaktzentrum mit den bestehenden Ressourcen der Deutschsprachigen Gemeinschaft aufgebaut und in Betrieb genommen.

Die Beteiligung der Deutschsprachigen Gemeinschaft an der gemeinsam mit den anderen zuständigen Behörden angekauften Software für das Call-Center liegt bei 0,62%. Bei einer Laufdauer von 7 Monaten bedeutet dies ein finanzieller Aufwand von ca. 32.000 Euro. Hierfür stehen ausreichend Mittel im Ausgabenhaushalt (OB 20 PR 00 Zw. 12.11) zur Verfügung.

Je nach Entwicklung der gesundheitlichen Lage wird es jedoch vonnöten sein, neues Personal einzustellen bzw. den Betrieb des Kontaktzentrums weiterzuführen. Daher ist der genaue Umfang der Gesamtkosten derzeit nicht absehbar.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors liegt vor.

Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen, Artikel 5 §1 I. Absatz 1 Nummer 8
  • Gesetz vom 31. Dezember 1983 über institutionelle Reformen für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Artikel 4