Sitzung vom 1. Oktober 2020

Dekretentwurf zur Abänderung des Gemeindedekrets vom 23. April 2018

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in dritter und letzter Lesung den Dekretentwurf zur Abänderung des Gemeindedekrets vom 23. April 2018.

Der Ministerpräsident, Minister für lokale Behörden und Finanzen, wird beauftragt, den Entwurf im Parlament zu hinterlegen.

2. Erläuterungen:

Vorliegender Dekretentwurf soll die rechtliche Grundlage schaffen, um das geltende Regelwerk der Haushaltsordnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft fast vollständig in das Gemeindedekret vom 23. April 2018 zu integrieren und somit auf die Gemeinden anwendbar zu machen. Durch die Umsetzung vorliegender Haushaltsbestimmungen werden sich zukünftig in kürzester Zeit konsolidierte Finanzübersichten des gesamten öffentlichen Sektors erstellen lassen können. Darauf basierend werden sich ebenfalls schnellere und aussagekräftigere Prognosen zur Realisierung von ausgeglichenen Haushaltsergebnissen ableiten lassen.

Schon seit einigen Jahren verpflichten europäische Normen die Deutschsprachige Gemeinschaft, noch enger und effizienter mit ihren öffentlich-rechtlichen Partnern zusammenzuarbeiten. So sieht das am 13. Dezember 2011 in Kraft getretene Sixpack zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaketes der EU, insbesondere Artikel 13 der EU Richtlinie 2011/85 Folgendes vor:

Es soll eine Implementation von geeigneten Mechanismen für sämtliche den Teilsektoren des Staates umfassende Koordinierung (inkl. der lokalen Behörden) vorgesehen werden, um eine umfassende und kohärente Erfassung aller Teilsektoren des Staates bei der Finanzplanung, den länderspezifischen numerischen Haushaltsregeln und der Erstellung der Haushaltsprognosen zu gewährleisten.

Stetig anwachsende Anfragen seitens Eurostat, des Instituts für Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung oder anderer übergeordneter Gremien lassen die Kontrollen und die Übermittlung konsolidierter Finanzkennzahlen im Haushalts- und Finanzbereich weiter ansteigen. Um diesen finanztechnischen Herausforderungen gerecht zu werden, sollten vorzugsweise alle öffentlichen Einrichtungen der Sektoren (S1312 und S1313), die laut dem Institut für Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Deutschsprachigen Gemeinschaft zugehörig sind, mit den gleichen Regelwerken, den gleichen Analyse- und Management-Tools und der gleichen Buchhaltungssoftware ausgestattet werden. Dazu zählen somit auch die Gemeinden, die neben den Einrichtungen öffentlichen Interesses die wichtigsten Finanzakteure des öffentlichen Sektors darstellen.

Nur durch die konsequente Anwendung gleichgeschalteter Buchhaltungsinstrumente wird es zukünftig möglich sein, drohende Haushaltsdefizite abzuwenden, die  Nettoneuverschuldung zu verringern bzw. zu lenken und eine gemeinsame, mehrjährige Finanzplanung aller dem Konsolidierungskreis der Deutschsprachigen Gemeinschaft angehörenden Einrichtungen zu erstellen.

Nach Verabschiedung des Dekretes soll die Anwendung dieser neuen Buchhaltungsregeln mittels einer dedizierten EDV-Anwendung realisiert werden.

Am 29. Juli 2019 haben die neun Gemeinden des deutschen Sprachgebiets ein Gutachten zum Dekretvorentwurf zur Abänderung des Gemeindedekret vom 28. April 2018 abgegeben. Die Fragen, die durch diese Begutachtung entstanden sind, wurden im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 22. Januar 2020 mit Vertretern der neun Gemeinden besprochen. Infolge dessen wurde der Dekretvorentwurf in mehreren Punkten überarbeitet. Darüber hinaus wurde klargestellt, dass weitere Anpassungen in späteren Schritten unternommen werden, wie etwa die Anpassung des Titels betreffend die Gemeindesteuer, die Einbeziehung der öffentlichen Sozialhilfezentren oder auch die Aufhebung gewisser Bestimmungen des Erlasses des Regenten vom 18. Juni 1946 zur finanziellen Verwaltung der Gemeinderegien sowie des Erlasses der Wallonischen Regierung vom 5. Juli 2007 zur Einführung der allgemeinen Gemeindebuchführungsordnung in Ausführung von Artikel L1315-1 des Kodex für lokale Demokratie und Dezentralisierung.

Der Staatsrat hat am 14. Mai 2020 sein Gutachten Nr. 67.083/4 zum Dekretvorentwurf zur Abänderung des Gemeindedekrets vom 23. April 2018 abgegeben.

Die Bemerkung des Staatsrates bezüglich der Umsetzung der EU -Richtlinie 2011/85 wurde durch das Einfügen der Europaklausel und der Umsetzungstabellen berücksichtigt.

Die Bemerkung des Staatsrates bezüglich der Aufhebung des Erlasses der Wallonischen Regierung vom 5. Juli 2007 zur Einführung der allgemeinen Gemeindebuchführungsordnung in Ausführung von Artikel L1315-1 des Kodex für lokale Demokratie und Dezentralisierung wird zur Kenntnis genommen. Diese Aufhebung wurde jedoch bewusst als zweiter Schritt geplant. Im Anschluss an die Verabschiedung des vorliegenden Dekrets wird ein Ausführungserlass zu erstellen sein, der:

  • die einzelnen Regierungsermächtigungen umsetzt;
  • den Erlass des Regenten vom 18. Juni 1946 zur finanziellen Verwaltung der Gemeinderegien teilweise abändert;
  • den Erlass der Wallonischen Regierung vom 5. Juli 2007 (sowie die einzelnen Ministeriellen Ausführungserlasse) in seiner Gesamtheit aufhebt;
  • das ggf. pro Gemeinde differenzierte Datum des Inkrafttretens des Dekrets festlegt.

Die Bemerkungen des Staatsrates betreffend die Anpassung von Verweisen beziehungsweise Artikelnummern wurden berücksichtigt.

3. Finanzielle Auswirkungen:

Es entstehen keine Kosten für die Deutschsprachige Gemeinschaft.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Staatsrates Nr. 67.083/4 vom 14. Mai 2020 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Dekret der Wallonischen Region vom 27. Mai 2004 über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der wallonischen Region im Bereich der untergeordneten Behörden durch die Deutschsprachige Gemeinschaft; 
  • Dekret der Deutschsprachigen Gemeinschaft vom 1. Juni 2004 über die Ausübung gewisser Zuständigkeiten der wallonischen Region im Bereich der untergeordneten Behörden durch die Deutschsprachige Gemeinschaft.