Sitzung vom 19. November 2020

Beschluss zur Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags über „Die Aufstellung eines raumordnerischen Leitbildes und die Aufstellung einer reformierten Gesetzgebung im Bereich Raumordnung für die Deutschsprachige Gemeinschaft, Los 1.“

1. Beschlussfassung:

Die Regierung genehmigt den Beschluss zur Vergabe des öffentlichen Dienstleistungsauftrags über die Aufstellung eines raumordnerischen Leitbildes und die Aufstellung einer reformierten Gesetzgebung im Bereich Raumordnung für die Deutschsprachige Gemeinschaft, hier Los 1.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen, wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Die Deutschsprachige Gemeinschaft hat seit dem 1. Januar 2020 die Zuständigkeit im Bereich Raumordnung von der Wallonischen Region übernommen. Der Behördenwechsel führt dazu, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft erstmalig für alle Bereiche der Raumordnung gemäß Sondergesetz vom 8. August 1980 zur Reform der Institutionen zuständig wurde.

In einer ersten Phase wird der bestehende gesetzliche Rahmen nahezu unverändert übernommen. Es wurden lediglich Anpassungen vorgenommen, um die Abläufe und Befugnisse, die das Regelwerk vorsieht, auf die Strukturen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft anzupassen.

Gleichzeitig ist es aber auch ein Anliegen ein auf die Deutschsprachige Gemeinschaft angepasstes Leitbild mit dem entsprechenden gesetzlichen Rahmen für dessen Umsetzung aufzustellen. Dies ist ebenso als einer der Arbeitsschritte im REK III im Thema „Gestaltung der Raumordnung“ aufgeführt. Hierfür ist die Bezeichnung eines externen Projektbegleiters ebenso ausdrücklich im Regionalen Entwicklungskonzept vorgesehen und das hierfür erforderliche Lastenheft zur Vergabe des Dienstleistungsauftrags wurde mit Regierungsbeschluss Nr. MDG-EXIX/09.01.2020/AA/079-F02 genehmigt.

Das Lastenheft sieht eine Aufteilung des Auftrags in zwei Lose vor, die sich wie folgt definieren:

Los 1: Leitbild und Kommunikation

Ausgehend vom regionalen Entwicklungskonzept und einer räumlichen Analyse, die durch den Reformbegleiter erarbeitet werden muss, geht es im Vorfeld darum, für die Deutschsprachige Gemeinschaft eine Vision bzw. ein raumordnerisches Leitbild (Auftrag 1a) auf- und kartographisch darzustellen. Das Leitbild entspricht im Wesentlichen dem Punkt der „Aufstellung eines räumlichen Entwicklungskonzepts“ wie es im REK Band 5 als einer der Arbeitsschritte zur Gestaltung der Raumordnung vorgesehen ist. Hierin soll auch beschrieben werden, wie sich die Raumordnung darstellen soll in Bezug auf den hierarchischen Aufbau des Planungssystems, die erforderlichen Instrumente der Raumplanung, die Prozeduren zur Erteilung einer Baugenehmigung, etc..

Von der Herangehensweise her ist festzuhalten, dass der Prozess unvoreingenommen und offen gegenüber Alternativen zum aktuellen Raumordnungsmodell und -gesetz stattfinden soll. Ein Benchmark und/oder ein Vergleich zu Systemen in ähnlichen Regionen wie der Deutschsprachigen Gemeinschaft soll Grundlage für die Ideenfindung sein. Damit geht ebenso die Einbeziehung von Experten unterschiedlicher Fachdisziplinen und eine Stakeholderbefragung einher. Auf das entwickelte Leitbild hin, ist ebenso ein Verwaltungsmodell zu erarbeiten, das die Umsetzbarkeit der Vorgaben gewährleistet und ein klares Verhältnis zwischen den gemeinschaftlichen und Gemeindebehörden schafft.

Neben der Leitbilderstellung gehört auch die Kommunikation zu den Behörden sowie die Vorbereitung und Durchführung der Öffentlichkeitsbeteiligung (Auftrag 1b) zum Leistungsumfang. Fähigkeiten der Verständigungsmöglichkeit in Deutsch in Schrift und Sprache werden als Voraussetzung angenommen. Es werden Präsentationen erstellt und gehalten werden müssen, um die Kommunikation mit den Bürgern zu gewährleisten. In Absprache mit dem Auftraggeber werden öffentliche Informationsveranstaltungen zur geplanten Reform abzuhalten sein. Workshops mit der Bevölkerung im Vorfeld der Ausarbeitung des Leitbildes sind ebenso einzuplanen.

Die Kommunikation wird entsprechend dem Arbeitsfortschritt auch in Richtung der Arbeitsgruppe Raumordnung stattfinden. Diese wurde durch die Regierung einberufen und besteht vor allem aus politischen Vertretern. Bei dieser AG handelt es sich um eine „Resonanz- oder Rückmeldegruppe“, die Empfehlungen in Richtung der Regierung zu den Vorschlägen des Reformbegleiters aussprechen wird, in welche Richtung die Reform zu entwickeln ist.

Los 2: Juristische Betreuung und Dekreterarbeitung

Ziel ist es zum Ende dieser Legislaturperiode (Ende 2023/Anfang 2024) ein reformiertes Dekret (Auftrag 2) zum Bereich der Raumordnung und des Städtebaus verabschiedet zu haben. Deswegen ist ein Bestandteil des Auftrages den formal-gesetzgeberischen Prozess mit zu begleiten und die entsprechenden Textbausteine bzw. einen Dekretentwurf zu erarbeiten.

Die Ideenfindung bzw. Leitbildentwicklung wie unter Los 1 beschrieben, ist juristisch immer parallel zu begleiten und auf ihre prinzipielle Machbarkeit im juristischen nationalen und europäischen Kontext zu überprüfen, sodass nur realistisch umsetzbare Modelle zur Diskussion gestellt werden. Dies gilt insbesondere in Hinsicht auf die Kommunikation in Richtung der AG Raumordnung. Ein Abgleich mit dem bestehenden Gesetz ist durchzuführen, um den möglichen Mehrwert und die Unterschiede klar zu definieren. Auch ist eine entsprechende juristische Argumentation für die geplanten Anpassungen bzw. Reformansätze zu liefern.

gültig für Los 1 und Los 2

Bei den zu erbringenden Leistungen ist zu beachten, dass diese sich zwar über mehrere Jahre erstrecken, dabei aber auch die inhaltlichen und formalen Abläufe und Fristen zu beachten sind. Deswegen ist ein klares Zeit- und Phasenmanagement zu etablieren, um die parlamentarische Verabschiedung der auf die Deutschsprachige Gemeinschaft angepassten Gesetzgebung im Laufe dieser Legislaturperiode gewährleisten zu können.

Es muss demnach ein Nachweis über die Arbeitsmethodik beigebracht werden, der die einzelnen Arbeitsschritte und Etappenziele auf einer Zeitleiste darstellt.

Das Vergabeverfahren zielt in einem ersten Schritt auf eine qualitative Auswahl von potentiellen Auftragnehmern hin, die nach im Lastenheft festgelegten Kriterien ausgewählt werden und Teilnahmeanträge einreichen mussten. Sechs Bewerber haben ihre Teilnahmeanträge fristgerecht eingereicht. Für fünf hat die Auswertung ergeben, dass diese den formalen und inhaltlichen Kriterien entsprechen. Dabei handelt es sich um:

Für Los 1 Leitbild und Kommunikation:

  • RaumUmwelt Planungs- GmbH aus Wien
  • Soc. Civile Architectes Urbanistes et Paysagistes Associés (AUPA) sprl aus Verviers im Zusammenschluss mit Walloth Urban Advisors sprl aus Brüssel
  • Technische Universität Kaiserslautern im Zusammenschluss mit Spatial Foresight GmbH aus Luxembourg
  • Heinz Jahn Pflüger-HJPplaner aus Aachen im Zusammenschluss mit COMPASS GmbH aus Köln;

Für Los 2 Juristische Betreuung und Dekreterarbeitung

  • HSP aus Wavre

Der Teilnahmeantrag der Universität Lüttich im Zusammenschluss mit Zeyen + Baumann S.A.R.L. aus Luxembourg konnte nicht berücksichtigt werden, da er nicht ordnungsgemäß war, weil dem Teilnahmeantrag der unterschriebene Einreichungsbericht fehlte und weil dieser nicht die geforderten Angaben über die Mitarbeiterfluktuationsrate enthielt.

Die zulässigen Teilnahmeantragsteller haben eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots erhalten. Dem unzulässigen Teilnahmeantragsteller wurde sein Ausschluss vom weiteren Verfahren mitgeteilt.

Im Verlauf des Verfahrens hat der Antragsteller für Los 2 Juristische Betreuung und Dekreterarbeitung: - HSP aus Wavre – seinen Teilnahmeantrag zurückgenommen.

Zur Angebotseröffnung am 16.06.2020 haben vier Teilnehmer ihre Angebote für Los 1 eingereicht:

  • Heinz Jahn Pflüger-HJPplaner aus Aachen im Zusammenschluss mit COMPASS GmbH aus Köln;
  • RaumUmwelt Planungs-GmbH aus Wien
  • Soc. Civile Architectes Urbanistes et Paysagistes Associés (AUPA) sprl aus Verviers im Zusammenschluss mit Walloth Urban Advisors sprl aus Brüssel
  • Technische Universität Kaiserslautern im Zusammenschluss mit Spatial Foresight GmbH aus Luxembourg

Die Anbieter haben alle die formalen Kriterien erfüllt und interessante Konzepte vorgelegt. Vier von vier Anbietern wurden zu Präsentationsterminen eingeladen und haben diese am 13. bzw. 14. Oktober 2020 wahrgenommen. Die Termine dauerten etwa 60 bis 90 Minuten pro Anbieter. Im Rahmen der Termine bestand Gelegenheit jeweils das Angebot zu präsentieren und zum Austausch über das Thema. Beiderseits konnten Fragen gestellt werden. Die Anbieter haben Hinweise zur Optimierung der Angebote erhalten und wurden über das weitere Vorgehen und den Ablauf der Vergabe in Ostbelgien informiert.

Die Anbieter wurden eingeladen zum 30. Oktober 2020 angepasste Angebote einzureichen.

Zur Angebotseröffnung am 30.10.2020 haben vier Teilnehmer ihre Angebote für Los 1 eingereicht:

  • Heinz Jahn Pflüger-HJPplaner aus Aachen im Zusammenschluss mit COMPASS GmbH aus Köln;
  • RaumUmwelt Planungs-GmbH aus Wien
  • Soc. Civile Architectes Urbanistes et Paysagistes Associés (AUPA) sprl aus Verviers im Zusammenschluss mit Walloth Urban Advisors sprl aus Brüssel
  • Technische Universität Kaiserslautern im Zusammenschluss mit Spatial Foresight GmbH aus Luxembourg

Mit Stand zum 6. November 2020 werden nach Auswertung der Unterlagen folgende Ränge entsprechend der Punktezuteilung aus dem Lastenheft festgehalten:

1. Bieter Heinz Jahn Pflüger-HJPplaner aus Aachen im Zusammenschluss mit COMPASS GmbH aus Köln:

                - Preis netto 238.288,00 €: 42/50 Punkten

                - Referenz: 18/20 Punkten

                - Vorgehensweise: 27/30 Punkten

Gesamt: 87/100 Punkten, Rang 1

2. Bieter RaumUmwelt Planungs-GmbH aus Wien:

                - Preis netto 299.874,00 €: 33/50 Punkten

                - Referenz: 18/20 Punkten

                - Vorgehensweise: 27/30 Punkten

Gesamt: 78/100 Punkten, Rang 2

3. Bieter Soc. Civile Architectes Urbanistes et Paysagistes Associés (AUPA) sprl aus Verviers im Zusammenschluss mit Walloth Urban Advisors sprl aus Brüssel:

                - Preis netto 199.725,00 €: 50/50 Punkten

                - Referenz: 9/20 Punkten

                - Vorgehensweise: 15/30 Punkten

Gesamt: 74/100 Punkten, Rang 3

4. Technische Universität Kaiserslautern im Zusammenschluss mit Spatial Foresight GmbH aus Luxembourg:

                - Preis netto 408.506,50 €: 24,5/50 Punkten

                - Referenz: 14/20 Punkten

                - Vorgehensweise: 23/30 Punkten

Gesamt: 61,5/100 Punkten, Rang 4

3. Finanzielle Auswirkungen:

Im Haushalt wurde unter dem OB 50 im Programm 22 unter Posten 12.11 eine Summe von 750.000€ im Rahmen der zweiten Haushaltsanpassung im Jahr 2020 eingetragen, die unter anderem zur Begleichung der Rechnungen der Reformbegleiter vorgesehen sind.

4. Gutachten:

Das Gutachten des Finanzinspektors vom 13. November 2020 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Gesetz vom 17. Juni 2016 über öffentliche Aufträge
  • Gesetz vom 17. Juni 2013 über die Begründung, Unterrichtung und Rechtsmittel im Bereich öffentlicher Aufträge und bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Konzessionen
  • Königlicher Erlass vom 18. April 2017 über die Vergabe öffentlicher Aufträge in den klassischen Bereichen
  • Königlicher Erlass vom 14. Januar 2013 zur Einführung der allgemeinen Ausführungsregeln der öffentlichen Aufträge