Sitzung vom 3. Oktober 2019

Vorentwurf eines Erlasses der Regierung über die zwischen der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben und den Dienstleistern abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen

1. Beschlussfassung:

Die Regierung verabschiedet in erster Lesung den Vorentwurf eines Erlasses der Regierung über die zwischen der Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben und den Dienstleistern abgeschlossenen Leistungs­vereinbarungen.

Die Regierung beschließt, in Anwendung von Artikel 84 §1 Absatz 1 Nummer 2 der koordinierten Gesetze über den Staatsrat vom 12. Januar 1973 das Gutachten in einer 30-Tages-Frist zu beantragen.

Die Regierung beschließt, das Gutachten der Datenschutzbehörde zu beantragen.

Der Vize-Ministerpräsident, Minister für Gesundheit und Soziales, Raumordnung und Wohnungswesen wird mit der Durchführung des vorliegenden Beschlusses beauftragt.

2. Erläuterungen:

Zielsetzung des Erlassvorentwurfes

Dieser Vorschlag reflektiert einige Grundprinzipien:

1. Die wesentlich vereinfachte Bezuschussung der gemäß Artikel 14 des Dekrets vom 13. Dezember 2016 von der Dienststelle bezuschussten Dienstleister hat die Aufhebung folgender Rechtstexte zur Folge:

-   des Königlichen Erlasses vom 30. März 1973 zur Festlegung der gemeinsamen Regeln zur Berechnung der Tagespflegesätze, die für den Unterhalt, die Erziehung und die Pflege von Personen mit Be-hinderung, die zu Lasten der öffentlichen Hand untergebracht sind, gewährt werden;

-   des Ministeriellen Erlasses vom 24. April 1973 zur Festlegung, was das Ministerium für Volksgesundheit und Familie betrifft, der besonderen Regeln, die zur Festsetzung der Tagespflegesätze zu befolgen sind, welche für den Unterhalt und die Betreuung von zu Lasten der öffentlichen Hand untergebrachten Minderjährigen und Personen mit Behinderung gewährt werden;

-   des Erlasses der Regierung vom 12. Dezember 1997 über die Organisation und den Zuschuss für Tagesstätten für Personen mit Behinderung;

-   des Erlasses der Regierung vom 20. Februar 2014 zur Festlegung der Modalitäten für Rahmenabkommen zur Bezuschussung der Vereinigungen und Einrichtungen im Behindertenbereich.

2. Die Vereinheitlichung der Rechtsterminologie in Anlehnung an das Dekret vom 13. Dezember 2016 sowie dessen Ausführung, was die Artikel 12 und 14 betrifft für alle Dienstleister mit Ausnahme der Beschützenden Werkstätten.

3. Die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform der Zusammenarbeit zwischen der Dienststelle und den bezuschussten Dienstleistern, die aufgrund der Entwicklungen in den unterschiedlichsten Bereichen erforderlich wurde.

Dieser Erlassvorentwurf kann somit bereits als erster wichtiger Schritt in der Umsetzung des REK III Projekts „selbstbestimmt Leben“ betrachtet werden. Als nächster wichtiger Schritt ist in diesem Zusammenhang die Anpassung der Gesetzgebung zur Eigen-beteiligung zu verstehen, die auf die im vorliegenden Erlassvorentwurf definierten Dienstleistungen Anwendung finden.

Anmerkungen zum Inhalt des Erlassvorentwurfes

Das dem Erlassvorschlag zugrundeliegende Modell stellt eine vollkommen neue Herangehensweise für den Bereich der Dienstleistungen für Menschen mit Unter-stützungsbedarf dar. Jedoch greift dieses Modell an einigen Stellen die derzeitigen Regelungen und Erkenntnisse auf, nutzt diese aber mit einer anderen Zielsetzung. An dieser Stelle hervorzuheben ist diesbezüglich und insb. die Definition des Dienstleistungsumfangs anstelle der bisherigen Personalstunden.

Andere Aspekte wie die Bezuschussung basieren hierbei eher auf den Erkenntnissen und der Arbeitsweise anderer Bereiche des öffentlichen Dienstes und sollen eine vereinfachte Bezuschussung ermöglichen.

Der vorliegende Erlassvorentwurf nimmt die Grundintention (= Übergang zu Leistungs-vereinbarungen) aus dem Erlass der Regierung vom 20. Februar 2014 zur Festlegung der Modalitäten für Rahmenabkommen zur Bezuschussung der Vereinigungen und Einrichtungen im Behindertenbereich auf und präzisiert diese im Hinblick auf die konkrete Änderung des Systems.

Die Weiterentwicklung hierbei besteht aus:

-   der direkten Kopplung an und die Definition der in Artikel 12 des Dekrets genannten Dienstleistungen, welche die Dienststelle bezuschussen und beaufsichtigen kann (für alle Dienstleister mit Ausnahme der Beschützenden Werkstätten, deren getrennte Gesetzgebung durch diesen Erlass nicht betroffen ist);

-   einer terminologischen Weiterentwicklung des Textes;

-   einem – das Organisationsmodell der Dienststelle reflektierende - Gleichgewicht der gleichzeitigen Integration, Interaktion und Separation der drei (potentiellen) Rollen der Dienststelle hinsichtlich der bezuschussten Dienstleister:

o   die verbindende Funktion zwischen der Einzelfallebene und der Netzwerkebene, einschließlich der Bezuschussung der Dienstleistung;

o   die Aufsicht über die Dienstleister einschließlich der Qualitätssicherung und der Inspektion und Kontrolle;

o   die Rolle des Drittzahlers der Gehälter und Löhne der Mitarbeiter dieser Dienstleister.

-   die deutliche Trennung des Drittzahlerauftrages von der Bezuschussung, mit der Konsequenz einer größeren Freiheit der Dienstleister und der besseren Transparenz der diesbezüglichen Tätigkeiten der Dienststelle.

Dies geht einher mit der notwendigen Möglichkeit, die Bezuschussung auch ohne Drittzahlerauftrag über denselben Rechtstext zu ermöglichen.

Aufgrund der Menge der so erforderlichen Anpassungen und mit dem Ziel einen „lesbaren“ Rechtstext zu erhalten, scheint es erforderlich den Erlass von 2014 durch den vorliegenden Erlassvorentwurf gänzlich zu ersetzen.

Es ist auch auf die zeitgleich mit diesem Vorentwurf vom Verwaltungsrat genehmigte Vorgehensweise (4.2035) hinzuweisen, die u.a. die Berechnungsmodalitäten des Dienstleistungsumfangs der einzelnen Dienstleistungen definiert. Diese ist künftig nur mehr mittelbar mit der Bezuschussung verbunden. Dies geschieht aus der Notwendigkeit heraus, dass die bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Bezuschussungsregeln eine ungleiche Kostenstruktur der Dienstleister bedingen konnten, welche durch die in Anwendung dieses Modells nicht aufgehoben wird und derzeit beispielsweise auch nicht durch Pauschalen regelbar ist. Es ist daher nicht möglich, die Berechnungsmodalitäten des Dienstleistungsumfangs durch den vorliegenden Erlassvorentwurf ohne wesentliche Kosten für die öffentliche Hand oder ohne einschneidende Einsparungen zu definieren. Daher wird vielmehr ein sanfter Übergang in das neue System angestrebt, was u.a. beinhaltet, dass den unterschiedlichen Realitäten der Träger Rechnung getragen wird und diese einschließlich der teils unterschiedlichen Kostenstrukturen als historisch und strukturell begründet anerkannt werden.

Der Verwaltungsrat der Dienststelle wir die Einführung dieses neuen Modells eng begleiten und dabei die Gremien der Dienststelle eng einbinden. Es ist derzeit noch nicht absehbar, wann in einem späteren Schritt dann die Definition des Dienst-leistungsumfangs in den Erlass erfolgen kann.

Derzeit nicht gänzlich beantwortet werden in diesem Erlassvorentwurf die Fragen zum gemeinschaftlich organisierten Personentransport und die Fragen zu eventuellen Rück-forderungen. Diese werden ggf. in einer erneuten Anpassung zu regeln sein – wie dies ja auch für die Fragen zur Eigenbeteiligung (siehe oben) zutrifft.

Was die direkte Umsetzung betrifft, so sind die genehmigten Leistungsvereinbarungen 2020 bereits nach diesem Modell erarbeitet worden.

Gutachten der Dienstleisterkonferenz:

Die Dienstleisterkonferenz Kinder, Jugendliche und Erwachsene hat sich in ihrer Sitzung vom 19. August 2019 intensiv mit diesem Vorschlag befasst. Zudem fanden jeweils Einzelgespräche statt mit den Dienstleistern, die im Rahmen des Drittzahlerprojektes erstmals eine globale Leistungsvereinbarung mit der Dienststelle abschließen werden. Die DLK:

-   betrachtet das vorliegende Konzept als eine wesentliche Neuerung in der Art der Bezuschussung und der Zusammenarbeit, die jedoch in ihren Grundprinzipien nach-vollziehbar ist und auch von den Dienstleistern mitgetragen werden kann;

-   weist darauf hin, dass die neue Herangehensweise von den Dienstleistern ein Umdenken und eine angepasste Arbeitsweise erfordert. Hierfür sollte ausreichend Zeit und auch Flexibilität vorgesehen werden;

-   erkennt, dass den Dienstleistern größere Flexibilität zugestanden und ihnen folglich ein großes Vertrauen entgegengebracht wird;

-   stellt fest, dass die Erstellung unter Zeitdruck erfolgte und somit auf der praktischen Ebene viele Fragen noch nicht beantwortet werden konnten;

-   weist darauf hin, dass die Dienstleister aufgrund der Entwicklungen auf Ebene der Deutschsprachigen Gemeinschaft, im 2. Quartal des laufenden Haushaltsjahres gleichzeitig das vorangegangene Haushaltsjahr abschließen und (auf dieser Grundlage) das folgende Haushaltsjahr planen müssen. Dies wirkt sich auch auf die Gremien der Dienstleister aus;

-   befürchtet, dass die vorgeschlagenen Neuerungen die leitenden und administrativen Mitarbeiter insbesondere der kleineren Dienstleister vermehrt in administrative Prozesse eingebunden werden;

-   regt an, dass der Leitfaden insgesamt einer Evaluation durch die DLK unterliegt und diese Evaluation dem Verwaltungsrat spätestens zu seiner Sitzung im Juli vorgelegt wird.

In Bezug auf das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei ist zu erwähnen, dass mit dem Erlassentwurf kein Datenaustausch zwischen der DSL und den Dienstleister in Bezug auf deren Nutznießer erfolgt. Artikel 16 sieht hingegen ausschließlich einen Datenaustausch zwischen der DSL und dem Dienstleister vor, um die Auszahlung der Gehälter vornehmen zu können. Artikel 16 übernimmt den exakten Wortlaut des früheren Artikel 9.4, der mit dem Erlass vom 27.06.2019 in den Erlass vom 20.02.2014 eingefügt wurde. Die mit dem Erlass vom 27.06.2019 vorgenommenen Änderungen wurden bereits durch die Datenschutzbehörde positiv begutachtet. Da Artikel 16 lediglich den Wortlaut von dem früheren Artikel 9.4. übernimmt ist ein Erneutes Anrufen der Datenschutzbehörde nicht erforderlich.

3. Finanzielle Auswirkungen:

In Bezug auf das Haushaltsjahr 2020 sind die erforderlichen Mittel im vom Verwaltungsrat festgestellten und von der Regierung genehmigten Fassung des Ursprungshaushaltes vorgesehen.

In Bezug auf die haushaltstechnische Umsetzung und in Ausführung des vorliegenden Erlasses folgt, dass im Haushaltsjahr 2021 von der Differenz zwischen Verpflichtungser-mächtigungen (7.200 k) und Ausgabeermächtigungen (2.400 k) in der Zuweisung 33.00 „Zuschüsse für Dienstleister“ des  Haushaltes  2020  der  Betrag  in Höhe von 3.800 k (4.800 k minus 1.000 k) zusätzlich zu den in 2021 erforderlichen Ausgabenermächtigungen vorgesehen werden muss.

4. Gutachten:

  • Der Vorschlag des Verwaltungsrats der Dienststelle für selbstbestimmtes Leben vom 23. August 2019 liegt vor.

  • Das Gutachten der Juristen des Fachbereichs Lokale Behörden und Kanzlei vom 11. September 2019 liegt vor.

  • Das Gutachten des Finanzinspektors vom 17. September 2019 liegt vor.

  • Das Einverständnis des Ministerpräsidenten, zuständig für den Haushalt, vom 20. September 2019 liegt vor.

5. Rechtsgrundlage:

  • Artikel 14 §2 und 18 des Dekrets vom 13. Dezember 2016 zur Schaffung einer Dienststelle der Deutschsprachigen Gemeinschaft für selbstbestimmtes Leben.